Bereits mit 17 Jahren wurde Ich-Erzähler Felix Stammgast in einem Hamburger Sexclub (Bild: Madness Madrid)
Mit "Jetzt sind wir jung" hat Julian Mars einen aufregenden Debütroman über die verwirrende Zeit des schwulen Erwachsenwerdens veröffentlicht.
Von Markus Kowalski
Jeder hat seine persönliche Geschichte vom Coming-out, von den ersten homosexuellen Erfahrungen und Beziehungen. Kann man darüber ein Buch schreiben? Man kann. In beeindruckender Weise erzählt der Berliner Autor Julian Mars eine solche Geschichte vom Erwachsenwerden in seinem Debütroman "Jetzt sind wir jung".
Zumindest macht uns das der Ich-Erzähler Felix Lipfels glaubhaft: Er muss seine Geschichte erzählen. "Wird bestimmt ein Bestseller, weil's ein besseres schlechtes Beispiel als dich schon lang nicht mehr gegeben hat", rät ihm ein Freund.
Felix ist der schwer sympathische Anti-Held dieses Romans. Und der handelt von zaghaften Flirt-Versuchen, vom unstillbaren Drang nach Sex, von der Angst, sich vor den Eltern zu outen. Von der ersten großen Liebe.
Die Beziehung zu Martin ändert alles
"Jetzt sind wir jung" ist Ende November im Albino Verlag erschienen, einem Imprint des Bruno Gmünder Verlags
Vor allem geht es "um die ganze Sache mit Martin"- und um die mit Sebastian. Als Felix 20 Jahre alt ist, verliebt er sich zum ersten Mal überhaupt. In den Studenten Martin, den freiwilligen Helfer der Aids-Hilfe, der ihn auf HIV testen soll. Durch den Fragebogen erfährt der aber als erstes von Felix' wahrlich ausschweifendem Sexleben.
Doch das macht nichts, denn plötzlich ist das "Rumgehure" von Felix vorbei. Die Zeit mit Martin scheint besser als die ganze dunkle Vergangenheit in den Darkrooms des Hamburger Sexclubs "Dark Hole", den er seit seinem 17. Geburtstag regelmäßig besucht hatte. Denn dort wurde Felix einst von Sebastian, dem groben Restaurantkellner, widerlich erniedrigend behandelt.
Doch nach zwei Jahren Beziehung mit Martin wird Felix von der Darkroom-Sehnsucht wieder eingeholt…
Seine Freunde bilden eine eingeschworene Clique
Daneben gibt es noch seine schwierige Familie: die Mutter ist depressiv, der Vater ein egoistisches Arbeitstier. Nur zu seiner Schwester Anna, die wegen der verrückten Mutter nach Berlin gezogen ist, kann er langsam Vertrauen gewinnen, also besucht er sie immer öfter.
Und er hat einige wenige Freunde, die bald eine Clique bilden: Tamara, die ihre eigene Dragshow hat. Gabriel, ein schwuler Philosophiestudent, den Felix bei einem Date kennengelernt und später als guten Freund behalten hat. Und Emilie, seine beste Freundin, die Felix schon ewig kennt und die immer noch heimlich in ihn verliebt ist.
Allesamt kommen sie nur schwer mit dem Leben klar. "Emilie sagt immer, wir sind auf dem besten Weg, erwachsen zu werden. Aber auf dem besten Weg sind wir bestimmt nicht. Und eigentlich gehen wir auch gar nicht freiwillig."
Er behält den kindlich-naiven Humor
Es sind die Bilder seiner großen Liebe zu Martin, die die Erzählung zum Leuchten bringen. Ja, dieser Roman erinnert unweigerlich an Wolfgang Herrndorfs Bestseller "Tschick" (2011). Mit einem ebenso virtuosen erzählerischen Sog, der einen das Buch nicht wieder aus der Hand legen lässt.
Mit seinem erwachsenwerdenden Erzähler Felix, der seinen kindlich-naiven Humor behält und uns beizubringen versucht, dass er schlicht nicht weiß, was er mit seinem Leben anfangen soll: "Aber was sollte ich dann machen? Der einzige Berufswunsch, den ich als Kind jemals gehabt hatte, war Crêpes-Verkäufer gewesen, weil ich mir damals ausgemalt hatte, dass man nach Feierabend die ganzen Löffel aus den Nutella- und Marmeladengläsern ablecken durfte."
Auch als schwuler Mann weiß Felix nach den verwirrenden Jahren des Erwachsenwerdens letztlich nicht, was er mit seiner Sexualität anfangen soll. Von seiner Geschichte bleibt ein herzerwärmender, aber zugleich verstörender Roman zurück.
Infos zum Buch
Julian Mars: Jetzt sind wir jung. Roman. Klappenbroschur. 326 Seiten. Albino Verlag. Berlin 2015. 14,99 €. ISBN: 978-3-95985-038-4
Links zum Thema:
» Mehr Infos zum Buch und Bestellmöglichkeit bei Amazon
» Das Buch bei brunos.de bestellen
Mehr queere Kultur:
» auf sissymag.de
Informationen zu Amazon-Affiliate-Links:
Dieser Artikel enthält Links zu amazon. Mit diesen sogenannten Affiliate-Links kannst du queer.de unterstützen: Kommt über einen Klick auf den Link ein Einkauf zustande, erhalten wir eine Provision. Der Kaufpreis erhöht sich dadurch nicht.
Informationen zu Brunos-Affiliate-Links:
Dieser Artikel enthält Links zu brunos.de. Mit diesen sogenannten Affiliate-Links kannst du queer.de unterstützen: Kommt über einen Klick auf den Link ein Einkauf zustande, erhalten wir eine Provision. Der Kaufpreis erhöht sich dadurch nicht.