Die Rheinische Kirche will Schwule und Lesben nicht mehr wie Paare zweiter Klasse behandeln (Bild: flickr / Cjames Fotografia / by 2.0)
In einer historischen Entscheidung hat die Evangelische Kirche im Rheinland beschlossen, gleichgeschlechtliche Paare gleichzustellen. Bislang toleriert nur Hessen-Nassau die Trauung von Schwulen und Lesben.
Die Evangelische Kirche im Rheinland hat am Freitag bei ihrer Synode in Bad Neuenahr-Ahrweiler mit großer Mehrheit die Gleichstellung von homo- und heterosexuellen Paaren beschlossen. Laut der Nachrichtenagentur epd gab es bei 211 Delegierten nur sieben Gegenstimmen und neun Enthaltungen. Durch den Beschluss wird künftig der Artikel der Kirchenordnung, der sich mit der Trauung beschäftigt, auch auf eingetragene Lebenspartner angewandt.
Eine Trauung ist in der Rheinischen Kirche "ein Gottesdienst anlässlich einer Eheschließung, in dem die eheliche Gemeinschaft unter Gottes Wort und Segen gestellt wird. Dabei bekennen die Eheleute, dass sie einander aus Gottes Hand annehmen, und versprechen, ihr Leben lang in Treue beieinander zu bleiben und sich gegenseitig immer wieder zu vergeben".
Wie bei heterosexuellen Eheleuten wird die Trauung gleichgeschlechtlicher Paare künftig in die Kirchenbücher eingetragen. Im Jahr 2000, also noch ehe der Gesetzgeber eingetragene Lebenspartnerschaften eingeführt hat, hatte die rheinische Synode bereits eine sogenannte "Gottesdienstliche Begleitung" für gleichgeschlechtlich Liebende ermöglicht. Damals war aber noch beschlossen worden, dass eine "trauungsähnliche" Ausgestaltung vermieden werden sollte. Anders als die jetzt beschlossene Trauung war diese Segnung auch keine offizielle Amtshandlung.
Gleichgeschlechtliche Paare, die von solch einer "Gottesdienstlichen Begleitung" Gebrauch gemacht haben, können eine Gleichstellung im Rheinland rückwirkend beantragen, wenn eine eingetragene Lebenspartnerschaft vorliegt. Dann wird diese Verbindung ins Kirchenbuch eingetragen.
Kritik von Evangelikalen
Bislang hat nur die evangelische Kirche Hessen-Nassau gleichgeschlechtliche Trauungen erlaubt. 2013 war dort erstmals eine Trauung durchgeführt worden, was zu Kritik von konservativen Christen führte (queer.de berichtete). Viele evangelikale Mitglieder der insgesamt 23 Millionen Mitglieder zählenden Glaubensgemeinschaft fordern, die Tolerierung von "praktizierenden Homosexuellen" zu beenden. So hat Star-Prediger Ulrich Parzany erst vor wenigen Tagen angekündigt, ein Netzwerk gründen zu wollen, um gegen die fortschreitende Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben vorzugehen (queer.de berichtete).
Angesichts dessen gibt es auch in der Rheinischen Kirche einige Ausnahmeregelungen für Gemeinden, die nach wie vor Probleme mit Schwulen und Lesben haben: So können nach dem Beschluss Pfarrer die Trauung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern aus Gewissensgründen ablehnen. Kirchenvorstände, die bereits vor 15 Jahren die Durchführung gottesdienstlicher Begleitungen von Lebenspartnern abgelehnt haben, können ferner diesen Beschluss aufrecht erhalten. In beiden Fällen ist die Gemeindeleitung aber verpflichtet, mit Hilfe des Superintendenten dafür zu sorgen, dass die Trauung des Paares in einer anderen Kirchengemeinde stattfindet.
Mit diesen Regelungen werde dem unterschiedlichen Bibelverständnis zum Thema Homosexualität Rechnung getragen, argumentiert die Synode. So hatten einige Synodale in der Debatte deutlich gemacht, dass sie die Trauung von schwulen und lesbischen Paaren für unvereinbar mit der Bibel halten.
NRW-Emanzipationsministerin ist begeistert
Landesemanzipationsministerin Barbara Steffens (Bild: Bündnis 90/Die Grünen NRW)
In einer ersten Reaktion begrüßte die nordrhein-westfälische Emanzipationsministerin Barbara Steffens (Grüne) den Beschluss der Kirche: "Ich freue mich sehr über diese Entscheidung, denn sie ist getragen von dem, was Ehe im Kern immer ausmachen sollte: liebevolle Zuwendung, die alle Menschen empfinden, leben und weitergeben können, ganz egal welche sexuelle Orientierung sie haben". Die Rheinische Kirche habe damit für viele gleichgeschlechtliche Paare "die Harmonie zwischen Glauben, Liebe und Institution Kirche hergestellt." Sie könne so auch die "spirituelle Heimat und Glaubensfamilie" für Homo-Paare sein. "Das ist ein großer Schritt", ist Steffens überzeugt.
Die Evangelische Kirche im Rheinland hat 2,6 Millionen Mitglieder in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen sowie im Saarland. Sie ist nach Hannover die zweitgrößte von insgesamt 20 Landeskirchen. (dk)