Die gute Nachricht: Viele schwule Männer haben auch ohne Uni-Workshop etwas über die Freuden des Analverkehrs herausgefunden (Bild: Cockyboys)
Der geplante "Workshop für Arschficker_Innen und die, die es vielleicht werden wollen" könne als "Belästigung am Arbeitsplatz" verstanden werden.
Von Micha Schulze
Peinliche Posse an der Universität Köln: Der Studierenden-Ausschuss der Vollversammlung der Humanwissenschaftlichen Fakultät (StAVV) hat am Freitag seinen für den 3. Juni geplanten Analverkehr-Workshop abgesagt. Zuvor hatte das Dekanat nach einem kleinen Medienwirbel eine Stellungnahme zur Veranstaltung angefordert. So hatten nach der Ankündigung auf queer.de auch die rechte Wochenzeitung "Junge Freiheit" und ein Blogger das Thema aufgegriffen und zudem bereits mehrere lokale Medien bei der Universität nachgefragt.
In der Begründung der Absage (PDF) verwies die Studierendenvertretung auf die "gewaltvolle und pornographische Sprache" in der Einladung, die als "verletzend und übergriffig" zurückgemeldet worden sei. Offizieller Titel der Veranstaltung war "Anal verkehren – Workshop für Arschficker_Innen und die, die es vielleicht werden wollen". Diskutiert werden sollte über Fragen wie: "Wie soll denn da was rein passen? Welche Hilfsmittel gibt es? Was gilt es anatomisch zu beachten? Wie sprechen wir über Analverkehr? Und wer fickt hier eigentlich wen?"
Die Studierendenvertretung entschuldigt sich sogar
"Beim Entschluss die Veranstaltung zu unterstützen und zu bewerben wurde die Wirkung der Verwendung von Sprache im Kontext von Sexualität nicht ausreichend reflektiert", heißt es in der Stellungnahme des StAVV, der sich sogar zu einer Entschuldigung genötigt sieht: "Wir möchten uns bei all jenen entschuldigen, die die Ankündigung mit diesem Inhalt und dieser Sprache verletzt hat. Darüber hinaus möchten wir uns auch bei denjenigen entschuldigen, für die diese Ankündigung eine Belästigung am Arbeitsplatz dargestellt haben könnte."
Der Workshop werde außerdem dem "eigentlichen Anliegen nicht gerecht, das Angebot an der Universität zu Köln zu Sexualpädagogik zu bereichern", schreibt die Studierendenvertretung ohne nähere Begründung. "Wir wünschen uns als Bestandteil einer pädagogischen Ausbildung eine positive und inklusive Kommunikation bzgl. Sexualität, die vielfältige Begehrensweisen wertschätzt."
Ein Ziel des von Marco Kammholz konzipierten Seminars für "Erwachsene jeglicher sexueller Orientierungen und aller Geschlechter" war insbesondere, über die gesellschaftliche Tabuisierung des Analverkehrs und ihre Ursachen zu sprechen. So stellte der Referent in der Einladung die Frage, warum "dem Arsch als erogene Zone und Fickgelegenheit immer noch das Tabu, der Schmutz, der Schmerz" anhafte.
Referent nennt Absage "traurig wie tragisch"
Entsprechend zeigte sich Kammholz von der Absage enttäuscht. "Mit der Aufkündigung der Zusammenarbeit seitens des StAVV offenbart sich, traurig wie tragisch zugleich, ein Sexualitätsdiskurs, der vor allem eines ist: moralisierend und repressiv", erklärte er gegenüber queer.de. Sein Workshop sei "ein professionelles Angebot mit Humor, Fachwissen, spielerischen Methoden und der Einladung, miteinander über Sexualität zu sprechen". Zum Vorwurf einer pornographischen Sprache meinte Kammholz: "Unser sexuelles Sprachrepertoire ist unzureichend und ungenau – zudem oftmals peinlich genau darum bemüht, frei von Sexuellem zu sein. Mit dem Begriff der 'Arschficker_In' will ich aufrütteln und auf den Kopf stellen."
Eigentlich ein sehr guter und wichtiger Ansatz insbesondere für angehende Sexualpädagogen, bei dem man sehr viel über Macht, patriarchale Strukturen, Unterdrückung und Homophobie lernen kann. Für den StAVV eine doppelt verpasste Chance: Manch Studierendenvertreter mit Stock im Arsch hätte das Seminar vielleicht zeigen können, wie man sich damit richtig massiert!
Um 20.00 Uhr ergänzt um Stellungnahme von Marco Kammholz
Die Derbheit dieser Ankündigung verletzte bzw. irritierte sicherlich nicht nur Nicht-Arschficker.