Derartige Präventionsposter müssen nach Ansicht der AfD-Nachwuchsorganisation verboten werden (Bild: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung)
Die deutsche HIV-Prävention gehört international zu den erfolgreichsten. Damit soll nach dem Willen der AfD-Jugend jetzt Schluss sein: Sie hält die Kampagne "Liebesleben" für pornografisch.
Sören Hauptstein, der Chef der AfD-Jugendorganisation "Junge Alternative" Niedersachsen, hat eigenen Angaben zufolge eine Strafanzeige gegen die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gestellt, weil sie jugendgefährdende "Sex-Plakate" aufhängen lasse. Anlass ist die neue HIV-Präventionskampagne "Liebesleben".
Die Kampagne war Anfang Mai von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) vorgestellt worden (queer.de berichtete). Ziel ist es, mit Cartoon-Figuren "humorvoll, verständlich und plakativ" die Präventions-Kernbotschaften unters Volk zu bringen. Sie lauten: "Benutz Kondome" und "Wenn was nicht stimmt, ab zum Arzt".
Die "obszönen Sex-Zeichnungen" haben nach Meinung des Landesvorstands der AfD-Nachwuchsorganisation aber einen ganz anderen Hintergrund. Die Nachwuchspopulisten mutmaßen in einer Pressemitteilung, "dass Gender-Ideologen die Aufklärungsarbeit nur als Deckmantel benutzen, um ihren Traum von einer frühsexualisierten, multisexuellen 'Gesellschaft der Vielfalt' zu verwirklichen".
Dieses Zitat deutet an, dass sich die Jung-AfDler offenbar auch daran stören, dass ein Plakat ein schwules Paar zeigt. In der Pressemitteilung betonen sie selbst, dass "hetero- und homosexuelle Cartoon-Figuren" genutzt werden. Eltern würden ihres Erziehungsrechtes beraubt, wenn ihre Kinder mit den "staatlich verordneten Sex-Plakaten konfrontiert" werden, heißt es weiter.
Die niedersächsische "Junge Alternative" ist bereits ein alter Bekannter, wenn es um den Kampf gegen die vermeintliche "Gender-Ideologie" geht: Die Jugendorganisation hatte im letzten Jahr zusammen mit der Landespartei an einer 45-minütigen Anti-Bildungsplan-Dokumentation auf Youtube mitgewirkt und betreibt auch eine Facebook-Seite im Stil der "Demo für alle" (queer.de berichtete).
"Jungs, holt Euch mal in Ruhe einen runter"
In der Community stieß die Strafanzeige durch die Rechtspopulisten auf Spott. So rieten die Veranstalter des CSD Hamburg der AfD-Jugend auf ihrer Facebook-Seite: "Jungs, holt Euch mal in Ruhe einen runter – das beruhigt die Nerven".
Die deutsche HIV-Prävention steht bereits seit dem Beginn von Präventionskampagnen wie "Gib Aids keine Chance" im Jahr 1987 in der Kritik. Damals wurde die Aufklärungsarbeit etwa von der katholischen Kirche angegriffen, die statt plakatierten Kondomen lieber Werbung für Enthaltsamkeit gesehen hätte.
Dass die Bundeszentrale für die Nutzung von Kondomen wirbt, ist auch direkt von AfD-Politikern kritisiert worden. So hatte sich die Europapolitikerin Beatrix von Storch in der Vergangenheit gegen Kondom-Kampagnen ausgesprochen und als Ersatz geraten: "Schützt euch, indem ihr enthaltsam seid".
Auch die Organisatorin der "Demo für alle", Hedwig von Beverfoerde, meinte, die BzgA habe mit der Vorgängerkampagne "Mach's mit" vor allem für "schrankenlose Promiskuität bei Jung und Alt" geworben: "Die Befriedigung des Geschlechtstriebs wird als ebenso zwingend notwendig dargestellt wie Essen und Trinken."
In der Realität führte die Präventionsarbeit letztlich aber dazu, dass die Zahl der HIV-Neuinfektionen in Deutschland noch heute sehr viel niedriger ist als in den meisten anderen europäischen Ländern. (dk)