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Strafverfahren
150.000 Euro beim CSD Stuttgart unterschlagen

Teilnehmer beim CSD Stuttgart 2015: Nur die wenigsten ahnen, mit welchen Problemen sich die Organisatoren herumschlagen müssen (Bild: flickr / AllInStereo / by 2.0)
- 18. März 2016, 05:32h 3 Min.
Der ehemalige Buchhalter des CSD-Vereins muss sich ab Ende März vor dem Amtsgericht wegen Veruntreuung in einem Strafverfahren verantworten.
Seit vielen Jahren hat der Verein IG CSD Stuttgart e.V. ein dickes Minus auf dem Konto – seit einigen Wochen weiß man warum. Systematisch soll sich der ehrenamtliche Buchhalter, gleichzeitig ein langjähriges Mitglied im Orgateam, am Bankkonto des CSD-Vereins bedient und dies vor Vorstand, Rechnungsprüfung, Steuerberatung und Mitgliederversammlung systematisch verschleiert haben. Insgesamt sollen seit 2005 über einen Zeitraum von zehn Jahren rund 150.000 Euro veruntreut worden sein.
"Der Buchhalter hob über den Betrugszeitraum Summen zwischen 100 und 1.000 Euro vom Vereinskonto ab", heißt es in einer transparenten Stellungnahme des CSD-Vereins (PDF). "Die Abbuchungen wurden auf einer separaten Kostenstelle ausgewiesen, welche bei vorgelegten Unterlagen und Auswertungen sowohl dem Vorstand, der Mitgliederversammlung, den Rechnungsprüfern und dem Steuerberater vorenthalten wurde. Die entsprechenden Kontoauszüge wurden vernichtet."
In zehn Jahren keinerlei Verdacht geschöpft
All die Jahre hegte der Vorstand nicht den geringsten Verdacht. "Der Buchhalter engagierte sich bereits kurz nach der Gründung der IG CSD im Jahr 2001 für den Verein", heißt es in der Stellungnahme. Der Mann habe bei einer großen Stuttgarter Bank gearbeitet, sei sehr konservativ und seriös im Auftreten, meinte Vereinsvorstand Christoph Michl gegenüber der "Stuttgarter Zeitung". Mehrfach sei er für seine penible und professionelle Buchhaltung gelobt worden.
Die Veruntreuung fiel jedoch auf, als der Verein im vergangenen Jahr im Zuge der angestrebten und mittlerweile bewilligten Gemeinnützigkeit den Steuerberater wechselte. "Dieser Wechsel brachte Unregelmäßigkeiten in den Eröffnungsbilanzen einzelner Vereinsjahre ans Licht", erklärt die IG CSD Stuttgart. Auf Rückfragen der beauftragten Steuerkanzlei reagierte der Buchhalter zunächst ausweichend, dann trat er die Flucht nach vorn an: Im August 2015 erstatte er Selbstanzeige bei der Polizei.
Die Veruntreuungen vor 2010 sind bereits verjährt
Für den 30. März ist nun ein erster Verfahrenstermin vor dem Amtsgericht Stuttgart anberaumt. Da die Vorfälle, die vor August 2010 geschehen sind, bereits strafrechtlich verjährt sind, ist in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft "nur" von einer Veruntreuung um die 100.000 Euro die Rede. Den vollen Betrag will sich der Verein allerdings auf zivilrechtlichem Wege von seinem ehemaligen Buchhalter zurückholen. Persönlichen Kontakt hat niemand mehr – die Kommunikation erfolgt über Anwälte.
Um Betrugsfälle in Zukunft auszuschließen, hat der CSD-Verein die Buchhaltung nun an eine externe Steuerkanzlei vergeben. "Diese erhält künftig alle Kontobewegungen automatisch und direkt vom Kreditinstitut in die eigene Buchhaltungssoftware übermittelt", heißt es in der Stellungnahme der IG CSD Stuttgart. Auch das Controlling soll verbessert werden: "Zu allen Mitgliederversammlungen wird künftig bereits vier Wochen nach Geschäftsjahresende ein von der Steuerberatung testierter Jahresabschluss vorgelegt werden."
Die Vereinsarbeit oder gar der CSD seien zu keinem Zeitpunkt gefährdet gewesen, stellten die Pride-Veranstalter klar, die nun hoffen, spätestens in fünf Jahren wieder ein ausgeglichenes Konto zu besitzen. In diesem Jahr findet der Stuttgarter CSD vom 22. bis 31. Juli statt. Die CSD-Politparade wird am 30. Juli zum mittlerweile 20. Mal durch die Innenstadt der Landeshauptstadt ziehen. (cw)
Links zum Thema:
» Homepage des CSD Stuttgart















Das hat scheinbar keinen Interessiert sonst hätte man wohl nachgeforscht. Insgesamt müssen auch andere Verantwortungsträger ihr Versagen eingestehen.