UKIP-Aktivisten beim Londonder CSD 2015 (Bild: LGBTQ* in UKIP)
Nach einer Teilnahme von UKIP-Mitgliedern fordert der Pride von Demogruppen zukünftig, dass sie sich zum Kampf um die LGBT-Emanzipation bekennen.
Von Norbert Blech
Ist der CSD eine Veranstaltung für alle Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle, Transgender und ihre Freunde oder nur für die, die auch die Ziele der Bewegung teilen? Der nicht ganz neue Streit hat nun in London zur Erstellung einer schriftlichen Verpflichtung geführt, die alle Gruppen unterzeichnen müssen, die an der Parade teilnehmen wollen.
Hintergrund ist die Teilnahme mehrerer Mitglieder der rechtspopulistischen Partei UKIP an der letztjährigen Demonstration. Der CSD hatte die Beteiligung der UK Independence Party zunächst nach Protesten recht spät untersagt, mit einem ungalanten Verweis auf Sicherheitsbedenken und dem Hinweis, dass das Verbot "nicht auf politischer Grundlage" basiere (queer.de berichtete).
Mehrere Parteimitglieder liefen aber mit Flaggen und Parteilogos dennoch mit. Am Rande kam es zu kleineren Auseinandersetzungen mit einigen Pride-Teilnehmern, die sich von den Mitmarschierern gestört fühlten.
Gemeinsamen Kampf voranbringen
Gruppen müssen nun unterzeichnen, dass man die "Werte der weltweiten Pride-Bewegung" wahrt mit dem Ziel der "Gleichheit und Menschenrechte, Akzeptanz und Inklusion für alle" unabhängig unter anderem von Herkunft, Geschlechtsidentität, sexueller Orientierung, einer HIV-Infetion oder des Flüchtlings-Status.
"Wir bestätigen, dass wir am Pride in London teilnehmen im Geiste der Zusammenarbeit und der wechselseitigen Unterstützung", heißt es weiter in der Verpflichtung, "um dabei zu helfen, den Kampf um die LGBT+-Emanzipation voranzubringen und für die Gleichheit aller einzutreten".
Zum Ausschluss führen können homo-, bi- und transphobe, sexistische, rassistische oder sonstige diskriminierende Äußerungen von Mitgliedern der jeweiligen Gruppen und deren übergeordnete Organisationen. Auch Verhalten von Gruppenmitgliedern, das zu Störungen eines vorherigen oder anderen CSDs führte oder dessen Teilnehmer beleidigte oder diskriminierte, soll einen Ausschluss ermöglichen.
Youtube | Wie immer, wenn man den Westen spalten kann, war die russische Nachrichtenagentur Ruptly vor Ort, als es beim Londoner CSD zur Auseinandersetzung um die UKIP-Teilnahme kam
Unterstützer von Homophobie und Rassismus
Nimmt die Organisation diese Selbstverpflichtung ernst, dürfte es schwierig werden mit einer Teilnahme von UKIP. In einem an erzchristliche Gruppen verteilten Manifest bedauerte die Partei im letzten Jahr etwa die Ehe-Öffnung für schwule und lesbische Paare, die man abgelehnt habe, und forderte weite Ausnahmen für Christen von Antidiskriminierungsregelungen.
Parteiführer Nigel Farage fiel in einer TV-Debatte auf, als er sich beklagte, dass HIV-positive Ausländer nur nach Großbritannien kämen, um das staatliche Gesundheitssystem auszunutzen. Viele UKIP-Kandidaten äußerten sich explizit homophob: Ein Stadtrat machte die Ehe-Öffnung für die Überflutungen in Großbritannien verantwortlich, ein Kandidat fürs Unterhaus bezeichnete Homosexuelle in sozialen Netzwerken abwertend als "Arse Bandits".
Die Liste homophober Ausfälle ist lang, das Spiel mit dem Vorurteil betreiben dabei auch homosexuelle UKIP-Anhänger: Der schwule Glasgower Europaabgeordnete David Coburn diffamierte Befürworter einer Ehe-Öffnung etwa als "Gleichstellungs-Nazis" und meinte, dass diese "nur irgendeiner Tunte hilft, die gerne im Hochzeitskleid zur Musik der Village People zum Altar schreitet".
Die Vereinigung von Parteihomos, die Gruppe "LGBTQ* in UKIP", setzt sich vor allem für die Ziele der Partei und wenig für die Emanzipation von LGBT ein. Im letzten Jahr feierte sie das öffentliche Trans-Coming-out von Kellie Maloney, die als ehemaliger Boxmanager 2004 bei der Oberbürgermeisterwahl in London für UKIP angetreten war – damals mit zahlreichen homophoben und rassistischen Äußerungen (queer.de berichtete).
Auseinandersetzungen in Deutschland
Konfrontation beim Berliner Stadtfest 2013, Foto: Uwe Steinert
Wer an einem CSD teilnehmen darf oder sollte, führt auch in Deutschland immer wieder zu Debatten. 2013 wollte die rechsextreme Wählervereinigung "Pro Köln" an der Pride-Demo der Domstadt teilnehmen, die bewusste Provokation wurde aber durch einen klaren Beschluss der CSD-Mitgliederversammlung verhindert (queer.de berichtete).
Für weniger Einigkeit sorgte ein Ausschluss der CDU vom Berliner CSD im gleichen Jahr (und nur in diesem, queer.de berichtete). Die LSU durfte hingegen mit einem Wagen teilnehmen; die Vereinigung von Lesben und Schwulen in der Union setzt sich, wenngleich mit wenig Erfolg, ausdrücklich inner- und außerparteilich für Ziele wie die Ehe für alle ein.
Für Aufregung sorgte 2014 ein Stand der AfD am Rande des lesbisch-schwulen Stadtfests in Berlin (queer.de berichtete). Die Partei bekämpft LGBT-Rechte und war Vorantreiber der auf homophobe Stimmungsmache gründenden "Demo für alle" – die "Homosexuellen in der AfD" unterstützen diesen Kurs und homophobe Spitzenkandidaten wie die Berliner Politikerin Beatrix von Storch ausdrücklich.
Denn auch die CDU hat sich mittlerweile, auch wenn sie die Eheöffnung mehrheitlich torpediert, zumindest zur Gleichstellung im Wege eines Lebenspartnerschaftsinstitut bekannt und diesbezüglich im Herbst ein Rechtsbereinigungsgesetz ("das aber schlecht gemacht ist") verabschiedet.
Ein Aussschluss der Partei CDU, die ich NICHT 2017 wähle, von CSDs halte ich daher für nicht tragbar und richtig.
Bei der Partei AfD sehe ich es anders. Deren Zielsetzungen und Aktionen sind derart massiv homophob, dass ich eine Beteiligung der Partei AfD an CSDs ablehne. Und für die rechtsradikale Partei NPD gilt dies sowieso; ich hoffe dass das BVerfG die Partei NPD verbieten wird.