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Politik auf Kosten von Minderheiten
Rechtsruck in Polen: Regierung schürt Gewalt gegen LGBT

Beliebtes Plakatmotiv gegen Schwule in Polen, hier bei einer Demonstration in Krakau
- 22. Mai 2016, 09:26h 4 Min.
Für den Angriff auf den "Marsch für Gleichberechtigung" in Danzig trägt die national-konservative Regierung eine Mitschuld. Eine erschütternde Bilanz nach sechs Monaten im Amt.
Von Annika Kreusch
Attacken auf Pressefreiheit, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und das Verfassungsgericht – das ist die Bilanz der neuen national-konservativen Regierung nach nur einem halben Jahr im Amt. Die streng katholische Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) unter Regierungschefin Beata Szydlo hatte im vergangenen Oktober mit knapp 40 Prozent als erste polnische Partei seit 1989 die absolute Mehrheit im Parlament erzielt.
Bereits wenige Wochen nach dem Regierungswechsel wurden im Schnellverfahren verschiedene umstrittene Gesetze verabschiedet, unter anderem eine Polizeireform, die den Behörden mehr Datenerfassung ermöglicht, eine Reform des Verfassungsgerichts, die vom Verfassungsgericht selber im März für verfassungswidrig erklärt wurde, sowie ein neues Mediengesetz, das der Regierung die Entscheidung über Personalfragen in den öffentlichen Medien einräumt. Öffentlich-rechtliche Sender stehen seitdem unter noch mehr staatlichem Einfluss.
Auch was ihre homophobe Gesinnung angeht, ist die Hemmschwelle der PiS seit dem Machtwechsel weiter gesunken. Neben vermehrten Herabwürdigungen von Homo- und Transsexuellen in öffentlichen Statements blockierte die neue Regierung als eine der ersten Amtshandlungen zusammen mit Ungarn eine EU-Vereinbarung zum Abbau bürokratischer Hürden für im Ausland lebende verheiratete und verpartnerte Paare. Der einzige Grund: Diese würde auch für gleichgeschlechtliche Paare gelten (queer.de berichtete).
Clip mit Regenbogenfamilie aus dem Verkehr gezogen

Regenbogenflaggen bei Großprotesten gegen die Regierung, hier Anfang des Jahres bei Kundgebungen in Posen und Breslau gegen das neue Mediengesetz
Parallel wurde ein Werbespot zur Sensibilisierung für Mülltrennung, in dem mit etwas Phantasie eine Regenbogenfamilie mit zwei Vätern und Sohn angedeutet wurde, von der Regierung aus dem Verkehr gezogen. Der Clip war noch unter der Vorgängerregierung produziert worden. Das Ministerium erklärte in ihrem offiziellen Statement: "Wir sind nicht damit einverstanden, dass die Genderideologie mit öffentlichem Geld propagiert wird, das für die ökologische Bildung vorgesehen war."
Unter der PiS-Regierung haben es polnische LGBT-Organisationen noch schwerer als zuvor: "Fördermittel, die in den vergangenen Jahren für Antidiskriminierungsarbeit vorgesehen waren, werden von nun an komplett gestrichen", berichtet Yga Kostrzewa von Lambda Warszawa gegenüber queer.de. "Auch die Regenbogenfahne am Haus mussten wir mittlerweile entfernen. Wir haben kein gutes Verhältnis zur neuen Regierung. Unsere Existenz hängt stark von unterstützenden Organisationen aus dem Ausland wie zum Beispiel All Out ab."
Allerdings werden auch die kritischen Stimmen in Polen immer lauter. Das erst im November gegründete Komitee zur Verteidigung der Demokratie (KOD) organisiert seit Dezember regelmäßig Protestmärsche. Erst am 7. Mai gingen in Warschau über 200.000 Menschen auf die Straße, auch für LGBT-Rechte. Das entspricht der größten Demonstration in Polen seit 1989.
"Die Veranstaltungen der KOD sind überparteilich. Es geht ausschließlich darum, die Demokratie und die Freiheit in Polen zu verteidigen", so Piotr Godzisz von Lambda Warszawa. "Das Spektakuläre an der Bewegung ist, dass die verschiedensten Menschen gemeinsam demonstrieren. Im Umfeld von Regenbogen-Fahnen findet man Bürger, die möglicherweise nie zuvor in der Nähe von LGBT-Gruppen marschiert sind oder je darüber nachgedacht hätten, LGBT-Rechte zu unterstützen. Für viele von ihnen ist es überhaupt das erste Mal, dass sie auf die Straße gehen."
Noch nicht einmal eingetragene Partnerschaften
Für queere Menschen in Polen, die auch unter der bürgerlichen Vorgängerregierung von Donald Tusk kaum Rechte hatten, zumindest ein kleiner Lichtblick. Gesetzentwürfe zur Einführung eingetragener Lebenspartnerschaften scheiterten in den vergangenen Jahren mehrfach im Parlament. "Formal gibt es in Polen lediglich ein Antidiskriminierungsgesetz, das auch für die sexuelle Orientierung gilt, aber die Realität ist, dass vor allem jenseits der großen Städte in den meisten Fällen darüber hinweg gesehen wird", sagt Piotr Godzisz. "Auch eine Erfassung der Hassverbrechen aufgrund der sexuellen Orientierung ist nur schwer möglich, da das polnische Strafrecht dieses gar nicht vorsieht."
Nicht nur in der Politik, auch in der Gesellschaft haben polnische LGBT mit Gegenwind zu kämpfen. Im Jahr 2013 waren laut einer Studie des Meinungsforschungsinstituts CBOS rund 60 Prozent der Bevölkerung gegen eingetragene Partnerschaften für homosexuelle Paare – immerhin fünf Prozentpunkte weniger als zwei Jahre zuvor.
Die große Gefahr heute ist, dass sich die politische Ausgrenzung von LGBT und anderen Minderheiten zu einer von oben diktierten Staatsdoktrin entwickelt, die den Mob auf der Straße weiter mobilisiert. So wurden seit dem Regierungswechsel im Warschauer Büro der "Kampagne gegen Homophobie" mehrfach die Scheiben eingeworfen – die Polizei empfahl ihr daraufhin lediglich einen Umzug (queer.de berichtete).
Bisheriger Tiefpunkt der neuen homophoben Stimmung in Polen ist der Angriff von Nationalisten und Hooligans auf den "Marsch für Gleichberechtigung" am Samstag in Danzig. Es gab zum Glück keine Verletzten, die Teilnehmer wurden von der Polizei geschützt (queer.de berichtete). Eine Selbstverständlichkeit, von der jedoch nicht wenige Demonstranten überrascht waren.















Und sowas ist in der EU?!
Weg mit solchen Ländern!!!!