Der Kongress wurde aus der Aschaffenburger Stadthalle am Schloss live auf katholischen TV- und Websendern übertragen
Beim Forum Deutscher Katholiken gaben sich wieder fundamentalistische Christen ein homophobes Stelldichein.
Von Norbert Blech
Es war erst im letzten August, dass beim Kongress "Freude am Glauben" in Fulda nicht nur Hedwig von Beverfoerde die Gläubigen zum Kampf gegen LGBT-Rechte mit ihrer "Demo für alle" aufforderte, sondern auch der Schweizer Bischof Vitus Huonder ausgiebig biblische Passagen zur Todesstrafe für Homosexuelle zitierte (queer.de berichtete). Die Schweizer und Deutsche Bischofskonferenz distanzierten sich danach immerhin von den Äußerungen.
Viel Distanz ist nicht übrig geblieben: Neben Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und etlichen Bischöfen schrieb auch Reinhard Kardinal Marx als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ein Grußwort an die Nachfolgekonferenz, die am vergangenen Wochenende in Aschaffenburg stattfand. Oberbügermeister Klaus Herzog (SPD) begrüßte die Besucher mit dem Lob, dass Kirchen die Gesellschaft zusammenhielten. Die Erziehung von Kindern müsse sich an christlichen Werten orientieren.
Wie so etwas aussehen kann, verdeutlichte Alexandra Maria Linder von der "Lebensschutzorganisation" ALfA: Sie gehe in Schulklassen, um vor den "gesundheitlichen Folgen" der Pille oder der "Versagequote" von Verhütungsmitteln zu berichten. Wie Beverfoerde im Vorjahr verwies sie darauf, dass bereits wenige Leserbriefe an Redaktionen zu mehr Berichterstattung im christlichen Sinne führen würden. Ihre gesellschaftliche Utopie: Die Abtreibung ist "abgeschafft", Pro Familia aufgelöst.
"Biblische Wahrheit" statt Gender-"Ideologie"
Das "Forum Deutscher Katholiken" als Veranstalter des Kongresses ist ein reaktionäres Gegenstück zum Zentralrat der Deutschen Katholiken. Ging es im letzten Jahr monothematisch um Ehe und Familie als "gottgewollter Auftrag und Weg zum Glück", stand der Kongress diesmal unter dem offenen Motto "Hoffnung für die Zukunft".
Werner Münch, der ehemalige CDU-Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, setzte sich dafür ein, diese am "Naturrecht", dem "moralischen Gesetz der Schöpfung" festzumachen. Man müsse sich dagegen wehren, wie mit der "Gender-Ideologie" die menschliche Natur umdefinert werde, "alles Ungleiche gleich" gemacht werde.
Münch, inzwischen Schirmherr der Veranstaltung, beklagte wie bei einer Rede im Vorjahr eine "Zerschlagung der Familie" und eine "sexuelle Verführung in Kindergärten und Schulen". Die Bischöfe sollten hierzu einen Hirtenbrief verfassen, anstatt bei Landtagswahlen vor Parteien zu warnen – ohnehin sollte eine solche Warnung Parteien umfassen, die keine christlichen Werte mehr vertreten würden.
Bischöfe und Politiker sollten auch die Angriffe auf Beverfoerde, Birgit Kelle oder Beatrix von Storch kritisieren, meinte Münch. Die Kanzlerin halte bei der "Schmähkritik" des Theaterstücks "Fear" den Mund, verfalle aber bei Erdogan in Kotau (der Islam war bei ihm und anderen Rednern ein großes Nebenthema; das Forum verabschiedete auch eine Resolution, mit der Gläubige aufgerufen werden, "muslimischen Flüchtlingen die Möglichkeit nahezubringen, Christen zu werden").
"Anbiederung an den Zeitgeist macht uns schwächer", gab sich Münch überzeugt. Man fühle sich der "biblischen Wahrheit verpflichtet" und lasse sich "für das Bekenntnis zu Ehe und Familie nicht in die rechte Schmuddelecke drängen".
Die rechte Schmuddelecke
Elmar Nass, Priester und Professor für Christliche Wirtschafts- und Sozialethik, betonte, der "wahre Humanismus ist der christliche Humanismus", um dann über "Gutmenschen" herzuziehen und über Muslime, die sich nicht an die Verfassung hielten. Der Ritter des Ordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem plädierte für ein gewaltsames Vorgehen gegen den Islamischen Staat.

Die "Zensur und Diktatur" der Gender-"Ideologie" dürfe nicht über die Religion gestellt werden, forderte Nass, der "Gender-Lehrstühle" kritisierte, obwohl auch er vom Steuerzahler bezahlt wird. Er kenne homosexuelle Menschen, die "ganz nette Menschen" seien. Aber die Ehe sei durch das Grundgesetz geschützt: "Wenn alles irgendwie Ehe und Familie ist, können wir uns das sparen." Die Kirche müsse "unbequeme Positionen beziehen – auch auf die Gefahr hin, dass starke Lobbyinteressen uns mit Gegenwind drohen." Dann müsse man sich nicht verbiegen, wenn man einmal dem Schöpfer gegenübertrete und Rechenschaft ablege "für die Wahrheit".
Josef Kraus, der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, der schon früher gegen den Bildungsplan im Ländle Stimmung machte (queer.de berichtete), fragte, ob die CDU diesen nun stoppen werde. Die Gender-"Ideologie" sei gegen die von der "Schöpfung vorgesehene Zweigeschlechtichkeit" gerichtet. Er forderte eine "Erziehung zu Toleranz, die dazu führt, dass man nicht alles tolerieren muss", und eine, bei der Werte wie Fleiß und Selbstdisziplin im Vordergrund stehen.
Homophobie Jahr für Jahr
Die "Gender-Ideologie" habe die "Schwächung von Ehe und Familie" und die "Banalisierung von Sexualität" zum Ziel, meinte Manfred Spieker, Professor für Christliche Sozialwissenschaften im Ruhestand und Vertreter des "wissenschaftlichen" Beirats der Homo-"Heiler" vom DIJG. Er hat ein Buch über den "Psycho-Müll" der Gender-"Ideologie" geschrieben und kürzlich erst den "Gender-Kongress" der "Demo für alle" mit Aussagen über die "konstruierte" Diskriminierung Homosexueller unterhalten (queer.de berichtete).

Sexualpädagogen setzten auf übergriffige Methoden und verletzten Schamgefühle, kritisierte Spieker, sie wollten nicht aufklären, sondern unter der "Tarnkappe Antidiskriminierung Akzeptanz für alle Sexualpraktiken" erreichen. Dabei hätten "die Gender-Ideologie und die Zulassung der Homo-Ehe" schwere Folgen für die Gesellschaft.
In den letzten Jahren hatte es immer wieder homophobe Ausfälle beim Kongress "Freude am Glauben" gegeben. 2014 sagte Michael Hageböck, der Leiter einer christlichen Privatschule in Freiburg: "Es ist doch pervers, wenn Kinder beispielsweise angehalten werden, sich in Rollenspielen in die Situation eines Homosexuellen zu versetzen, und sich vorstellen müssen, sich gegenüber ihren Eltern zu outen". 2008 rief eine Resolution zum "Widerstand gegen Gender-Mainstreaming" auf; eine "Propagierung der Homosexualität" wird "kompromisslos" ebenso abgelehnt wie die Gleichstellung schwuler und lesbischer Paare (queer.de berichtete). Das Forum Deutscher Katholiken ist offizieller Bündnispartner der "Demo für alle".