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Grüne könnten Gesetz stoppen
"Sichere" Maghreb-Staaten: Mehrheit im Bundesrat unsicher
- 9. Juni 2016, 11:32h 3 Min.

Der Bundesrat soll kommende Woche am Freitag über die Einordnung von Algerien, Marokko und Tunesien als "sichere Herkunftsstaaten" abstimmen (Bild: Dominic Hallau / flickr / by-nd 2.0)
Die Bundesregierung möchte Algerien, Marokko und Tunesien trotz Homo-Verfolgung als "sicher" erklären. Die Länderkammer könnte dem einen Strich durch die Rechnung machen.
Am 17. Juni soll im Bundesrat darüber abgestimmt werden, ob Algerien, Marokko und Tunesien zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden sollen; damit müssten Flüchtlinge aus diesen drei Ländern, die wegen Menschenrechtsverletzungen und der Verfolgung Homosexueller am Pranger stehen, höhere Hürden überwinden, um anerkannt zu werden. Obwohl der Bundestag mit der überwältigenden Mehrheit der Großen Koalition die Vorlage beschlossen hatte, ist in der Länderkammer eine Mehrheit für die Gesetzesänderung nicht sicher. Union und SPD sind auf Rückendeckung von Ländern angewiesen, die von anderen Parteien mitregiert werden.
So haben sich nach Angaben der "Südwest Presse" sieben der zehn von den Grünen mitregierten Bundesländer bereits dafür ausgesprochen, dem Projekt nicht zuzustimmen. Dabei handelt es sich um Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen. Auch das von der Linken mitregierte Brandenburg wird die Einschränkung des Asylrechts nicht mittragen. Nun sind die Augen auf Hessen (Schwarz-Grün), Sachsen-Anhalt (Schwarz-Rot-Grün) und Baden-Württemberg (Grün-Schwarz) gerichtet – sollte eines dieser Länder den Gesetzentwurf nicht unterstützen, müsste der Vermittlungsausschuss angerufen werden.
Kretschmann hat "erhebliche Bedenken"

Wird Ministerpräsident Manfred Kretschmann der Anerkennung der Maghreb-Staaten zustimmen? (Bild: Grüne NRW)
Insbesondere der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann ziert sich. Laut der "Stuttgarter Zeitung" hat der Grünenpolitiker insbesondere wegen der Verfolgung Homosexueller "erhebliche Bedenken" gegen die Einordnung als sichere Herkunftsstaaten. Am kommenden Dienstag muss die Landesregierung bei einem Kabinettstreffen eine einheitliche Linie beschließen.
Die CDU ist über die Einwände des Regierungschefs nicht amüsiert. "Grüne und CDU haben im Koalitionsvertrag eine klare Vereinbarung getroffen – mehr gibt es dazu nicht zu sagen", erklärte CDU-Pressesprecher Andreas Mair am Tinkhof. Tatsächlich heißt es in dem vor einem Monat beschlossenen Papier, dass das Land die Maghreb-Staaten als "sicher" anerkennen werde, "falls die entsprechenden hohen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen" (queer.de berichtete).
LSVD fordert ein "Nein"
Der Lesben- und Schwulenverband begrüßte die kritische Haltung in den Bundesländern: "Es ist gut zu wissen, dass Ministerpräsident Winfried Kretschmann und weitere grüne Regierungsmitglieder in den Ländern – anders als die Bundesregierung – die Verfolgung Homosexueller in Algerien, Marokko und Tunesien ernst nehmen und diese Frage sorgfältig prüfen", erklärte LSVD-Sprecherin Henny Engels am Donnerstag. Deutschland würde bei einer Anerkennung dieser drei Länder als "sicher" die dortigen Menschenrechtsverletzungen verharmlosen. "Die Einstufung als 'sichere Herkunftsstaaten' wäre auch innenpolitisch ein fatales Signal! Denn die AfD im Landtag von Sachsen-Anhalt fordert gerade, Deutschland solle sich bei der Tabuisierung von Homosexualität ein Vorbild an den Maghreb-Staaten nehmen."
Die Bundesregierung hatte Mitte April zwar zugegeben, dass Homosexuellen in den Maghreb-Staaten mit Gefängnis gedroht wird, aber dennoch erklärt, dass keine "systematische Verfolgung" vorliege (queer.de berichtete). Laut der "taz" hat das Auswärtige Amt auf eine Anfrage der Grünen immerhin kürzlich erklärt, dass in Tunesien Diskriminierungen von Homosexuellen "häufig vorkommen" würden. Dennoch steht die schwarz-rote Regierung in Berlin weiterhin hinter dem Gesetz. (dk)















Hoffentlich stoppt der Bundesrat das.
Für GLBTI sind diese Staaten alles andere als sicher.
Und alles nur, damit Union und SPD ihre Bilanz aufbessern können. Dafür werden sogar GLBTI in Verfolgerstaaten abgeschoben. Und der Gipfel des Zynismus ist erreicht, wenn Union und SPD auch noch erklären, die Betroffenen könnten ja versteckt leben. Noch menschenverachtender geht kaum noch.