Eine Bromance, die Stereotype auf den Kopf stellt: Der heimlich schwule Betriebswirtschafter Ibrahim (Cem Alkan) betüttelt den frauenliebenden Kleinkriminellen Alexander (Martin Walde) (Bild: Pro-Fun Media)
Ab Donnerstag im Kino: In Tor Ibens Komödie "Wo willst du hin, Habibi?" verknallt sich ein ehrbarer schwuler Deutschtürke in einen "biodeutschen" Kleinganoven.
Von Peter Fuchs
In der letzten Einstellung des Films ist der Himmel über Berlin zu sehen. Flugdrachen tanzen über dem Tempelhofer Feld, die Band Tele singt "Bye Bye Berlin" und man seufzt: "Ach, was für ein lieber Film."
Bis dahin ist in 75 Minuten Filmzeit viel passiert. Tor Ibens Komödie "Wo willst du hin, Habibi?" beginnt, als sich Ibrahim (Cem Alkan) von seiner Familie für den guten Studiumsabschluss in BWL feiern lässt. Der junge Mann, dessen Großeltern aus der Türkei nach Deutschland einwanderten, sucht sich eine Arbeit. Und muss dabei bemerken, dass man ihn aufgrund seines Namens nicht zu Vorstellungsgesprächen einlädt. Alltagsrassismus in Deutschland eben.
So jobbt er nebenbei in einem schwulen Sexshop. Davon darf Ibrahims Familie nichts wissen. Nicht nur, weil Sexshops Schmuddelkram sind. Nein, Ibrahim ist auch schwul. Zwar lebt er seine Sexualität aus, aber vor seiner Familie soll das geheim bleiben.
Im Sportverein auf Tuchfühlung gehen
Poster zum Film: "Wo willst du hin, Habibi?" startet am 10. März 2016 im Verleih von Pro-Fun in den deutschen Kinos
Schwierig wird es, als sich Ibrahim Knall auf Fall in den Kleinganoven Alexander (Martin Walde) verliebt und ihn vor der Polizei deckt. Alexander oder Ali, wie ihn alle nennen, ist auch Show-Wrestler in einem Sportverein und so meldet Ibrahim sich ebenfalls an, um seinen Schwarm besser kennenzulernen. Netter Nebeneffekt: So kann er mit dem Objekt seiner Begierde gleich auf Tuchfühlung gehen.
Doch mit Ali haben noch einige Gangster offene Rechnungen zu begleichen. Die Ungeduldigeren schlagen ihn auf offener Straße böse zusammen. Ibrahim hat ein wenig gestalkt und ist gleich zur Stelle, um zu helfen. Beide Arme gebrochen, Krankenhaus.
Ali kommt der verliebte Ibrahim gerade recht, er darf ihm sogar zur Hand gehen, denn vieles ist mit zwei eingegipsten Armen schwer zu erledigen. Das beginnt beim Zappen mit der Fernbedienung und endet beim Einseifen unter der Dusche. Aber dann kommt's dick: Ibrahims kleine, fiese Schwester outet ihn. Für Ibrahim bricht eine Welt zusammen und Hallodri Ali ist dabei auch nicht hilfreich. Wo geht es also hin, Habibi?
Ein sympathischer Ansatz, aber nicht immer plausibel
Tor Iben zeigt ein Buddy-Movie über die Bromance zwischen einem ehrbaren, schwulen Deutschtürken und einem kleinkriminellen "Biodeutschen", der auf Frauen steht. Sympathischer Ansatz, die stereotypen Zuschreibungen auf den Kopf zu stellen. Leider wird in der Geschichte aber mehr behauptet, als dass es für den Zuschauer durch die Handlung erfahrbar wäre. Außerdem wirken einige Handlungswendepunkte nur beschränkt plausibel.
Aber kein Problem: Martin Walde gibt den Schlawiner Ali als erotischen Leckerbissen, letztlich mit dem Herz am rechten Fleck. Und Cem Alkans Ibrahim ist ein hübscher, großer Otter mit blauen Augen, der auch bei größten Schicksalsstürmen ganz in sich ruht. Die Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellern schien zu stimmen. Die Grenzen zwischen Liebe und Freundschaft verschwimmen.
Wie gesagt: "Ach, was für ein lieber Film."
Youtube | Offizieller Trailer zum Film
Infos zum Film
Wo willst du hin, Habibi? Komödie. Deutschland 2015. Regie: Tor Iben. Darsteller: Cem Alkan, Martin Walde, Ilknur Boyraz, Neil Malik Abdullah, Özay Fecht, Tuncay Gary, Rana Farahani. Laufzeit: ca. 75 Minuten. Sprache. Deutsch. FSK 12. Verleih: Pro-Fun. Bundesweiter Kinostart: 10. März 2016