LGBT-Aktivisten hoffen, dass die Initiative die Schweiz bei der LGBT-Emanzipation nicht um Jahre zurückwirft (Bild: Gemeinsam weiter)
Wird das Ehe-Verbot in der schweizerischen Verfassung verankert? Die Bevölkerung kann darüber Ende des Monats abstimmen.
In der Schweiz gibt es derzeit eine Mehrheit für eine Volksinitiative der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP), mit der durch die Hintertür das Verbot der gleichgeschlechtlichen Eheschließung in der Bundesverfassung festgeschrieben werden soll. Demnach befürworten laut einer Umfrage der Fernsehgesellschaft SRG 53 Prozent der Bevölkerung die Initiative zur Abschaffung der "Heiratsstrafe", die vordergründig steuerliche Benachteiligungen von Eheleuten gegenüber unverheirateten heterosexuellen Paaren verhindern soll, aber gleichzeitig das Ehe-Verbot für Schwule und Lesben verankert. 38 Prozent würden demnach dagegen stimmen.
Ein Hoffnungsschimmer für LGBT-Aktivisten: Die Zahlen haben sich in den letzten Wochen stark angenähert. Im Januar führten die Befürworter der homophoben Initiative noch mit 67 zu 21 Prozent der Stimmen. Der Volksentscheid wird am 28. Februar abgehalten.
Die Mehrheit für die homophobe Initiative scheint zunächst paradox, da sich im vergangenen Jahr laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts GFS Zürich 71 Prozent der Schweizer für die Ehe für alle ausgesprochen haben. Die Popularität der Initiative der CVP rührte aber zunächst daher, dass die Befürworter mehr Steuergerechtigkeit versprechen. Kritiker, zu denen Sozialdemokraten, Grüne, Liberale und einige Konservative gehören, verweisen aber darauf, dass die Initiative in Wirklichkeit zu erheblichen Steuerausfällen führen könne und fast ausschließlich wohlhabenden Eheleuten zu gute kommen würde.
Youtube | Wahlspot gegen die CVP-Initiative (Schwyzerdütsch)
CVP: Ehe-Verbot für Schwule und Lesben nur "Nebenschauplatz"
Die Befürworter der Initiative, neben der CVP auch die mächtige rechtspopulistische SVP, bleiben im Wahlkampf bei ihrer Aussage, dass die Initiative rein steuerpolitischer Natur sei. Der Satz zum Ehe-Verbot ("Die Ehe ist die auf Dauer angelegte und gesetzlich geregelte Lebensgemeinschaft von Mann und Frau") sei nur ein "Nebenschauplatz", sagte etwa CVP-Parteichef Christophe Darbellay. Er würde sich praktisch nichts für Schwule und Lesben ändern.
Die Kampagne "Gemeinsam weiter", die gegen die CVP-Initiative kämpft, sieht die versprochene Steuererleichterung hingegen nur als Vorwand: "Die Initianten tarnen ihre (erz)konservativen gesellschaftlichen Vorstellungen im steuerpolitischen Mäntelchen." Die Aktivisten befürchten, dass mit der Verfassungsänderung die Debatte um die Gleichstellung von Schwulen und Lesben im Ehe-Recht abgewürgt werden soll.
Initiative "widerspricht Volkswillen"
Das LGBT-Netzwerk "Queer Politics", in dem sich Mitglieder von neun Parteien aus dem gesamten politischen Spektrum engagieren, sieht es als seine Aufgabe an, die Wähler aufzuklären: "Nun ist es wichtig zu mobilisieren und die Bevölkerung auf die diskriminierende Ehedefinition in der Initiative aufmerksam zu machen, die der öffentlichen Meinung stark zuwiderläuft", heißt es in einer Pressemitteilung vom Donnerstag. "Menschen gleiche Rechte zu verwehren ist das Gegenteil der Beseitigung von Diskriminierung. Es ist nicht demokratisch, es widerspricht dem Volkswillen und es ist nicht christlich."
Die Volksinitiative muss von der Mehrheit der abstimmenden Schweizer abgesegnet werden. Außerdem muss die Mehrheit der Kantone zustimmen. Eine Mindestbeteiligung oder ein Quorum ist nicht vorgeschrieben.
Die Schweiz, die gleichgeschlechtlichen Paaren seit 2007 eingetragene Partnerschaften anbietet, wäre das erste Land im westlichen Teil Europas, das in der Verfassung ein ausdrücklichen Ehe-Verbot für Schwule und Lesben verankert. Schon jetzt gehört die Eidgenossenschaft zu den mitteleuropäischen Ländern, die als am LGBT-feindlichsten gelten. So liegt die Schweiz in der von ILGA Europe erstellten "Rainbow Europe"-Liste, in der anhand von mehreren Kriterien die rechtliche Lage von LGBT ausgewertet wird, auf dem Kontinent nur auf Rang 32 von 49 Ländern – und damit noch hinter osteuropäischen Staaten wie Georgien, Bosnien-Herzegowina oder Rumänien. Deutschland liegt auf Rang 15, Österreich ist Elfter (queer.de berichtete). (dk)
Das ist ein ganz mieser Trick der Homohasser:
Man kombiniert die Frage der Eheöffnung mit anderen Fragen, wo man viele Wähler auf seiner Seite glaubt. Am besten so formuliert, dass viele das wahre Ausmaß gar nicht erkennen. Und schon kann man seine Ideen durch die Hintertür umsetzen.
Wenn man Volksentscheide macht, sollte man immer nur über einzelne Fragen abstimmen lassen. Wie will man seriös über ein ganzes Maßnahmenbündel entscheiden, wenn man zu den einzelnen Bestandteilen unterschiedliche Meinungen hat?!
Ich kann nur hoffen, dass die Mehrheit das durchschaut und verhindert. Egal, wie man in den einzelnen Fragen denkt: man muss zeigen, dass man solche schmutzigen Tricks durchschaut und nicht akzeptiert. Das wäre sonst ein Dammbruch für miese Tricks, wenn man damit Erfolg hätte.