Abschiedsgeschenk der SPD: An den Schulen im Ländle sollen "Respekt sowie die gegenseitige Achtung und Wertschätzung von Verschiedenheit" gefördert werden (Bild: Gays With Kids)
Mit der Unterschrift von Noch-Kultusminister Andreas Stoch (SPD) wird "Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt" neues Leitprinzip an Baden-Württembergs Schulen.
Baden-Württembergs SPD stellt Grün-Schwarz vor vollendete Tatsachen: Kurz vor Auftakt der offiziellen Koalitionsverhandlungen zwischen der Ökopartei und der Union hat der amtierende sozialdemokratische Kultusminister Andreas Stoch den von der CDU heftig kritisierten Bildungsplan unterschrieben. Ein Sprecher des Ministeriums bestätigte am Mittwoch einen entsprechenden Bericht des "Mannheimer Morgen". Die Endfassung soll am kommenden Montag online veröffentlicht werden.
Die im Herbst nach den Sommerferien greifende Neuerung, die nach dem letzten Stand "Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt" erstmals zu einem Leitprinzip erhebt, müsse jetzt in Kraft gesetzt werden, um Lehrern Vorbereitungszeit zu verschaffen, heißt es aus dem Ministerium. Dieser Zeitplan, der ein langes Rückmeldungsverfahren umfasste, sei seit zwei Jahren angekündigt gewesen.
Bereits vor wenigen Wochen hatte das Ministerium die endgültige Vorstellung des Bildungsplans für den jetzigen Zeitraum angekündigt, nachdem die "Demo für alle" kurz vor der Wahl verbreitet hatte, Stoch wolle den Bildungsplan "heimlich" einen Tag vor der Landtagswahl unterzeichnen.
CDU verärgert über den Alleingang der SPD
Die Union zeigte sich erwartungsgemäß verärgert über Stochs Unterschrift. "Uns wäre es lieber gewesen, die Rechtskraft bis nach den Koalitionsverhandlungen auszusetzen", erklärte der CDU-Bildungsexperte Georg Wacker. Dies wäre "eine Geste des politischen Anstandes". Änderungsbedarf sehe er insbesondere bei der Berücksichtigung sexueller Minderheiten im Unterricht.
Erst in der vergangenen Woche hatte die CDU-Landtagsabgeordnete Sabine Kurtz von den Grünen eine entsprechene Überarbeitung des Bildungsplans verlangt (queer.de berichtete). Die Partei hatte in den letzten Jahren immer wieder betont, das Thema sexuelle Vielfalt dürfe keine "übermäßige Bedeutung" im Bildungsplan bekommen.
Das simple Ziel der abgewählten grün-roten Landesregierung, Homo- und Transsexuelle im Unterricht als gleichwertige Menschen darzustellen, hatte in Baden-Württemberg in den vergangenen Jahren zur Diffamierung als "Frühsexualisierung" sowie zu heftigen Protesten geführt. Online wurden fast 200.000 Unterschriften gegen den Bildungsplan gesammelt, bereits siebenmal marschierte die reaktionäre "Demo für alle" in Stuttgart auf.
Als Reaktion auf die homo- und transphobe Bewegung wurden die Pläne mehrfach überarbeitet, 2014 kündigte Kultusminister Stoch sogar eine Verschiebung um ein Jahr an (queer.de berichtete). 2015 stellte der SPD-Politiker schließlich eine "entschärfte" Fassung, die auch Bezug auf das "christliche Menschenbild sowie die staatliche Verfassung mit dem besonderen Schutz von Ehe und Familie" nimmt, zur öffentlichen Diskussion (queer.de berichtete). (mize)
Wow, die SPD hat ja doch noch sowas wie Mut und zieht das knallhart durch. Sehr gut!
Interessant wäre es trotzdem gewesen ob die Grünen sich auf einen Kuhhandel (der von der CDU bestimmt schon geplant war) eingelassen hätten.
Auf jeden Fall eine erfreuliche Nachricht. Gut gemacht!