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Alltag eines Querverlegers

Amazon.de als Wächter der Moral


Komische Amazon.de-Logik: Wer den "sauberen" Umschlag mit diesem netten Mann bestellt, bekommt den "anzüglichen" zugeschickt

  • 3. März 2016, 14:32h 24 3 Min.

Querverleger Jim Baker berichtet als Gastautor, wie der Internetbuchhändler das Cover von Jan Stressenreuters neuem Roman "Figgn, Alda!" zensierte.

Von Jim Baker

Mit dem Onlineriesen Amazon verbindet mich eine perverse Hassliebe. Einerseits bin ich um den globalen Marktplatz für unsere Titel froh; andererseits finde ich die Verdrängungstaktik und Erpressungsmethoden des Internetbuchhändlers – gelinde gesagt – zum Kotzen. Dennoch eins steht fest: Inzwischen ist Amazon.de für den Querverlag der Hauptabnehmer unserer Bücher.

Schmunzeln muss ich aber dann immer wieder, wenn Amazon sich zum Wächter der Moral aufschwingt – wie neulich bei dem Hochladen eines Titels unseres Kölner Autors Jan Stressenreuter.

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Ein "Advantage Program" ohne Vorteile


Zu heiß für Amazon.de: Dieses Cover durfte der Querverlag für die Printausgabe von "Figgn, Alda!" nicht hochladen

Obwohl alle Neuerscheinungen erst zum 1. März in den Handel kommen, haben wir beschlossen, von Jan Stressenreuters Sammlung erotischer Geschichten "Figgn, Alda!" schon vorab die eBook-Version anzubieten. Der Umschlag wurde bereits Anfang Februar überall hochgeladen – auch auf Amazon.

Dann war der Erstverkaufstag aller Neuerscheinungen da, und prompt hatte ich den Autor am Telefon, der mich darauf hinwies, der Umschlag für die Print-Ausgabe von "Figgn, Alda!" fehle auf Amazon. Normalerweise bezieht der Onlinehandel alle Umschläge beim Verzeichnis lieferbarer Bücher, doch Amazon bietet ein "Advantage Program" für die Verlage (sprich: Wir räumen ihnen unverschämt hohe Rabatte ein, bekommen dafür den Zugang zu unseren Daten, die wir – in der verkehrten Logik von Amazon – dann selbst pflegen müssen.) Also lud ich selbst die Umschlagsdatei hoch. ISBN plus ".jpg" in entsprechender Auflösung im RGB-Modus.

Was aber nichts gebracht hat. Fehlermeldung "ASIN" nicht gefunden. Die "Amazon Standard Identification Number" habe ich nach einigem Suchen rausgefunden und alles noch einmal versucht. Fehlanzeige. Was man ja nicht vergessen darf: Der Umschlag gab es ja bereits online. Zwar für das eBook, aber immerhin.

Über das Kontaktformular habe ich dem Kundenservice das Problem geschildert und bekam sofort eine "Case Number" zugeteilt. Kurz drauf, eine freundliche E-Mail, ich möge es noch einmal versuchen, allerdings mit der Datei-Endung ".main". Und als Bonbon: "Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Tag." Noch ein Versuch, noch mal erfolglos. Neue Mail an Amazon. Prompt die Antwort: "Ich leite diesen Fall intern weiter und meine Kollegen werden Ihnen so schnell wie möglich weiterhelfen. Vielen Dank für Ihre Geduld."

"Anzügliche Inhalte" nicht erlaubt


Coverboy ohne Unterleib: Diese Variante wurde von Amazon.de genehmigt

Am nächsten Morgen dann eine ernüchternde E-Mail aus dem Hause Amazon: "Wir haben den Fall überprüft und es ist uns aufgefallen, dass das übermittelte Cover unseren Vorgaben nicht entspricht. Ihr Bild entspricht nicht unseren Richtlinien zur Veröffentlichung. Die Darstellung von menschlicher Nacktheit sowie von anzüglichen Inhalten ist nicht erlaubt. So ist Amazon eine Website, auf der alle Altersgruppen Produkte suchen, entdecken und kaufen können."

Auf den Widerspruch, beim eBook funktioniere es doch, musste ich gar nicht mehr eingehen, denn der letzte Satz lautete: "Das Cover für die Kindle-Ausgabe sollte auch nicht akzeptiert werden und deshalb haben wir es gelöscht. Bitte entschuldigen Sie diese Unannehmlichkeit."

Am Ende stand ich also da – ganz ohne Umschlag. Doch wie so häufig hatte unser Grafiker Sergio Vitale eine einfache Lösung für das Problem und schickte mir eine neue Datei mit dem Zusatz: "stressenreuter_clean".

Lustigerweise sieht man nun zwar den "sauberen" Umschlag beim Bestellen, bekommt allerdings den "anzüglichen" zugeschickt. Komische Logik.

Ganz andere "Richtlinien" scheinen die Kollegen und Kolleginnen beim Amazon übrigens zu pflegen für die Rubrik: "Drogerie und Körperpflege", Unterkategorie "Erotik", Sortiment "Sexspielzeug", Artikel "Deluxe Real Dong Penis Nachbildung (430 Gramm), Dildo mit schöner Eichel & Saugnapf" (Nur 19,99€, Eillieferung möglich.)

Na, was schrieb der nette Amazon-Sachbearbeiter noch mal? "So ist Amazon eine Website, auf der alle Altersgruppen Produkte suchen, entdecken und kaufen können."

Das nenne ich vielleicht "Advantage Program"!

Unser Gastautor Jim Baker ist Mitbegründer und Geschäftsführer des Querverlags. Dieser Text erschien zuerst im Verlagsblog.

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#1 FelixAnonym
  • 03.03.2016, 16:01h
  • Amazon ist und bleibt ein homophones Unternehmen. Die sind ja schon mehrfach negativ aufgefallen.
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#2 eindeutigAnonym
  • 03.03.2016, 16:12h
  • nackte frauen und heterosexismus sind überall erlaubt und werden andauernd zwanghaft inszeniert. aber wehe, es wird mal männliche und schwule geilheit sichtbar. dann schlägt sofort die zensurkeule zu. denn das könnten ja auch jüngere geil finden - und dann bricht die welt homophober autoritäten zusammen!
  • Direktlink »
#3 schwarzerkaterEhemaliges Profil
  • 03.03.2016, 17:20h
  • über amazon rede ich erst wieder, wenn sie ordentlich steuern zahlen werden und wenn sie ihre mitarbeiter auch gerecht entlohnen.
    bücher kann man auch anderswo online bestellen.
    oder bei der buchhandlung ums eck (im ort) anrufen, bestellen und tagsdrauf das buch abholen.
  • Direktlink »

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