Etwa zwei Drittel der Studienteilnehmer waren im beruflichen Umfeld geoutet
Eine neue Studie zeigt, wie wichtig Diversity Management ist. Insbesondere der Mittelstand müsse hier mehr tun, während LGBT in Großkonzernen offener sind.
Wie sieht es mit der Vielfalt in deutschen Firmen aus? Diese Frage ist erstmals in einer breit angelegten Studie zum Diversity Management (PDF) untersucht worden. Unter Führung der Betriebswirte Prof. Dr. Hagen Lindstädt und Alexander Merklein von der Universität Karlsruhe waren insgesamt fast 400 zumeist schwule und lesbische Arbeitnehmer zum Thema befragt worden. Die Ergebnisse der in Zusammenarbeit der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld erstellten Studie sind am Donnerstag in Berlin vorgestellt werden.
Demnach sind die Arbeitnehmer mit dem Diversity Management in deutschen Firmen nicht zufrieden: Obwohl rund 80 Prozent der befragten LGBT das Thema als wichtig ansehen, sind nur ein Drittel mit dem Diversity Management in ihrem Unternehmen zufrieden – bei lesbischen oder bisexuellen Frauen sind sind es sogar nur jede Vierte. Auch unter den heterosexuellen Befragten zeigte sich eine Mehrheit unzufrieden, wie die eigene Firma mit Diversity umgeht.

Nur 13 Prozent sind nicht geoutet
Nach der Umfrage sind die sexuelle Identität und das berufliche Umfeld keine getrennten Welten mehr: Gut zwei Drittel der Befragten gaben an, im beruflichen Umfeld geoutet zu sein. Lediglich 13 Prozent verheimlichen ihre sexuelle Orientierung gegenüber den Kollegen. Am höchsten ist die Rate der Geouteten in deutschen Großkonzernen mit über 50.000 Mitarbeitern.

Diskriminierung ist trotz der relativ hohen Coming-out-Rate am Arbeitsplatz aber nach wie vor weit verbreitet: Einer von vier befragten Homosexuellen gab an, dass sich die eigene sexuelle Identität negativ auf die Karriere ausgewirkt habe.

Einer von drei Schwulen und Lesben berichtet sogar von konkreten Diskriminierungserfahrungen. Unter Transpersonen sind es sogar zwei Drittel. Am meisten beklagen sich die Befragten über Mobbing und Belästigung.

Die meisten angebotenen LGBT-Maßnahmen von Unternehmen beschränken sich dabei auf gesetzliche Erfordernisse oder auf Initiativen aus der Community selbst. Eine Mehrheit der Unternehmen hat etwa bei der Altersvorsorge das Angebot auf gleichgeschlechtliche Paare ausgedehnt, was aber nach dem Gleichbehandlungsgesetz auch Pflicht ist.
LGBT-Paralleluniversum
In der Hälfte der Unternehmen gibt es zudem ein LGBT-Netzwerk. Allerdings gibt es hier deutliche Unterschiede zwischen großen und kleinen Firmen: Bei Konzernen über 50.000 Mitarbeitern liegt der Anteil dieses Angebots bei 82 Prozent, bei unter 1.000 Mitarbeitern bietet aber nur eines von 20 Unternehmen diesen Service an.
In allen Unternehmen mangele es nach der Studie an integrierten Maßnahmen unter Einbindung heterosexueller Mitarbeiter oder Führungskräfte. Dadurch entstehe laut den Autoren ein "Paralleluniversum" für LGBT-Mitarbeiter.
Im Kampf um die besten Köpfe sei es aber im Interesse der Firmen, ein gutes Diversity Mangagement anzubieten. Dieses sorge für "gesteigerte Motivation und Innovation". Immerhin ein Viertel der Befragten gab an, dass das LGBT-Engagement einer Firma bei der Jobwahl wichtig gewesen sei. (dk)