https://queer.de/?25512

Pures Identifikationskino: Etwas anderes als ein Schulterschluss mit den unterdrückten Suffragetten kommt für die Zuschauenden nicht in Frage (Bild: Concorde Film)
- 2. Februar 2016, 12:17h 4 Min.
Ab Donnerstag im Kino: Das Historiendrama "Suffragette" macht sein Publikum zu radikalen Frauenrechtler_innen.
Von Tania Witte
London, Anfang des 20. Jahrhunderts. Maud ist 24 Jahre alt. Die junge Frau (grandios: Carey Mulligan) wurde in ihr Schicksal in einer Wäscherei im East End quasi hineingeboren – seit ihrem siebten Lebensjahr arbeitet sie dort.
Ihr Leben verläuft, den Umständen der Zeit entsprechend, positiv. Gemeinsam mit Ehemann und Kollegen Sonny (Ben Whishaw) hat sie einen charmanten Sohn, die regelmäßige sexuelle Gewalt durch ihren Arbeitgeber gehört der Vergangenheit an und da es Frauen nicht gestattet ist, in der Öffentlichkeit zu rauchen, tut sie es eben heimlich auf der Toilette.
Eines Tages gerät sie in einen Straßenkampf, in dem Frauen einem Flashmob gleich Scheiben einwerfen und das Frauenwahlrecht fordern. Eine dieser Frauen ist Mauds Kollegin Violet (Anne-Marie Duff). Durch Violet kommt Maud in Kontakt mit der Apothekerin Edith Ellyn (Helena Bonham-Carter) und den sogenannten Suffragetten, einer Bewegung, die 1903 unter anderem von Emmeline Pankhurst unter dem Namen "Women's Social and Political Union" (WSPU) gegründet wurde.
Im Stadium zunehmender Radikalisierung

Meryl Streep spielt die lesbische Frauenrechtlerin Emmeline Pankhurst (Bild: Concorde Film)
Als Maud zu den Suffragetten stößt, befindet sich die ursprünglich als gewaltlos konzipierte Vereinigung im Stadium zunehmender Radikalisierung. Und auch Maud radikalisiert sich, nachdem ihr Mann sie verstoßen und ihr den gemeinsamen Sohn George entzogen hat, der laut gültigem Recht ihm "gehört". Es ist klassisch: Die Frau, der alles genommen wurde, hat nichts mehr zu verlieren. Der filmische Höhepunkt ist unausweichlich – und wäre er nicht historisch belegt, er wäre nicht zu glauben.
Die Geschichte der Frauenbewegung des beginnenden zwanzigsten Jahrhunderts, die in der Londoner Oberschicht fußte und von Londoner Arbeiterinnen ausgefochten wurde, bietet explosive Themen in Reinkultur. Und doch: Maud Watts hat nie existiert.
Sie ist eine Erfindung der Regisseurin Sarah Gavron ("BrickLane") und der Drehbuchautorin Abi Morgan ("Die Eiserne Lady"); eine Figur, mit der sich mitfiebern, identifizieren und auf die sich projizieren lässt. Beinahe alle weiteren Hauptfiguren aber gab es wirklich. Und doch ist "Suffragette" eben gerade kein Film über die lesbische Pankhurst (Meryl Streep), die – erschreckend steif inszeniert – für wenige Minuten im Film auftaucht und darüber hinaus eine Art körperlose Übermutter bleibt.
Es ist kein Film über die enorme Rolle, die Lesben in der Emanzipationsbewegung Großbritanniens spielten und auch keiner über Klassenunterschiede, die auch in der Frauenbewegung deutliche und diskussionswürdige Spuren hinterließ. Trotz der Schönheit seiner mainstreamaffinen Bilder ist es kein weichgespültes Feelgood-Kino, egal wie unmissverständlich der Plot an das emotionale Zentrum appelliert.
Historisch belegtes Bürgerrechtskino

Poster zum Film: "Suffragette" startet am 4. Februar 2016 in den deutschen Kinos
"Suffragette" ist historisch belegtes Bürgerrechtskino im Stil von Ava DuVernays "Selma" oder Matthew Warchus "Pride". Es ist ein Film über Solidarität zwischen Frauen, über eine weiße Frauenbewegung, die Wurzel der Emanzipationswelle in den USA war. Es ist ein Film, der den ursprünglichen Bechdel-Test mit Bravour bestehen würde, der Raum für starke und unterstützende Männerrollen bietet und es ist ein Film, der "Empowerment" ruft. Laut.
Denn etwas anderes als ein Schulterschluss mit den Suffragetten kommt für die Zuschauenden nicht in Frage – zu eindeutig sind die Verfehlungen der Zeit, zu ungerecht die Gesetze, zu gewalttätig und zu restriktiv die Umstände.
Dieser Schulterschluss jedoch bedeutet nicht nur, den Zielen der Frauenrechtlerinnen zuzustimmen, er bedeutet auch, die Gewalt gutzuheißen, die angewandt wird, werden muss, um diese Ziele zu erreichen. Bombenanschläge, Hungerstreiks und Sachbeschädigung werden zu einem gefühlt legalen Mittel für den Kampf, der sich so eindeutig in Gut und Böse, in Richtig und Falsch differenzieren lässt. Einige dieser Mittel würden wir heute Terror nennen.
Ein Zwiespalt, der sich erst im Nachgang auftut, ebenso wie die Frage nach dem Fortgang der Geschichte im globalen Umfeld des Ersten Weltkrieges. "Suffragette" bietet viele Gründe für tiefere Recherchen. Und viele Gründe für große Dankbarkeit für das, was die Vorreiterinnen der Frauenrechte durch ihre Radikalität bewegt haben.
Suffragette – Taten statt Worte. Historiendrama. Großbritannien 2015. Regie: Sarah Gavron. Darsteller: Carey Mulligan, Helena Bonham Carter, Brendan Gleeson, Anne-Marie Duff, Ben WhishawMeryl Streep. Laufzeit: 107 Minuten. Sprache: deutsche Synchronfassung. Verleih: Concorde Film. Deutscher Kinostart: 4. Februar 2016.
Links zum Thema:
» Deutsche Homepage zum Film
» Fanpage auf Facebook
Mehr queere Kultur:
» auf sissymag.de
00:50h, Sat1 Gold:
Richterin Barbara Salesch
Maurermeister Thorsten soll seine transsexuelle Stieftochter Andrea überfallen und zusammengeschlagen haben.
Serie, D 2007- 2 weitere TV-Tipps »















Saudi-Arabien ist neben den Kleinstaaten Brunei, Vatikanstadt, Oman, Katar und Swasiland eines der letzten verbliebenen absoluten Monarchien auf der Welt.
Wir sollten daher weder auf Mekka noch auf den Vatikan hören, kann ich dazu nur als evangelischer, säkularisierter und demokratischer Christ sagen.
Ich bin froh, dass es die Sufragetten in Europa gab und gut, dass dies Thema in die Kinos kommt.
Schlimm das es immer noch absolute Monarchien auf der Welt gibt !!!