Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bleibt dabei: Die Ehe für alle ist eine politische Frage. (Bild: Mathieu Nivelles / flickr / by 2.0)
Erneut hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Klage eines schwulen Paares abgewiesen.
Aus der Europäischen Menschenrechtskonvention ergibt sich kein einklagbares Recht für schwule und lesbische Paare auf eine Ehe. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil erneut entschieden.
Im vorliegenden Fall (Aktenzeichen 40183/07) hatte sich ein Männerpaar aus Frankreich, Stéphane Chapin und Bertrand Charpentier, durch alle Instanzen geklagt, was erheblich länger dauerte als die inzwischen erfolgte Ehe-Öffnung in dem Land – seit 2013 dürfen Homo-Paare dort heiraten. Die beiden Männer waren im Juni 2004 in Bégles bei Bourdeaux von dem grünen Bürgermeister und Parlamentsabgeordneten Noël Mamère entgegen der damaligen Rechtsauffassung und entgegen dem Rat von Standesbeamten getraut worden, die geschlossene Ehe wurde von ihm in die offiziellen Unterlagen eingetragen.
Einen Monat später hob ein Gericht den Akt auf Klage des Generalstaatsanwalts auf, nach einem Berufungsgericht wollte auch der französische Kassationshof 2007 die Ehe nicht anerkennen. Seitdem lag der Fall in Straßburg.
Straßburg entwickelt Ehe-Recht nicht weiter
In dem am 10. Mai gefällten Urteil bestätigten die Straßburger Richter ein früheres Urteil zu einem schwulen Paar aus Wien aus dem Jahr 2010 (queer.de berichtete), wonach die Menschenrechtskonvention Staaten nicht dazu zwingen würde, eine Ehe für schwule und lesbische Paare einzuführen oder anzuerkennen. Das französische Paar hatte einen Verstoß gegen Artikel 8 der Konvention, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, und Artikel 12, Recht auf Eheschließung, in Verbindung mit dem Diskriminierungsverbot aus Artikel 14 geltend gemacht.
Das reiche aber nicht aus, so die Richter, da die Staaten einen gewissen Spielraum bei der Frage der Ausgestaltung des Ehe- und Familienlebens hätten und darüber am besten entscheiden könnten. Damit nutzt das Gericht nicht die Chance, seine Rechtsprechung auszuweiten (und damit auch den Druck u.a. auf Deutschland zu erhöhen), obwohl es zuletzt anhand der genannten Artikel schwulen und lesbischen Paaren in einigen Ländern mehr Rechte eingeräumt hatte.
So hatte das Gericht 2013 zu einer Klage aus Griechenland entschieden, dass Staaten, die neben einer Ehe auch eine Lebenspartnerschaft anbieten, diese homosexuellen Paaren öffnen müssen (queer.de berichtete). Im letzten Jahr ging das Gericht noch einen Schritt weiter und verurteilte Italien, homosexuellen Paaren einen rechtlichen Rahmen zu bieten – damit hatte Straßburg letztlich erstmals ein Grundrecht für Homo-Paare formuliert (queer.de berichtete).
Denn rein sachlich ist das nicht nachvollziehbar:
Die EU-Grundrechte-Charta sagt eindeutig in Art. 21 Absatz 1, dass niemand wegen seiner "sexuellen Ausrichtung" diskriminiert werden darf.
Wenn man ein Rechtsinstitut wie die Ehe aber nur Heterosexuellen anbietet und gleichgeschlechtlichen Paaren diese Rechte verwehrt, ist das ganz eindeutig diskriminierend.
Aber wie gesagt: das ist wohl eher eine politische Entscheidung als eine juristische.
Dass sowas ausgerechnet von Gerichtshof für Menschenrechte passiert ist dennoch skandalös und zeigt, dass die EU-Justiz nicht wirklich unabhängig ist. Das wird das Vertrauen in die EU und ihre Institutionen eher reduzieren als steigern.