Die höchsten EU-Richter werden entscheiden, ob die Kirchen weiter auf ihrem Sonderarbeitsrecht bestehen dürfen (Bild: Cédric Puisney / flickr / by-nd 2.0)
Dürfen kirchliche Arbeitgeber in Deutschland Homosexuelle, Andersgläubige oder Wiederverheiratete diskriminieren? Diese Frage beschäftigt nun das Luxemburger EU-Gericht.
Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hat beim Europäischen Gerichtshof angefragt, ob Ausnahmeregelungen beim Diskriminierungsschutz im deutschen Kirchenarbeitsrecht gegen EU-Recht verstoßen. In der kürzlich bekannt gegebenen Entscheidung vom 17. März (8 AZR 501/14) geht es konkret um die Klage einer konfessionslosen Frau, die nicht zu einem Vorstellungsgespräch beim "Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung" eingeladen wurde.
Der Fall ist neben Konfessionslosen auch für Andersgläubige, Homosexuelle und Wiederverheiratete interessant. Sie können sich nach deutschem Kirchenarbeitsrecht nicht auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz berufen und dürfen damit offen diskriminiert werden. Das betrifft nicht nur verkündendes Personal, sondern alle 1,3 Millionen Kirchenjobs, sogar wenn sie zu einem Großteil mit öffentlichen Geldern finanziert werden – etwa bei der Caritas oder in Krankenhäusern in kirchlicher Trägerschaft. In der Vergangenheit feuerte beispielsweise ein katholischer Kindergarten eine Putzfrau, weil sie sich mit einer Frau verpartnert hatte (queer.de berichtete).
9.800 Euro Entschädigung gefordert
Im vorliegenden Fall hatte sich die konfessionslose Frau als "Referentin für Antirassismus" beworben. In der Ausschreibung hatte es geheißen, dass die Mitgliedschaft in der evangelischen Kirche Voraussetzung für die Anstellung sei. Die Frau verlangt deshalb eine Entschädigung in Höhe von mindestens 9.800 Euro.
In erster Instanz hatte sich herausgestellt, dass die Klägerin qualifizierter war als der evangelische Bewerber, der letztlich eingestellt wurde. Das Arbeitsgericht Berlin sprach ihr deshalb im Dezember 2013 Schadensersatz zu. Ein halbes Jahr später hob das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg diese Entscheidung aber wieder auf – und berief sich auf geltendes Recht, wonach es kirchlichen Unternehmen erlaubt sei, Menschen bei der Einstellung wegen ihrer Religionszugehörigkeit diskriminieren zu dürfen.
Es wird voraussichtlich ein Jahr dauern, bis der Europäische Gerichtshof seine Entscheidung vorlegt. Der Luxemburger Gericht muss überprüfen, ob die EU-Antidiskriminierungsrichtlinie aus dem Jahr 2000 auch auf kirchliche Unternehmen angewandt werden muss.
Das Bundesverfassungsgericht hatte 2014 mit den Ausnahmeregelungen im kirchlichen Arbeitsrecht kein Problem: Damals entschied Karlsruhe, dass die katholische Kirche "Sündern" – in diesem Fall einem Chefarzt, der erneut geheiratet hatte – kündigen darf, auch wenn ihre Arbeit aus dem allgemeinen Steueraufkommen finanziert wird (queer.de berichtete).
Im letzten Jahr liberalisierte die katholische Kirche zwar ihr Arbeitsrecht, beharrt aber weiter auf dem Recht, Schwule und Lesben feuern zu dürfen (queer.de berichtete). Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat vor einem halben Jahr gefordert, das kirchliche Arbeitsrecht zu reformieren (queer.de berichtete). (dk)
Wenn der Europäische Gerichtshof sich an EU-Recht und diese Charta hält, kann er eigentlich gar nicht anders, als die Diskriminierung von Homosexuellen, Wiederverheirateten, etc. im kirchlichen Arbeitsrecht zu verbieten.
Aber die Kirche wird jetzt ihre gesamt Macht einsetzen und vor keinem juristischen Winkelzug und keiner Faktenverdrehung zurückschrecken, um das zu verhindern.
Jetzt wird sich zeigen, wie unabhängig die Justiz wirklich ist und wie glaubwürdig die EU ist. Wenn in der EU nicht mal die eigene Grundrechte-Charta gilt, hat diese EU nur noch den Niedergang verloren...