Zurück in die Fünfzigerjahre: Nach dem Willen der Bildungsplangegner sollen solche "schamverletzenden Bilder" aus der Öffentlichkeit verschwinden (Bild: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung)
Nach der Strafanzeige der AfD-Jugendorganisation mobilisieren nun die Bildungsplangegner gegen die "Sex-Plakate" der BZgA.
Kopulierende Comicfiguren auf Plakatwänden, die für die Benutzung von Kondomen werben, erregen die "Demo für alle". Die homophobe Anti-Bildungsplan-Bewegung hat am Freitag eine Onlinepetition gegen die "schamverletzenden Bilder" der neuen Safer-Sex-Kampagne "Liebesleben" gestartet. Bereits Ende Mai hatte Sören Hauptstein, der Chef der AfD-Jugendorganisation "Junge Alternative" Niedersachsen, wegen dieser angeblichen Verbreitung von Pornografie eine Strafanzeige gegen die verantwortliche Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) gestellt (queer.de berichtete).
Die Poster-Kampagne mit hetero- wie homosexuellen Figuren hatte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) Anfang Mai auf einer Pressekonferenz selbst vorgestellt (queer.de berichtete). Ziel ist es, mit Cartoon-Figuren "humorvoll, verständlich und plakativ" die Präventions-Kernbotschaften unters Volk zu bringen. Sie lauten: "Benutz Kondome" und "Wenn was nicht stimmt, ab zum Arzt". Die Motive kleben derzeit deutschlandweit an über 65.000 Plakatwänden.
"Demo für alle": Kampagne ist Propaganda für Promiskuität
"Die Kampagne 'Liebesleben' verletzt die Intimsphäre der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen, missachtet den Kinder-und Jugendschutz und untergräbt das grundgesetzlich garantierte Erziehungsrecht der Eltern", heißt es in der Onlinepetition, die sich direkt an den Bundesgesundheitsminister richtet. Die "Demo für alle" setzt sogar noch eins drauf: "De facto propagiert die Kampagne genau das promiskuitive Verhalten, welches eine der Hauptursachen für kaputte Familienbeziehungen und sexuell übertragbare Krankheiten ist."
Unterstützt wird die Petition von der umstrittenen Deutschen Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Sexualforschung (DGSS). "Solche Bilder wecken die Fantasie der Kinder und regen zum Nachspielen an", wird deren Präsident Jakob Pastötter zitiert. Darüber hinaus werde Sex als "bedeutungsloser, leicht zu konsumierender Spaß dargestellt, an dessen mögliche Konsequenzen man dank Kondomen keinen Gedanken mehr verschwenden muss".

Präventionskampagnen schon seit fast 30 Jahren unter Beschuss
Die deutsche HIV-Prävention steht bereits seit dem Beginn von Präventionskampagnen wie "Gib Aids keine Chance" im Jahr 1987 immer wieder in der Kritik. Damals wurde die Aufklärungsarbeit etwa von der katholischen Kirche angegriffen, die statt plakatierten Kondomen lieber Werbung für Enthaltsamkeit gesehen hätte.
Auch die Organisatorin der "Demo für alle", Hedwig von Beverfoerde, hatte bereits in der BZgA-Vorgängerkampagne "Mach's mit" eine Werbung für "schrankenlose Promiskuität bei Jung und Alt" gesehen: "Die Befriedigung des Geschlechtstriebs wird als ebenso zwingend notwendig dargestellt wie Essen und Trinken."
In der Realität führte die Präventionsarbeit der Bundesregierung letztlich aber dazu, dass die Zahl der HIV-Neuinfektionen in Deutschland noch heute sehr viel niedriger ist als in den meisten anderen europäischen Ländern. Auch die Gegen-Petition kann durchaus positiv gesehen werden: So sorgt die "Demo für alle" nun selbst für eine Weiterverbreitung der Motive. Auf Facebook geteilt wurde die Stopp-Kampagne inklusive zwei Bildern auch von der CDU-Bundestagsabgeordneten Erika Steinbach mit der Bemerkung "Gute Aktion!!" (mize/dk)
(ergänzt durch Steinbach-Reaktion)