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Individualisierung
US-Studie: Zahl der Bisexuellen steigt stark an

Die Flagge der Bisexuellen, die 1998 von Michael Page kreiert wurde: Blau steht für Heterosexualität, Pink für Homosexualität und Lila (die Mischung aus Blau und Pink) für Bisexualität (Bild: flickr / Peter Salanki / by 2.0)
- 7. Juni 2016, 16:11h 3 Min.
Mit der steigenden Akzeptanz von gleichgeschlechtlicher Liebe messen amerikanische Wissenschaftler einen steilen Anstieg von Menschen, die Sex mit Männern und Frauen haben.
In den Vereinigten Staaten hat sich laut einer neuen Studie die Zahl der gleichgeschlechtlichen Begegnungen in den letzten Jahrzehnten mehr als verdoppelt. Wissenschaftler unter Führung der Psychologie-Professorin Jean M. Twenge von der staatlichen Universität von San Diego haben in einer vergangene Woche im Fachmagazin "Archives of Sexual Behavior" veröffentlichten Studie errechnet, dass die Zahl der Männer, die mindestens einen gleichgeschlechtlichen Partner hatten, von 1990 bis 2014 von 4,5 auf 8,2 Prozent gestiegen ist. Bei Frauen, die mindestens eine Sex-Partnerin hatten, war der Anstieg noch deutlicher: von 3,6 auf 8,7 Prozent. Weniger ausgeprägt waren die Veränderungen unter Menschen, die sich als religiös bezeichnen.
Die Wissenschaftler hatten für die Untersuchung Daten der General Social Survey (GSS) ausgewertet, die seit 1972 mindestens alle zwei Jahre durchgeführt wird. Insgesamt bezogen sie über 33.000 Personen in die Berechnungen ein.
Zahl der exklusiv Homosexuellen gleichbleibend
Der Anstieg ist fast ausschließlich auf bisexuelles Verhalten zurückzuführen. Während sich die Zahl der Menschen, die nur Sex mit gleichgeschlechtlichen Partnern hatten, kaum veränderte, stieg der Anteil der Menschen mit sexuellen Kontakten zu beiden Geschlechtern im letzten Vierteljahrhundert von 3,1 auf 7,7 Prozent der Bevölkerung.
"Das hat mich überrascht", erklärte Chefautorin Jean M. Twenge gegenüber der "Washington Post". Sie führte diese schnelle Veränderung auf die Individualisierung zurück, in der junge Menschen starre Regeln nicht mehr akzeptierten.
Dieses individualisierte Verhalten sei möglich geworden, weil Menschen andere auch dann akzeptierten, wenn sie "Verhaltensweisen an den Tag legen, die sie persönlich nicht ausprobieren wollen", so Twenge. Laut der Studie zeigte sich diese Veränderung insbesondere seit den Neunzigerjahren. So sei der Anteil der Amerikaner, die gleichgeschlechtlichen Sex für "überhaupt nicht falsch" hielten, zwischen 1973 und 1990 nur von elf auf 13 Prozent gestiegen. Danach explodierte die Zahl aber auf 49 Prozent im Jahre 2014. Bei der Generation Y, also den zwischen 1980 und 1999 Geborenen, lag der Anteil sogar bei 63 Prozent.
Bereits mehrere Studien zeigten in den letzten Jahren, dass die Zahl der Menschen, die sich als bisexuell bezeichnen oder die sexuelle Kontakte mit Männern und Frauen haben, ansteigt. So kam auch eine im Januar veröffentlichte Untersuchung der US-Gesundheitsbehörde CDC zu dem Ergebnis, dass sich die Zahl der Bisexuellen in den letzten zehn Jahren stark erhöht habe (queer.de berichtete). Twenge ist sich nicht sicher, ob der Anteil der Menschen, die Sex mit Frauen und Männern haben, sich mit steigender Akzeptanz weiter erhöhen werde. "Wir wissen nicht, was das Limit für bisexuelles Verhalten ist", erklärte die Psychologin.
Einen Hinweis könnte eine repräsentative britische Umfrage aus dem vergangenen Jahr liefern, in der sich Teilnehmer nach der siebenstufigen Kinsey-Skala zwischen "100 Prozent heterosexuell" (0) und "100 Prozent homosexuell" (6) selbst einordnen sollten. Insgesamt gaben 23 Prozent der befragten Briten an, nicht vollständig heterosexuell zu sein – bei den 18- bis 24-Jährigen waren es sogar 46 Prozent (queer.de berichtete). (dk)















Es ist gut, dass Sexualität nicht als ausschließlich Hetero, also angeblich "normal" und "pfui" andererseits gesehen wird. Es ist aber noch nichts in trockenen Tüchern. Die Religionen werden nicht so einfach ihre Deutungshoheit und ihr Machtinsturment über die menschlich Sexualität abgeben wollen.