Charlotte, die größte Stadt von North Carolina, könnte bald weniger Besucher bekommen (Bild: flickr / James Willamor / by 2.0)
Ein gegen Homo- und Transsexuelle gerichtetes Gesetz hat für North Carolina Konsequenzen: New York, Seattle und San Francisco haben bereits einen Boykott gegen den Südstaat begonnen.
Der konservative US-Bundesstaat North Carolina gerät wegen seiner homo- und transphoben Politik immer mehr in die Kritik: Über das Osterwochenende haben die Städte New York City, Seattle und San Francisco sowie der Bundesstaat New York angekündigt, städtischen bzw. staatlichen Beamten und Angestellten alle offiziellen "nicht unbedingt notwendigen Reisen" nach North Carolina zu untersagen.
Grund ist ein am vergangenen Mittwoch von North Carolinas Gouverneur Pat McCrory unterzeichnetes Gesetz, das einen Diskriminierungsschutz für LGBT verbietet (queer.de berichtete). Gesetz HB 2 legt fest, dass Diskriminierung ausschließlich aufgrund der Rasse, der Hautfarbe, des Herkunftslands, der Religion, des Alters und des "biologischen Geschlechts" verboten sei – alle anderen Diskriminierungen sind dagegen ausdrücklich erlaubt.
Der New Yorker Gouverneur Andrew Cuomo kritisierte das Gesetz am Montag scharf: "In New York glauben wir, dass alle Menschen – egal, welche Geschlechtsidentität oder sexuelle Orientierung sie haben – die gleichen Rechte und Schutzvorschriften verdienen", sagte der Demokrat. "Von Stonewall bis zur Öffnung der Ehe ist unser Staat stets ein Hoffnungsschimmer für die LGBT-Community gewesen. Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie fehlgeleitete Gesetze die Diskriminierung der Vergangenheit wiederholen. So lange, wie es dieses diskriminierende Gesetz gegen LGBT-Menschen in North Carolina geben wird, so lange werde ich alle nicht unbedingt notwendigen Reisen in diesen Staat verbieten."
North Carolina: Kritik ist "politisches Theater"
North Carolinas republikanischer Gouverneur Pat McCrory, der sich im November seiner Wiederwahl stellen muss, hält an dem Gesetz fest. Kritik an dem Gesetz sei "politisches Theater", das von "linksgerichteten Aktivisten" vorangetrieben werde. Diese würden aus Gründen der politischen Korrektheit "Amok laufen", sagte der Regierungschef am Montag gegenüber dem Fernsehsender NBC.
McCrory baut seine Kritik am LGBT-Schutz vor allem darauf auf, dass Männer bald öffentliche Damen-Toiletten oder -Umkleidekabinen aufsuchen könnten und dann Frauen belästigten. "Würden Sie es gut finden, wenn ein Mann unter die Dusche ihrer Tochter geht?", fragte er rhetorisch. "Ich finde das nicht gut."
Gouverneur Pat McCrory erzeugt Angst vor Transsexuellen in öffentlichen Toiletten.
Mit der Angst vor transsexuellen Straftätern in Frauen-Toiletten haben LGBT-Gegner bereits im November einen Volksentscheid über LGBT-Diskriminierungsschutz in der eigentlich liberalen Stadt Houston gewinnen können (queer.de berichtete).
Aktivisten kritisierten diese Kampagne als extrem transphob – und drehten den Spieß via Twitter herum: Ein bärtiger Trans-Mann aus North Carolina sorgte etwa vergangene Woche mit einem viel geteilten Tweet für Aufmerksamkeit, als er unter seinem Selfie an den Gouverneur schrieb: "Es ist jetzt Gesetz, dass ich eine Toilette mit Ihrer Frau teilen muss."

Es gibt auch weitere Boykottaufrufe gegen North Carolina. So erklärte etwa Hollywoodregisseur Rob Reiner ("Stand By Me", "Harry und Sally", "Misery") am Wochenende: "Bis dieses hasserfüllte Gesetz abgeschafft ist und LGBT-Menschen in North Carolina gleich behandelt werden, werde ich keinen Film mehr in North Carolina produzieren. Ich rufe meine Kollegen in der Unterhaltungsindustrie auf, dasselbe zu tun", sagte er gegenüber NBC.
Derartige Boykottaufrufe haben bereits in Georgia Wirkung gezeigt: Der republikanische Gouverneur Nathan Deal hat erst am Montag sein Veto gegen ein homophobes Gesetz angekündigt (queer.de berichtete). Zuvor hatten unter anderem Marvel, Disney und Viacom mit einem Boykott gedroht.
Im Wahljahr gibt es allerdings noch in mehreren Staaten – insbesondere im südlichen "Bibelgürtel" – Initiativen gegen LGBT. Viele wollen den Diskriminierungsschutz einschränken, wogegen queere Aktivisten auch juristisch vorgehen; manche Staaten versuchen auch, die Ehe für alle wieder rückgängig zu machen: Vergangene Woche forderte etwa der Justizausschuss des Parlaments von South Carolina mit 17 zu drei Stimmen den US-Kongress auf, eine Verfassungskonferenz abzuhalten, um das Ehe-Verbot für Schwule und Lesben wieder einführen zu können. Initiativen gegen die Ehe-Öffnung gelten allerdings als aussichtslos, da sie gegenwärtig nur mit einer Verfassungsänderung zu erreichen sind – und dafür müssten zwei Drittel beider Parlamentskammern sowie drei Viertel aller Bundesstaaten zustimmen. (dk)