In der Vergangenheit bezeichnete Erzbischof Heiner Koch Homosexualität als "beschränkt", doch nach einem Treffen wirbt er für eine bessere Behandlung von LGBT-Flüchtlingen (Bild: Walter Wetzler)
Nach seinem Besuch des LSVD-Migrantenzentrums verspricht Heiner Koch, Politik und Kirche für die Thematik zu sensibilisieren.
Der Berliner Erzbischof Heiner Koch hat in einem am Freitag veröffentlichten Interview mit dem evangelischen Rogate-Kloster erklärt, er wolle sich für LGBT-Flüchtlinge einzusetzen. "Ich habe mir vorgenommen, Politik und Kirche auf die besondere Problematik solcher Flüchtlinge hinzuweisen", sagte der 61-Jährige. "Unsere Caritas will sich dafür einsetzen, dass die Betreiber von Unterkünften sowie Sicherheitsfirmen auf die Probleme homosexueller und transgeschlechtlicher Flüchtlinge Rücksicht nehmen."
Koch hatte vergangenen Monat das Zentrum für Migranten, Lesben und Schwule des LSVD Berlin-Brandenburg (MILES) besucht und mit LGBT-Flüchtlingen gesprochen – und sich danach in einer Pressekonferenz schockiert darüber gezeigt, dass viele von ihnen auch nach der Flucht wegen ihrer Homo- oder Transsexualität mit Diskriminierung zu kämpfen hätten (queer.de berichtete).
Im Interview sprach er nun darüber, es habe ihn zutiefst bewegt, als Menschen ihm erzählten hatten, "dass sie aufgrund ihrer sexuellen Prägung von Mitflüchtlingen verbal und tätlich angegangen werden und für ihre besondere Notsituation auch bei unseren Behörden und Sicherheitskräften oft nur ein geringes Verständnis finden."
Koch beharrt auf Besserstellung von Heterosexuellen
Gleichzeitig stellte Koch aber klar, dass die Kirche ihre Priorität weiter auf die "besondere Lebensgemeinschaft von Mann und Frau" ausrichte. Nach dem Verständnis der katholischen Kirche sei nur verschiedengeschlechtliche Sexualität "Teilhabe an der Schöpfungswirklichkeit Gottes". In der Vergangenheit hatte er sich noch deutlicher geäußert: So hatte er bei seinem Amtsantritt vergangenes Jahr Homosexualität als "beschränkt" und nicht "gelungen" bezeichnet (queer.de berichtete).
Koch betonte jedoch im neuen Interview, dass die Würde eines Menschen "unabhängig von der sexuellen Prägung" unantastbar sei. So habe schon Papst Johannes Paul II klar gestellt, "dass da, wo Menschen wegen ihrer sexuellen Neigung oder Identität verfolgt, vertrieben, eingesperrt oder sogar mit dem Tode bedroht sind, die katholische Kirche ihre Stimme erheben und widersprechen muss. Das ist der Maßstab unseres Handelns."
Freilich sieht hier die Realität in der Kirche anders aus: So wehrte sich die Kirche in vielen Ländern gegen Antidiskriminierungsgesetze, die die Ungleichbehandlung von LGBT verhindern sollten. In manchen Ländern werben die Katholiken sogar mehr oder weniger offen dafür, Homosexuelle einsperren zu lassen – beispielsweise in Uganda oder Nigeria.
Kritik an dieser Haltung kommt aus dem Vatikan – wenn überhaupt – nur in homöopathischen Dosen (queer.de berichtete). Auch die deutschen Bischöfe hofieren gerne katholischen Würdenträger, die sich für die Verhaftung aller Homosexuellen einsetzen (queer.de berichtete).
Selbst der Einsatz Kochs und der Caritas für LGBT-Flüchtlinge geht vielen in der Kirche zu weit: So äußerte der einflussreiche Theologe Wilhelm Imkamp Unverständnis darüber, dass sich Katholiken für nicht-christliche und homosexuelle Flüchtlinge einsetzen (queer.de berichtete). (dk)
Sollte er als Erzbischof nicht auch hierzu Stellung beziehen?