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Susanne Eisenmann will den derzeitigen Bildungsplan umsetzen (Bild: Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg)

  • 31. Mai 2016, 09:29h 24 4 Min.

Susanne Eisenmann (CDU) meinte gegenüber der dpa, sie könne in den Lehrplänen keine "Sexualisierung der Kinder" erkennen.

Die neue Kultusministerin in Baden-Württemberg, Susanne Eisenmann (CDU), hat den Bildungsplan der früheren grün-roten Landesregierung verteidigt. "Der Kernvorwurf war ja, dass der Bildungsplan zur Sexualisierung der Kinder beiträgt. Das kann ich Stand heute nicht erkennen", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart.

Erst Ende März hatte Eisenmanns Vorgänger Andreas Stoch den Bildungsplan nach jahrelangen Debatten unterschrieben (queer.de berichtete), mit dem nächsten Schuljahr nach den Sommerferien wird er erstmals flächendeckend in der Praxis angewendet.

Das im Bildungsplan enthaltene Vorhaben, eine bisher vernachlässigte angemessene Aufklärung über LGBT zu bieten und für Akzeptanz zu werben, hatte nach verzerrenden Medienberichten und gezielter Desinformation durch reaktionäre Aktivisten zu einem Aufschrei im Ländle geführt, an dem sich auch die CDU beteiligt hatte.

Ein Bildungsplan mit Geschichte


Der frühere Bildungsminister Andreas Stoch (SPD) hatte das Ziel, über LGBT aufzuklären, in Talkshows, Reden und Interviews engagiert verteidigt, wirkte aber gegenüber einer Welle aus Desinformation und geschürtem Protest hilflos

Zunächst hatte zum Jahreswechsel 2013/2014 ein evangelikaler Lehrer mit einer homophob begründeten Petition gegen einen "Bildungsplan unter der Ideologie des Regenbogens" fast 200.000 Unterschriften gesammelt (queer.de berichtete). Darin wurde eine angeblich geplante "Umerziehung" und "Werbung" für Homosexualität beklagt.

Durch den überraschenden Erfolg der Petition beflügelt, folgten bald die ersten Demonstrationen gegen den Bildungsplan, zunächst von den "Besorgten Eltern", dann professioneller organisiert von der "Demo für alle" aus dem Haus der AfD-Politikerin Beatrix von Storch. Seitdem versammelten sich alle paar Monate Gegner von LGBT-Rechten auf Stuttgarts Straßen, die sich zunehmend auch gegen Themen wie die "Ehe für alle" richteten und zugleich angebliche Auswüche einer "Sexualpädagogik der Vielfalt" und allerlei Horrormärchen mit der geplanten Aufklärung über LGBT im Bildungsplan verknüpften.

Obwohl die Bewegung nie mehr als 5.000 Menschen versammelte, bestimmte sie die mediale Debatte zum Bildungsplan gerade in regionalen Medien. Nachdem sich die Gegenbewegung auf Vorentwürfe und speziell den Begriff "sexuelle Vielfalt" gestürzt hatte, hatte die Landesregierung eine Überarbeitung und Verschiebung des Plans um ein Jahr angekündigt (queer.de berichtete).

LGBT-Fragen sind nun Teil des Leitprinzips "Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt", das sich in vielen Unterpunkten wiederfindet. Die für eine öffentliche Debatte ins Netz gestellten Detailpläne, die ein Gerede über "Frühsexualiserung" & Co. absurd führten, hatten zu keinem Abklang der Proteste und Fehlinformationen geführt.

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Richtungswechsel der CDU?


"Kein Shades of Grey im Unterricht" – irreführendes Plakat der Schülerunion am Rande einer "Demo für alle" (Bild: Guido Klein)

Neben Politikern der AFD und christlich-fundamentalistischen Aktivisten hatten sich auch CDU-Politiker bis zuletzt an der "Demo für alle" und an der Stimmungsmache gegen den Bildungsplan beteiligt. Im Wahlkampf hatte die CDU alle Wahlprüfsteine der "Demo für alle" unterschrieben und sich so etwa gegen eine Erziehung gestellt, die "einer Verwirrung der Geschlechts­identität Vorschub leistet". Spitzenkandidat Guido Wolf, der sich im letzten Jahr mit den Organisatoren der "Demo für alle" getroffen hatte, sprach sich gegen die "bedingungslose Akzeptanz und Unterstützung jeglicher Lebensformen und sexueller Ausrichtungen" aus und meinte, Kinder dürften keine "Versuchskaninchen" sein (queer.de berichtete).

Dass die Grünen dem neuen Koalitionspartner das Bildungsministerium überließen (und Wolf das Justizministerium), entsetzte daher viele LGBT-Aktivisten ebenso wie der zu Homo- und Transfragen enttäuschende Koalitionsvertrag (queer.de berichtete). Zum Bildungsplan hielt er fest, dass man die Umsetzung "eng begleiten" werde: "Das Instrument der Leitperspektiven werden wir auf seine Umsetzbarkeit und Praxistauglichkeit hin überprüfen."

Der dpa sagte Eisenmann, dass man den Bildungsplan nach einer gewissen Zeit überpüfen und sich den Vorwurf einer Frühsexualisierung genauer ansehen werde. "Sexualisierung ist sicher ein Thema, da verstehe ich die Eltern." Aber sie halte nicht die Schule für den Auslöser, sondern die Medien. "Und das wird für die Schule alleine nicht beherrschbar sein. Das ist ein klassisches Beispiel dafür, wo es nicht ohne Eltern geht."

Die 51-jährige geborene Stuttgarterin war zwischen 1991 und 2005 Büroleiterin des CDU-Abgeordneten und Ministerpräsidenten Günther Oettinger. Seitdem arbeitete sie als Bürgermeisterin für Kultur, Bildung und Sport der Landeshauptstadt Stuttgart. Aus dieser Zeit wurden keine positiven oder negativen Äußerungen zum Bildungsplan bekannt. Bereits vor wenigen Tagen sagte sie aber der "Stuttgarter Zeitung": "Der Bildungsplan ist da. Er wird eingeführt. Daran gibt es keinen Zweifel." (nb)

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#1 SebiAnonym
  • 31.05.2016, 12:56h
  • Aha, die Grünen schaffen also das, was laut SPD angeblich nicht möglich ist: dass die CDU sich GLBTI-Themen nicht mehr versperrt.

    Es ist also durchaus möglich. Wenn man wie die Grünen darum kämpft und nicht wie die SPD dieses Thema ohne jedes Bemühen bereitwillig aufgibt.
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#2 LucaAnonym
  • 31.05.2016, 13:04h

  • Jeder, der nicht nur nachplappert, was irgendwelche Fanatiker sich in ihrem Wahn zusammenphantasieren, sondern der sich das mal konkret anguckt, wird sehr schnell erkennen, dass alles sinnvoll und jeweils altersgerecht ist.
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#3 Kann sie jaAnonym
  • 31.05.2016, 13:16h
  • Steht sowieso kaum noch etwas Verbindliches und Konkretes in Sachen Schwule, Lesben, Trans* und Inter drin.

    Von proaktivem, nachprüfbarem Schutz vor allgegenwärtiger (mindestens) verbaler und psychischer Gewalt ganz zu schweigen. Dieser wäre in einem kaputtgesparten Bildungssystem, das kaum Raum lässt für individuelle Entfaltung und Förderung und im Wesentlichen auf die Bedürfnisse der dominierenden Wirtschaftsinteressen abgestimmt ist, zu Lasten junger Menschen und der Lehrer_innen, auch nicht umsetzbar.

    Homophobie ist, gerade auch dank massenmedialer Dauerbeschallung und -indoktrination mit (hetero-) sexistischen Rollenzwängen und des generell immer größeren Leistungs-, Konkurrenz- und damit auch Konformitätsdrucks (auch Abstiegs- und Existenzängste vieler Eltern übertragen sich hier von Anfang an auf die Kinder), heute schon unter Vorpubertierenden zwanghafter Bestandteil jeder Interaktion. Und die herrschenden Geschäftsmodelle wollen das durchaus gezielt so, damit die Untertanen von kleinauf markt- und verwertungskonform leisten, funktionieren, konkurrieren und konsumieren.

    "Die Sexualisierung der Kinder" ist somit eine soziale Realität und Tatsache, der bereits in Kindergarten und Grundschule Rechnung getragen werden muss - gegen Sexismus, Homo- und Transphobie!

    Sich dabei auf bürgerliche Bildungspläne zu verlassen, die in einem Bildungswesen stattfinden, in denen Kinder und Jugendliche nach sozialer (familiärer) Herkunft gespalten, aussortiert und gerade junge Menschen aus benachteiligten sozialen Schichten sowie z. B. Kinder von Alleinerziehenden massiv benachteiligt werden, kann für die LGBTIQ*-Community allerdings keine Perspektive sein. Sie muss selbst die Sichtbarkeit von schwuler und lesbischer Liebe, Lust, Sexualität, Freundschaft, Partnerschaft sowie diejenige von Trans- und Intermenschen in allen Bereichen und allen Räumen in organisierter (!) Form (da individuell weiterhin ganz klar eine Praxis des sich "Zurückhaltens" dominiert) massiv vorantreiben, ohne um die Erlaubnis des besorgten homophoben und faschistoiden Mobs zu betteln, der nur die Steigerung dessen ist, was der bürgerliche Staat mit seiner reaktionären Sexual- und Familienideologie und Diskriminierungspolitik gegenüber allen von der bürgerlichen Ehe und Familie "abweichenden" Lebensweisen und der Spaltung der Lohnabhängigen entlang dieser Linien im Interesse der herrschenden Klasse überall selbst zementiert.

    Letztlich wird die Community daher nicht umhinkommen, sich mit der Tatsache auseinanderzusetzen, dass in dieser Gesellschaft eine kleine Minderheit auf Basis ihrer Profitinteressen bestimmt, was und wie produziert wird, welche (Vor-) Bilder verbreitet und propagiert werden und wie die überwältigende Mehrheit der Menschen, untertanengerecht, zu leben hat, damit diese Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnisse (Klassenverhältnisse) so aufrechterhalten bleiben, wie sie sind. Ohne grundsätzliche gesellschaftliche Veränderung wird den aggressiven Sexismen und gerade den Abhängigkeits- und Autoritätsverhältnissen (siehe z. B. homophobe "besorgte Eltern") im Rahmen der bürgerlichen Familie, die ganz bestimmten materiellen Interessen dienen, sowie Homo-, Trans- und Interphobie niemals die Grundlage zu entziehen sein. Das gilt umso mehr in globalen Krisenzeiten mit immer brutaleren sozialen Verwerfungen - ein Krisensystem, in deren Rahmen immer mehr Produktivität der arbeitenden Bevölkerung und immer mehr von ihr geschaffener Reichtum nur in den Taschen der herrschenden Wirtschaftsgruppen und der Milliardäre landet und die glorifizierte bürgerliche Familie die sozialen Folgen auffangen soll. Keine sexuelle Befreiung ohne soziale Revolution, keine soziale Revolution ohne sexuelle Befreiung!
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