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IDAHOT im staatlich anerkannten Erholungsort: In der Gemeinde Hillscheid mit rund 2.500 Einwohnern hisste Ortsbürgermeister Andreas Rath (SPD, links außen) am 17. Mai die Regenbogenfahne (andersrum)

  • 20. Mai 2016, 08:02h 17 4 Min.

Der Ex-CDU-Politiker, der die Abschaffung des Paragrafen 175 bedauerte, kämpft nun gegen bunte Flaggen am Rathaus.

Von Micha Schulze

Das erstmalige Hissen einer Regenbogenfahne am Rathaus der kleinen Gemeinde Hillscheid im Westerwald hat ein juristisches Nachspiel. Der ehemalige CDU-Politiker Sven Heibel reichte am Freitag Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Ortsbürgermeister Andreas Rath (SPD) ein, der am Dienstag zum Internationalen Tag gegen Homo- und Transphobie (IDAHOT) ein Zeichen für Vielfalt und Toleranz setzte.

Das Hissen der "sogenannten 'Homo-Flagge'" durch Rath sei ein "Verstoß gegen geltendes Recht", heißt es in dem Schreiben an die Kommunalaufsicht der Montabaurer Kreisverwaltung, das queer.de vorliegt. An öffentlichen Rathäusern dürften lediglich Europa-, Bundes- oder Landesflaggen sowie Gemeindefahnen gehisst werden, argumentiert Heibel, selbst ehemaliger Ortsbürgermeister im benachbarten Herschbach.

"Gegen die Glorifizierung der Homosexualität"


Sven Heibel, ehemaliger Ortsbürgermeister von Herrschbach, forderte die Wiedereinführung des Paragrafen 175

"Dies ist keine Lappalie, sondern ein himmelschreiender Skandal, dass sich ein Ortsbürgermeister in kurfürstlicher Manier über geltendes Recht hinwegsetzt", empört sich der Ex-CDU-Politiker. Ein Einschreiten der Kommunalaufsicht sei deshalb "ausdrücklich geboten". Die "Eskapaden" von Andreas Rath seien zudem ein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot: "Ein Ortsbürgermeister ist kein Diktator, der in 'seiner' Gemeinde geltendes Recht außer Kraft setzen kann, nur um einigen Minderheiten zu gefallen."

Bereits im Januar hatte Heibel in einem Leserbrief an die "Westerwälder Zeitung" Klagen "durch alle Instanzen" angekündigt, falls Gemeinden einem Aufruf der Westerwälder Jusos folgen würden, zum IDAHOT die Regenbogen­fahne zu hissen (queer.de berichtete). Damals schrieb er: "Ich trete mit aller Entschiedenheit gegen die Glorifizierung der Homosexualität ein. Und das ist auch gut so".

In einem neuen Leserbrief vergreift sich Heibel noch weiter im Ton: "Wer eine Gesinnungsgesetzgebung möchte, ist nichts Besseres, als es die Nazis auch waren. Nämlich ein Verbrecher." Bereits den Aufruf der Jusos hält er für rechtswidrig: "Der staatliche Demokratiebetrieb ist keine Spielwiese für verkappte Linksradikale und Parteiorganisationen, die eigentlich vom Verfassungsschutz überwacht werden müssten."

2014 bedauerte Heibel die Abschaffung des Paragrafen 175

Bereits vor zwei Jahren hatte Sven Heibel für bundesweite Schlagzeilen gesorgt. 2014 hatte der damalige Chef der CDU von Wallmerod in einem Facebook-Post die Abschaffung des Paragrafen 175 bedauert – und damit auch die eigene Partei gegen sich aufgebracht (queer.de berichtete). Noch am selben Abend enthob ihn die regionale Junge Union vom Amt des Beisitzers, CDU-Landeschefin Julia Klöckner verbreitete auf Twitter eine "klare Distanzierung". Heibel gab daraufhin frustriert sein Parteibuch zurück und erklärte: "Auch in der CDU ist die Lobby für Homosexualität größer als das Einstehen für die Meinungsfreiheit, und das in einer christlichen Partei. Das ist ein Armutszeugnis" (queer.de berichtete).

Ortsbürgermeister will Heibel zum Arzt schicken

Hillscheids Ortsbürgermeister Andreas Rath sieht die Dienstaufsichtbeschwerde indes gelassen. Er habe keine Befürchtungen, dass das Hissen der Regenbogen­flagge am Rathaus irgendwelche Konsequenzen haben werde, meinte der SPD-Politiker gegenüber queer.de – und dankte Heibel sogar für die "erhöhte Aufmerksamkeit". Die Reaktion zeige, wie wichtig eine solche Aktion auch im Jahr 2016 noch sei.

"Ich betrachte es als meine Aufgabe, auch in meinem Heimatort dazu beizutragen, dass Menschen – ganz gleich welche sexuelle Orientierung sie haben – in Ruhe miteinander leben können. Denn Hillscheid ist eine tolerante und weltoffene Gemeinde", sagte Rath. "Dieses Statement verbinde ich ganz eng mit dem Hissen der Flagge. Herr Heibel scheint die eigene Orientierung ein wenig verloren zu haben, wenn er dies mit den Methoden der Nazis vergleicht. Für den Fall, dass es ernsthaft seine Meinung ist, sollte er sich weniger im politischen Raum, sondern vielmehr bei einem Facharzt aufhalten."

Gleichwohl lud der Ortsbürgermeister Heibel ein, "seine Vorurteile beim Aufziehen der Regenbogen­flagge vor dem Hillscheider Rathaus am 17. Mai 2017 abzubauen. Denn dann wird die Flagge ganz sicher wieder am Rathaus wehen".

 Update  21.05.: Kommunalaufsicht weist Beschwerde zurück

Das Hissen der Regenbogen­flagge an Rathäusern im Westerwald war laut Kreisverwaltung zulässig. Nach einem Bericht der "Rhein-Zeitung" sieht die Kommunalaufsicht der Behörde darin keinen Verstoß gegen geltende Gesetze und wird nicht gegen den Hillscheider Bürgermeister Andreas Rath sowie Kollegen vorgehen, die sich an der Aktion beteiligt haben.

#1 BarnyAnonym
  • 20.05.2016, 09:34h
  • Lieber Sven Heibel,

    ich muss gestehen, ich bin kein Fan von ihnen und ihrer politischen Anschauung. Ich kenne Sie nicht einmal. Eigentlich fallen Sie mir nur Ihrer Äußerungen wegen auf, die ich mehr als nur peinlich und rückständig finde. Sie als "Mann, der auf demokratische Politik machen will", haben es natürlich extrem schwer. Manchmal hilft es, die Perspektive zu wechseln. Lassen Sie uns das also einmal anders aufrollen. Ich möchte Sie einladen, homosexuell zu werden, und Sie dahingehend bei Ihrer Transformation unterstützen, indem ich Ihnen von den Freuden der Diskriminierung im echten Leben berichte.

    Natürlich sind Sie als homosexueller Jugendlicher bereits privilegiert aufgewachsen und geboren worden. Wahrscheinlich haben Sie es sich sogar ausgesucht. Deswegen fühlen sich heterosexuelle Jungs und auch oft Mädchen in ihrem Revierverhalten bedroht. Sie nennen Sie sicher nicht "Schwuchtel" oder "Tunte". Und wenn sie es denn täten, würde es Sie gar nicht verwirren. Sie sind ja schließlich von Anfang an ein offen lebender Homosexueller.

    Niemals verstellen

    Verstecken müssen Sie sich nicht, niemals verstellen. Das ist ja heute gar nicht nötig. Im Turnunterricht akzeptieren Sie auch alle so, wie sie sind; Sie müssen sich nie auf der Behindertentoilette umziehen. Es ist auch kein Problem, wenn Sie ein bisschen femininer sind; Sie werden immer in jedes Team gewählt und meist als Erster. Auch wenn Sie dann gewählt werden, nennt Sie keiner "Tucke". Und die Suizidraten unter LGBT-Teenagern (Anm.: Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender), wo sich 13-Jährige die Waffe an die Schläfe halten: sicherlich unwahr.

    So wie Ihr Umfeld in der Schule von Ihrer Privilegierung früh erfahren hat, wissen das auch Ihre Eltern. Nie würden sie auf die Idee kommen, Sie als ekelhaft zu bezeichnen, weil Sie Männer lieben.

    Keine Rechtfertigungen

    Es würde auch garantiert niemals passieren, dass Sie sich wünschten, Sie gehörten eben zu diesen "Männer", die "Frauen" mögen, nur um von Ihren Eltern akzeptiert zu werden. Lügen müssen Sie nie bei der Frage, mit wem Sie sich treffen, nicht einmal rechtfertigen müssen Sie sich. Ein Doppelleben völlig ausgeschlossen. Ihre Eltern stehen immer zu Ihnen und werfen Sie auch sicherlich nicht aus Ihrem Zuhause.

    Sicher keine Alltagshomophobie

    Selbstverständlich finden Sie ganz leicht einen Partner, weil die ja auch alle geoutet sind und niemand sich verstecken muss. Im Prinzip reicht es, wenn Sie einen x-beliebigen Mann in der Öffentlichkeit ansprechen. Er wird sicher entweder schwul sein oder sich total geschmeichelt fühlen. Da kommt sicher kein dämlicher Kommentar oder gar so etwas wie Alltagshomophobie hoch.

    Im Alltag haben es Homosexuelle auch leicht. Im Büro lebt man offen, die Arbeitskollegen kennen Ihren Partner vielleicht sogar schon. Da werden Sie nie blöd angemacht. Und weil Sie so viele Privilegien haben, wollen Sie auch was Gutes tun. Blutspenden etwa. Niemand denkt, dass Sie als Homosexueller ohnehin von Haus aus HIV+ sind, und Ihre Blutspende wird freundlich akzeptiert.

    Kuss in der Öffentlichkeit kein Problem

    Wenn Sie dann einmal einen Partner haben, ist auch alles ganz einfach. Ein Kuss auf die Wange in der Öffentlichkeit oder gar Händchenhalten ist gar kein Problem. Niemand wird Ihnen etwa verwirrt oder angeekelt hinterherglotzen, Sie anbrüllen und Sätze wie "Dreckige Homos, tut das daheim" rufen oder gar mit Gewalt und Bibelversen drohen. Eine Wohnungssuche gestaltet sich auch nicht schwierig. Dann zieht eben ein schwules Paar ein, kein "Mannl" und "Frau".

    Was eine gute Liebe ist

    Und dann. Endlich. Endlich kommt der große Tag. Sie möchten heiraten und eine Familie gründen. Natürlich dürfen Sie das ohne Vorbehalte in Deutschland. Ist ja nicht so, dass der Staat sagt, was eine gute Familie ist oder was eine gute Liebe ist. Im Ehe- und Familienrecht ist man sicher nicht Bürger zweiter Klasse. Und wenn Sie dann einmal verheiratet sind und auch Kinder von der Leihmutter bekommen haben, wird alles noch besser. Anhand Ihres Doppelnamens merkt niemand, dass Sie schwul sind. Und wenn Sie, mit Ihrem Doppelnamen zum Arzt, einer Behörde etc. gehen, weiß man das nicht und sieht Sie nicht schief an. Alles läuft gut für Sie. Von den Kindern brauche ich erst gar nicht zu sprechen. Die werden genauso akzeptiert wie Sie. Dann haben die eben zwei Papas. Und?

    Nun mal im Ernst

    Aber nun mal im Ernst diese Geschichte wenn Sie sie umdrehen natürlich habe ich teilweise erlebt und teilweise in meinem Bekanntenkreis mitbekommen. Sie zeugt vom Umgang mit Homosexuellen in Deutschland und das ist kein guter. Als heterosexueller Mann ist man immer noch im Vorteil und nur weil dieses Machtgefüge vielleicht gerade ein wenig erschüttert wird und sich infolgedessen ein wenig verändert, braucht das noch lange kein Unbehagen auszulösen. Unbehagen braucht es erst auszulösen, wenn ein echtes Erdbeben kommt und sich alles ins Gegenteil verkehren würde und Homosexuelle Jagd auf Heteros machen würden. Umgekehrt ist das z. B. in Russland gerade der Fall.

    Genau deswegen wird am 17.5 der Internationalen Tag gegen Homo- und Transphobie (IDAHOT) gedacht, was Sie aber als ewig Gestriger mit verstaubten Ansichten nicht verstehen. Ich komme immer mehr zu dem Schluss, dass Sie fachärztliche Hilfe brauchen.
    Der Gemeinde Hillscheid mit ihrem Ortsbürgermeister Andreas Rath gilt mein Respekt und höchste Anerkennung.

    Barny aus dem Taunus
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#2 SebiAnonym
  • 20.05.2016, 09:57h
  • Manche Leute können es einfach nicht ertragen, dass die Welt nicht stehen bleibt und dass sich nicht die gesamte Menschheit nach ihrer Meinung richtet...
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#3 FreeyourgenderProfil
  • 20.05.2016, 10:13hBamberg
  • Wenn sich ein Mensch gestört fühlt,
    weil ein Rathaus mit einer Fahne an einen internationlen Gedenktag erinnert,
    an Menschen erinnert,
    die nicht unterdrückt werden dürfen,
    damit an eine Gesellschaft appelliert,
    Menschen ohne Vorurteile und im Zeichen
    von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit,
    eine Errungenschaft der franz. Revolution,
    behandelt werden sollen,
    also eine Gesellschaft einfordert,
    die frei und liberal agiert,
    sollte sich die Frage gefallen lassen,
    ob dieser Mensch
    eher Unterdrückung, Despotismus
    und Ungerechtigkeiten favorisiert,
    und dafür immer ein passendes
    Alibi zur Verfügung hat,
    und wenn keines mehr da ist,
    heisst dieses Alibi: Meinung.

    Nicht überraschen,
    dass Andreas Rath von der SPD ist,
    so eine Aktion würde ich mir liebend gerne von einem CDU oder CSU Bürgermeister wünschen, aber anscheinend sind diese zu christlich ?
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