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Ein Mann, der auch nur ein einziges Mal Sex mi einem anderen Mann hatte, darf in Deutschland kein Blut spenden (Bild: flickr / Olli Henze / by 2.0)

  • 20. Januar 2016, 13:17h 9 3 Min.

Von CDU bis Linke forderten am Mittwoch alle Fraktionen, dass "homosexuelle Männer nicht weiter unter Generalverdacht gestellt werden".

Ein beeindruckendes Signal gegen Diskriminierung aus dem Saarland: Die Landesregierung soll sich dafür einsetzen, dass das bestehende Blutspendeverbot für homo- und bisexuelle Männer aufgehoben wird. Dies beschloss der Landtag am Mittwochmittag einstimmig nach einer sehr sachlichen Diskussion. Die Fraktionen von CDU, SPD, Linken und Grünen hatten sich zuvor einem entsprechenden Antrag der Piraten (PDF) angeschlossen.

Das Risiko bemesse sich nicht an der sexuelle Orientierung des Blutspenders, sondern "danach, ob die Sexualpraktiken 'safe' oder 'unsafe' sind", heißt es in dem Beschluss. Das Leben "in einer monogamen Partnerschaft" oder der stete "safe" Verkehr sei zur Zulassung ausreichend.

Die Landesregierung solle sich nach dem Willen des Landtags dafür einsetzen, dass "homosexuelle Männer nicht weiter unter Generalverdacht gestellt werden und eine diskriminierungsfreie Regelung geschaffen wird, bei der in den verwendeten Fragebögen statt der sexuellen Orientierung das Risikoverhalten bei Spenden abgefragt wird und gegebenenfalls zum Ausschluss führt".

Auch Schwule, die Safer Sex betreiben, gelten als Risiko

In Deutschland gibt es derzeit ein komplettes Spendeverbot für Männer, die mindestens einmal Sex mit einem Mann gehabt haben. Dabei ist es unerheblich, ob sie Safer Sex betrieben und wann die Kontakte stattgefunden haben. Es gab zwar in den letzten Jahren eine Debatte über die Aufhebung des generellen Verbots, bislang aber ohne Erfolg.

Die Bundesärztekammer hat lediglich ein Verfahren zu einer grundsätzlichen Novellierung der sogenannten Hämotherapie-Richtlinie eingeleitet und einen Arbeitskreis berufen, der sich unter anderem mit dem Blutspendeverbot für homo- und bisexuelle Männer befassen soll. Die Deutsche Aids-Hilfe fordert seit Jahren eine Neuregelung, da "viele Heterosexuelle zumindest zeitweise höhere Infektionsrisiken" als Schwule und Bisexuelle aufweisen würden.

Bereits in der vergangenen Woche hatte sich der saarländische Gesundheitsstaatssekretär Stephan Kolling (CDU) in einer Pressemitteilung für eine Aufhebung des pauschalen Blutspendeverbots stark gemacht. "Das Saarland wird sich auch weiterhin dafür einsetzen, den von den Betroffenen berechtigt als eine Diskriminierung empfundenen Ausschluss von Homosexuellen von der Blutspende zu beseitigen", heißt es darin.

Gesundheitsministerin Monika Bachmanmn (CDU) kündigte während der Landtagsdebatte an, das Blutspendeverbot im Sommer erneut zum Thema der Gesundheitsministerkonferenz zu machen und dafür zu sorgen, dass es "anständig diskutiert" wird.

In den vergangenen Monaten hatten mehrere Staaten das pauschale Blutspendeverbot zumindest gelockert und eine sexfreie Ein-Jahres-Frist für homo- und bisexuelle Spender eingeführt, darunter die USA, Niederlande, Frankreich, Japan, Australien, Großbritannien (ohne Nordirland), Schweden, Argentinien und Brasilien. Bislang behandeln mit Bulgarien, Italien, Lettland, Polen, Portugal und Spanien nur sechs der 28 EU-Staaten homo-, bi- und heterosexuelle Männer gleich – in diesen Ländern wird nur das individuelle Risikoverhalten der Spender durchleuchtet, nicht aber deren sexuelle Orientierung. (cw)

-w-

#1 finkAnonym
  • 20.01.2016, 15:07h
  • Stephan Kolling schreibt:
    "Wir müssen wegkommen von einer generellen Verurteilung von Menschen, die gleichgeschlechtlich zusammen leben..."

    Ich stolpere hier über das Wort "Verurteilung". Was rechtfertigt diese Formulierung, wenn nicht der Gedanke, es sei tatsächlich etwas moralisch Verwerfliches, etwas zu Verurteilendes, HIV zu haben oder eines erhöhten Infektionsrisikos "beschuldigt" zu werden?

    In eine ähnliche Richtung geht das Wort "Generalverdacht", das kriminologische Assoziationen weckt, die in diesem Zusammenhang vollkommen deplaziert sind - es sei denn, man sieht HIV-Infektionen als eine Frage von Schuld oder gar Verbrechen.

    HIV ist keine Frage von Moral. HIV-positiv zu sein ist nichts Ehrenrühriges, von dem man sich verzweifelt distanzieren müsste, um nicht "diskriminiert" zu werden. Und auch die unbestreitbare epidemiologische Tatsache, dass die Prävalenz unter MSM erheblich erhöht ist, hat nichts mit einer "Schuldzuweisung" zu tun, von der man unbedingt wegkommen müsste, um bloß niemanden zu diskriminieren.

    Hinter all dem zweifellos gut gemeinten Bestreben, zu einer medizinisch sinnvollen und nicht diskriminierenden Regelung zu gelangen, tritt hier leider wieder einmal eine wenig reflektierte zweite Diskriminierung hervor. Die so verzweifelt betonte und mit Vokabeln aus kriminologischen und moralischen Zusammenhängen garnierte Distanzierung der schwulen Männer von HIV im Sinne der "Nicht-Diskriminierung" ergibt nur dann einen logischen Sinn, wenn man eine HIV-Infektion tatsächlich als etwas Ehrenrühriges ansieht.

    Ich vermisse ein deutliches Bekenntnis von grüner / linker / schwuler Seite, dass HIV selbstverständlich nichts Ehrenrühriges sei. Damit bräche aber ein Teil der hier wieder aufgeführten Argumentationen in sich zusammen. Die Angestrebte Nicht-Diskriminierung schwuler Männer wird so erkauft auf Kosten der indirekten Diskriminierung HIV-Positiver.

    Meine Solidarität finden solche Bestrebungen nicht.
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#2 Herbert EAnonym
  • 20.01.2016, 15:58h
  • Beim Blutspendeverbot wird ein typischer Irrtum aus der Statistik missbraucht um Schwule zu diskriminieren.

    Es wird nämlich behauptet, dass die Tatsache, dass ein Großteil der HIV-Infizierten schwule Männer sind den Schluss zulasse, dass schwul zu sein oder Sex mit Männern zu haben automatisch automatisch ein höheres HIV-Infektionsrisiko bedeutet. Das ist deswegen eine falsche Behauptung und ein falscher Schluss und perfide, weil dabei die tatsächlichen URSACHEN (!!!) für den hohen Schwulenanteil unter den HIV-Infizierten bewusst ignoriert werden, um gleich gegenüber der ganzen Gruppe der homosexuellen Männer negative Vorurteile zu schüren.

    Man kann genauso gut behaupten, dass ein Großteil der HIV-Infizierten Männer sind, und deswegen behaupten es sei richtig daraus zu schließen, dass Männer ein höheres HIV-Infektionsrisiko haben. Diese Schlussweise ist genauso falsch.

    Die Ursache für das erhöhte Risiko ist ungeschützter Geschlechtsverkehr und ungeschützter Analverkehr ist nunmal noch riskanter, und dann kommt noch hinzu, dass eine Minderheit der Schwulen bewusst promisk und ohne Kondom rumvögelt. Das sind die tatsächlichen Ursachen für den hohen Schwulenanteil (und Männeranteil) an den HIV-Infizierten.

    Also muss man die Ausschlussregel verfeinern und darf nur diejenigen Schwulen von der Blutspende ausschließen, die ungeschützt und promisk rumvögeln.

    Ich war auch mal bei ner Ärztin, und im Gespräch gab ich indirekt auch zu erkennen, dass ich schwul bin. Da wollte die sofort nen HIV-Test machen lassen und ich hab einfach nur die Stirn gerunzelt und gefragt "Warum? Ich hatte immer nur Sex mit Kondom und nur mit meinem Freund". Und erst da ist ihr dann auch klargeworden, dass sie auf ein Vorurteil reingefallen ist und sie hat sich entschuldigt. Und das zeigt mir, warum bis heute in Deutschland ein pauschales Blutspendeverbot für Männer, die Sex mit Männern haben exisitiert. Die meisten Menschen fallen auf diesen typischen Irrtum beim Umgang mit Statistiken herein. Und natürlich IST es bewusste Diskriminierung von Homosexuellen. Denn wenn man es von Anfang an rein sachlich betrachtet hätte, dann gäbe es dieses pauschale Blutspendeverbot für Männer, die Sex mit Männern haben, gar nicht.
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#3 seb1983
  • 20.01.2016, 16:22h
  • Antwort auf #2 von Herbert E
  • Es war eben eine sehr, sehr einfache pauschale Regelung.
    Da interessieren die Ursachen wenig sondern was am Ende rauskommt. Und da war und ist es eben Fakt dass in den Industrieländern Schwule den weitaus größten Teil der Infizierten ausmachen.
    Die Ursachen hast du richtig aufgezählt, bei Schwulen treffen diese in erhöhtem Maße zu den Zahlen führt.
    (Bei Lebensversicherungen war das System sogar noch primitiver: Pauschal höhere Beiträge für alle Männer. Da gabs auch genügend Gründe die dann zur bekanntermaßen geringeren Lebenserwartung führen.)

    Ein feineres Auswahlverfahren wäre allerdings sinnvoll, allein um ein höheres Spendenaufkommen zu erreichen.
    Statistisch hat zwar sogar ein Safer Sex betreibender Schwuler ein höheres HIV Risiko als ein vergleichbarer Safer Sex betreibender Hetero, aber es ist für beide sehr gering und bei der heutzutage kleinen diagnostischen Lücke sehe ich das nach einem entsprechenden Auswahlverfahren nicht als Problem an.
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