Alex Jürgen kämpft für das Recht, in seinem Geburtenbuch als intergeschlechtliche Person eingetragen zu werden
Alex Jürgen ist weder Mann noch Frau – und möchte daher in offiziellen Dokumenten als intergeschlechtlich anerkannt werden. Da das Standesamt diesen Wunsch verwehrt, landet der Fall vor Gericht.
In Österreich wird voraussichtlich ein Landesverwaltungsgericht in Linz darüber entscheiden, ob das Land ein drittes Geschlecht anerkennen muss. Alex Jürgen, 1976 als intergeschlechtlicher Mensch geboren, hat am Dienstag über den Rechtsanwalt einen Einspruch angekündigt gegen die Entscheidung des Standesamtes der Stadt Steyr, einen Antrag auf Eintragung des Geschlechts "inter", "anders", "X" oder unter einer ähnlichen Bezeichnung abzulehnen.
"Dieser Gerichtsfall ist der erste seiner Art in Österreich", erklärte Helmut Graupner, der Anwalt von Alex Jürgen und Präsident der LGBT-Organisation Rechtskomitees Lambda (RKL), "Er ist wegweisend für die Rechte intergeschlechtlicher Menschen". Graupner sagte weiter, es gebe "keinen einzigen Paragrafen in der österreichischen Rechtsordnung, der besagt, dass es nur die beiden Geschlechter gibt". Er berief sich auch darauf, dass der Menschenrechtskommissar des Europarates in vergangenen Jahr in einem Bericht über die Lage intergeschlechtlicher Personen dazu aufgerufen habe, bei der Ausstellung von Personenstandsurkunden und Ausweisen die geschlechtliche Selbstbestimmung intergeschlechtlicher Menschen zu respektieren.
Intersexuelle oder intergeschlechtliche Personen sind Menschen, die hinsichtlich ihres chromosomalen, genetischen oder anatomischen Geschlechts von der üblichen medizinischen Normvorstellung männlicher und weiblicher Körper abweichen. Dies kann sich etwa im Aussehen der äußeren Geschlechtsmerkmale oder in einer Körperbehaarung ausdrücken. Nicht alle Intersexuellen werden bei der Geburt als intergeschlechtlich identifiziert, bei manchen geschieht das im Kindes- oder Jugendalter, bei manchen im Erwachsenenalter oder in seltenen Fällen sogar gar nicht.
Jürgens Ärzte entschieden über das Geschlecht
Im Fall von Alex Jürgen trafen damals die Ärzte eine Entscheidung über die Geschlechtsidentität des Kindes, nachdem die Geschlechtsmerkmale Jürgens uneindeutig waren und zum Zeitpunkt der Geburt weder dem männlichen noch weiblichen Geschlecht entsprachen. Zunächst ordneten die behandelnden Ärzte Jürgen als männlich ein, ein entsprechender Eintrag im Geburtenbuch wurde veranlasst. Nach zahlreichen Untersuchungen rieten Mediziner den Eltern, ihr Kind aufgrund der geschlechtlichen Doppeldeutigkeit als Mädchen zu erziehen. Im Laufe der folgenden Jahre wurden die ambivalenten körperlichen Geschlechtsmerkmale zum Teil entfernt, um Jürgens Körper optisch dem eines Mädchens anzupassen. Doch das konstruierte Geschlecht entsprach nicht Jürgens Identifikation.
Da Jürgen keine Frau ist und sich nicht als Frau identifiziert, wurde auf eigenen Wunsch hin bereits vor Jahren die durch künstliche Hormongaben entwickelte Brust entfernt. Jürgen empfindet sich aber auch nicht als Mann, sondern als intergeschlechtlicher Mensch – und outete sich vor zehn Jahren als solcher. Auf einer eigenen Website beschrieb Jürgen, wie eigenartig es sich als intersexuelle Person in einer Welt anfühlt, "in der es nur Männer und Frauen geben darf". Nach dem Coming-out zeigte sich Jürgen glücklich darüber, "endlich der Mensch sein zu können, der ich eben bin. Nicht Mann, Nicht Frau. Einfach ICH!"
In Deutschland ist seit vergangenem Jahr eine Klage einer intersexuelle Person auf Eintragung des dritten Geschlechts in offiziellen Dokumenten vor dem Bundesgerichtshof anhängig (queer.de berichtete). Immerhin kann hierzulande nach einer Reform des Personenstandsgesetzes seit 2013 bei Kindern, bei denen das Geschlecht nicht eindeutig festgelegt werden kann, die Angabe im Geburtenregister zunächst freigelassen werden (queer.de berichtete). Binnen gut zwei Jahren ist diese neue Regelung nur bei zwölf Babys angewandt worden (queer.de berichtete). Insgesamt leben in Deutschland Schätzungen zufolge 70.000 intersexuelle Menschen.
Ein drittes Geschlecht wird bislang nur in wenigen Ländern anerkannt, etwa seit 2008 in Nepal, seit 2011 in Australien und seit 2014 in Indien. (dk)
Aber hier geht es um das Wohl eines Menschen, der Teil der Gesellschaft sein will und zwar so, wie (und jetzt geht es los), dieser Mensch sich begreift. Unsere Sprache sieht es nicht vor, dort finden wir nur er/sie/es.
Das dritte Geschlecht sollte anerkannt werden. Gar kein Zweifel.
Es fügt dem Funktionieren des Staates keinen Schaden zu, wenn dies endlich passiert. Auch wenn es nur einen kleinen Teil der Bevölkerung betrifft. Aber für die Betroffenen ist es wichtig, denn für ihre Akzeptanz und ihr empfundenes Wohlergehen spielt es eine große Rolle.
Was das Thema Sprache betrifft, so fürchte ich, dass sich diese Anpassung noch lange hinziehen wird, wenn sie denn überhaupt kommt.
Als Autor, der Spaß an den Ausdrucksmöglichkeiten der Sprache hat, werde ich das wohl nicht mehr mitmachen. Denn das Einfügen des * oder das Nutzen anderer Formen, um eine geschlechtsneutrale Sprache zu nutzen, verursacht mir ein gewisses Unbehagen. Beim Schreiben stößt es mich ab, beim Lesen stört es den Lesefluß. Ich fürchte, da kann ich nicht über meinen Schatten springen.