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In den Maghreb-Staaten droht Homo­sexuellen der Knast – immer wieder gibt es aus den Ländern Berichte über Strafverfahren gegen Schwule und Lesben (Bild: flickr / Jeffrey Schultz / by 2.0)

  • 21. April 2016, 11:00h 61 3 Min.

Die Pläne der Bundesregierung, Algerien, Marokko und Tunesien zu "sicheren Herkunftsstaaten" zu erklären, gefährde die Sicherheit von Schwulen und Lesben aus diesen Ländern.

Der Lesben- und Schwulenverband hat im Vorfeld einer für Montag geplanten Anhörung des Innnenausschusses zur Einstufung von Algerien, Marokko und Tunesien als "sichere Herkunftsstaaten" (PDF) die Haltung der Bundesregierung scharf kritisiert. Die Große Koalition will den drei Ländern das Prädikat "sichere Herkunftsstaaten" verleihen und damit Abschiebungen erleichtern.

In einer dreiseitigen Stellungnahme zum Gesetzentwurf, die queer.de vorliegt, kritisiert Manfred Bruns für den LSVD, dass dabei die Lage von Schwulen und Lesben in diesen Ländern nicht beachtet werde. In allen drei Ländern stehen auf homosexuelle Handlungen mehrjährige Haftstrafen.

Die Neueinstufung der Maghreb-Staaten sei ein "eklatanter Verstoß gegen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für die Qualifizierung von Staaten zu sicheren Herkunftsstaaten". Laut einem Karlsruher Urteil aus dem Jahr 1996 dürften nur Länder diesen Titel erhalten, wenn dort "landesweit für alle Personen- und Bevölkerungsgruppen Sicherheit vor politischer Verfolgung" bestehe. In den Maghreb-Staaten sei die Menschenrechtslage dagegen "prekär", insbesondere für Lesben und Schwule.

Bundesregierung argumentiert "sachlich falsch"

Der LSVD kritisierte auch die vor zwei Wochen vom Bundeskabinett beschlossene Stellungnahme der Bundesregierung, wonach in Algerien, Marokko und Tunesien keine "systematische" Verfolgung von Schwulen und Lesben stattfinde (queer.de berichtete). Diese Darstellung sei "sachlich falsch und durch Berichte über Strafverfolgung von Homosexuellen auch in jüngster Zeit widerlegt".

Zudem sei die Bundesregierung nicht auf dem Stand der Zeit: Sie argumentierte, dass Schwule und Lesben in den betreffenden Ländern nur verfolgt werden würden, wenn sie ihre sexuelle Orientierung "offen" ausleben würden – versteckt lebende Homosexuelle seien laut dieser Argumentation also sicher und hätten kein Anspruch auf Asyl. Diese Argumentation knüpfe allerdings an eine ältere Rechtsprechung an, die nicht mehr gültig sei: Der Europäische Gerichtshof habe bereits im November 2013 festgestellt, dass man von Homosexuellen nicht erwarten könne, ihre sexuelle Identität ständig geheim zu halten (queer.de berichtete).

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Bruns: Schnellverfahren gefährden Leben von Schwulen und Lesben

Für homosexuelle Asylbewerber aus den drei Staaten sei die Einstufung als sicheres Herkunftsland sehr gefährlich, da das Schnellverfahren, das ihnen dann angeboten wird, kaum Schutz biete: Die Überlebensstrategie von Lesben und Schwulen bestehe schließlich darin, "ihre sexuelle Orientierung gegenüber Dritten geheimzuhalten". Daher stelle ein Coming-out vor fremden Behördenmitarbeitern eine "immense Barriere" dar. Ohne Zugang zu fachkundiger Beratung und ausreichendem Rechtsschutz würden sie so "faktisch von einer fairen Prüfung ihrer Asylgründe" ausgeschlossen.

Bruns erinnerte auch daran, dass Deutschland in dieser Frage eine "historische Verantwortung" trage: "In Deutschland fand im Nationalsozialismus eine Homosexuellen-Verfolgung ohnegleichen in der Geschichte statt. Auch in der Bundesrepublik blieb die menschenrechtswidrige Strafverfolgung von Homosexualität noch jahrzehntelang in Kraft."

Zur Frage der sicheren Herkunftsstaaten gibt es auch innerhalb der schwul-lesbischen Parteiorganisationen der Regierungsparteien unterschiedliche Ansichten: Die Lesben und Schwulen in der Union (LSU) unterstützen das Vorhaben, die Maghreb-Staaten als sicher zu erklären (queer.de berichtete). Mehrere Landesverbände der Schwusos stellen sich gegen die Pläne (queer.de berichtete). (dk)

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#1 SebiAnonym
  • 21.04.2016, 13:03h
  • Der LSVD hat natürlich recht, kann sich den Atem aber sparen. Denn bei Union und SPD trifft das auf taube Ohren...
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#2 HeinerAnonym
  • 21.04.2016, 13:17h
  • Es ist bekannt, dass Schwule, Lesben, Bi- und Transsexuelle in diesen Staaten diskriminiert und verfolgt werden und oft genug Opfer von Gewalt werden. Da reden wir über die Politik, die Justiz, die Polizei und den überwältigenden Teil der Gesellschaft.

    Dafür gibt es nicht nur genug Zeugenaussagen, sondern auch ausreichend Bild- und Videobeweise. Ich selbst habe schon die Narben bei einem schwulen Flüchtling aus diesen Staaten gesehen, der gequält wurde, dass er es fast nicht überlebt hätte und dem nur mit viel Glück und einem letzten Fünkchen Hoffnung die Flucht aus diesem Martyrium gelang.

    Auch wenn die körperlichen Narben vielleicht verblassen - die seelischen Narben und die Albträume, die ihn jede Nacht nicht schlafen lassen, wird der ein Leben lang nicht mehr los.

    Wenn Union und SPD jetzt Schwule, Lesben, Bi- und Transsexuelle in diese Staaten zurückschicken, ist das eine Menschenrechtsverletzung, die kein bisschen besser ist, als wenn sie selbst foltern würden.

    Wenn die das durchziehen, sind Merkel, Seehofer, Gabriel, Steinmeier, Maas, Nahles, Schwesig & Co selbst Folterknechte!! Und jeder, der diese Parteien dann noch wählt oder gar Mitglied ist, hat dann auch Blut an seinen Händen.

    Hier geht es nicht um Eheöffnung o.ä., sondern um Menschenleben. Um Leben und Tod - im bittersten Sinn des Wortes. Das dürfen wir nicht durchgehen lassen.
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#3 EU in EchtzeitAnonym

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