
Mert Matan betont, er habe nichts gegen Homosexuelle, und redet doch nur einfühllosen Unsinn.
Wieviel Verantwortung tragen "Profi"-Youtuber? Gibt es keine Schulungen für sie? Seit zwei Tagen sorgt ein inzwischen über eine Million mal angesehenes Video auf Youtube für Empörung, in dem Mert Matan heimlich filmt, wie er seinem Vater als Scherz erzählt, dass er schwul ist, und dieser darauf seinen Sohn schlägt (queer.de berichtete).
Witzig ist das Video nicht, es hat gar mehrere Probleme: Es amüsiert sich priviligiert über eine fiktive Situation, die für andere mehr als real ist, ohne das zu reflektieren und in der Umsetzung zu berücksichtigen. Folglich ist der Familienfrieden nach dem "Coming-out" sofort wieder hergestellt, weil der Sohn ja doch nicht schwul ist. Diese "Lösung" gibt es in der Realität nicht, aber Kritik an der extremen Reaktion seines Vaters übt Mert nicht. Das Video eignet sich, davon zeugen auch etlich homophobe Kommentare bei Youtube, in keinster Weise dazu, zum Thema Coming-out sinnvoll beizutragen, ermutigend ist es keinesfalls.
In einem neuen Video hat der Youtube-Star nun auf die Kritik an dem Video reagiert und betont, nicht homophob zu sein. Homosexuelle seien Teil der Gesellschaft und man müsse das akzeptieren, so wie es ist. Da ist er weiter als mancher AfD-Politiker oder Demo-für-alle-Befürworter, die in Medien und sozialen Netzwerken weniger kritisiert werden als Mert jetzt. Zurecht beklagt er wohl auch manche rassistische Reaktion auf sein Video.
Reflektiert und einfühlsam sind die neuen Aussagen aber auch nicht:
Mein Vater hat nichts gegen Homosexuelle, außer dass sein Sohn vielleicht schwul sein könnte. Das gibt es bei uns in der Familie nicht, in der Kultur genauso wie in der Religion nicht. Bei uns in der Familie existiert so etwas einfach nicht. (…) Das ist seine Meinung, zu mir und nicht zu der allgemeinen homosexuellen Szene.
Wir haben Null gegen Homosexuelle. Wir kennen ziemlich viele andere Homosexuelle. Das gibt es auch im Freundeskreis meiner Familie – nicht Bekanntschaft, aber Freundeskreis.
Jeder soll das machen, was er will. Wenn jemand nen Baum lieben will, soll er von mir aus nen Baum lieben.
Vielleicht war seine Reaktion einfach ein bisschen zu hart, aber so ist halt mein Vater. Meine Familie ist halt ein bisschen temperamentvoll.
Da redet sich jemand um Kopf und Kragen, der es vermutlich wirklich nicht böse meint; vielleicht bräuchte er einen schwulen Kumpel, der ihm etwas mehr Einblicke verleiht, vielleicht fehlt eine sensibilisierende Aufklärung über "sexuelle Vielfalt" in seiner Schule; vor allem fehlt wohl auch jemand, der ein Video abnimmt, bevor es veröffentlicht wird, der einen einfach beiseite nimmt, wenn man Mist baut oder seine eigene Familie unglücklich vorführt.
Dem im Video auch kurz vorkommenden Vater scheint die Sache, trotz mancher Windungsversuche, durchaus unangenehmer zu sein:
Ich hab für den Moment so reagiert. Vielleicht hätten andere Väter genauso reagiert oder würden genauso reagieren.
Leider fällt ihm Mert immer wieder ins Wort oder schneidet seinem Vater technisch das Wort ab, so dass es schwer fällt, seine Aussagen näher einzuschätzen. Die Körpersprache spricht aber für sich – das Video könnte für andere Väter ein Signal sein, sich vorab über Situationen wie diese Gedanken zu machen, und damit doch noch einen Sinn bekommen.
Mert hingegen redet die Handlung seines Vaters weiterhin schön. Er meint als Fazit, dass die Medien überreagiert hätten. Und: "Ich hab' nichts falsch gemacht." (nb)
Update 17.3., 19.50h: Youtuber verliert Vermarkter
Am Donnerstag hat TubeOne Networks seinen Vertrag mit Mert Matan mit sofortiger Wirkung beendet. Mehr dazu in diesem Bericht.
(auch) solche verheerenden, aber anscheinend gewollten (siehe u. a. homo-hasser, die überall in den medien hofiert werden) "role models" für junge menschen sind teil der rechtsverschiebung der gesellschaft.