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- 15. März 2005 2 Min.
Berlin Bundespräsident Horst Köhler hat in seiner Rede vor Arbeitgebern in Berlin am Dienstag mehrere Redewendungen gebraucht, die Union, FDP und einige SPD-Minister gegen das geplante Antidiskriminierungsgesetz (ADG) in Stellung gebracht haben. "Angesichts der Lage auf dem Arbeitsmarkt brauchen wir in Deutschland jetzt eine politische Vorfahrtsregel für Arbeit", sagte Köhler, der zuvor die Wichtigkeit der Vertragsfreihet betonte. "Was der Schaffung und Sicherung wettbewerbsfähiger Arbeitsplätze dient, muss getan werden. Was dem entgegensteht, muss unterlassen werden", sagte Köhler zwei Tage vor dem Gipfel zwischen den Chefs von Regierung und Opposition am Donnerstag, in dem auch über das ADG gesprochen werden soll. Gesetze sollten von unabhängigen Experten geprüft werden, ob sie Einstellungen hemmen könnten. "Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu erlassen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu erlassen", zitierte er den französischen Philosophen Charles de Montesquieu. Was anderen Zielen diene, und seien sie noch so wünschenswert, sei nachrangig, sagte Köhler. In einem Interview mit dem Sender Phoenix sagte daraufhin FDP-Chef Guido Westerwelle, den Bundespräsidenten ernst zu nehmen hieße, das Antidiskriminierungsgesetz zu "beerdigen", da es Arbeitsplätze vernichte und "niemandem was bringt". Allgemein sein Köhlers Rede "wie Musik in unseren Ohren". Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Michael Müller sah in Köhlers Worten eine deutliche Einmischung in die Tagespolitik und übte ungewöhnlich deutliche Kritik an dem Bundespräsidenten. Köhler werde "zunehmend eine Rolle eingeräumt, die ihm weder verfassungsrechtlich noch politisch zusteht". Es sei problematisch, "dass er eine Art überparteiliche Rolle einnimmt, obwohl es um konkrete Konflikte und politische Unterschiede geht, die seit Monaten debattiert werden und auch kontrovers entschieden werden müssen", kritisierte Müller. Köhlers Redeist nach Einschätzung der Grünen jedoch keine Absage an das ADG gewesen. "Ich habe den Bundespräsidenten nicht so verstanden, dass er das Antidiskriminierungsgesetz in Frage stellt", sagte Parteichef Reinhard Bütikofer der "Berliner Zeitung" (Mittwochsausgabe).
Inzwischen häufen sich die Gerüchte, es werde im Bereich des Zivilrechtes zu Abstrichen im geplanten Diskriminierungsschutz kommen. Die vermutete Haltung von Bundeskanzler Gerhard Schröder, dort nur Behinderte zusätzlich zu den von EU-Richtlinien geforderten Gruppen zu schützen, scheint sich durchzsetzen. "Gerade was die Behinderten anbelangt" werde es keine Abstriche geben, sagte die Grünen-Fraktionsvize Thea Dückert im SWR. Eine ausdrückliche Betonung des Diskriminierungsschutzes auch für Lesben und Schwule war in den letzten Tagen nicht mehr zu vernehmen. (nb)









