Diese drei Tampons könnten laut "Bild" dazu beitragen, dass wir alle unnatürlich werden. Foto: Screenshot bild.de
Eine kleine Tampon-Aktion an der Uni Wuppertal brachte die "Bild"-Zeitung so in Rage, dass sie das Ende des natürlichen Menschseins ausruft und ihre "Expertin" vor der "Schwulen-, Lesben- und Translobby" warnen lässt.
Das Resümee des am Dienstagabend auf bild.de veröffentlichten Artikels liest sich bedrohlich:
Man kann das Ganze mit einem Scherz abtun. Das ist das Gefährliche an der Gender-Ideologie. Sie kommt harmlos daher – zerstört aber unseren Blick dafür, was von Natur aus wahr ist. Irgendwann gilt dann nix mehr. Es gibt keine Väter mehr, keine Mütter, ist ja alles 'sozial konstruiert'.
Der Anlass für die Aufregung der "Bild"-Redakteure ist eigentlich eine Lappalie: An der Universität Wuppertal hat die Studentenvertretung AStA vor kurzem beschlossen, für 100 Euro Tampons zu kaufen und diese in der Damentoilette auszulegen. Für "trans*, inter und nonbinary Personen" haben sie auch ein paar Wattebausche in die Herrentoilette gelegt. Als Beweisbild führte "Bild" im Artikel ein Foto an, auf dem drei(!) Tampons in einem Plastikbecher zu sehen sind.
Wegen dieser drei Tampons lässt "Bild" die große Gender-Gefahr ausrufen: Akribisch zählen die Autoren alles auf, was das Land angeblich in den Untergang führt. Ob Unisex-Toiletten oder die Geschlechtsauswahl bei Facebook – alles "Gender-Wahnsinn". Auch Vorschläge für eine geschlechterneutrale Sprache werden als Teil dieser Gefahr gesehen – dabei konnte sich bislang noch nicht einmal das vor mehr als drei Jahrzehnten erdachte Binnen-I durchsetzen.
"Bild" führte in dem Artikel Homo-Hasserin Birgit Kelle, die gerne in Talkshows oder als Rednerin bei der "Demo für alle" gegen LGBT-Rechte polemisiert, als eigene "Expertin" ein. Sie wird ohne redaktionelle Einordnung mit den Worten zitiert:
Die Gender-Industrie und ihre Auswüchse mit Beauftragten, Lehrstühlen und Schwachsinnsstudien ist nichts anderes, als die Institutionalisierung der Schwulen-, Lesben- und Translobby in der deutschen Politik und Verwaltung. Dafür gibt es aber keinen staatlichen Auftrag.
Kelle hat übrigens einen ganz besonderen Draht zur "Bild": Sie veröffentlichte erst letzte Woche stolz Bilder auf Twitter, die sie in einer Redaktionskonferenz der Boulevardzeitung bei der "Blattkritik" zeigen.
Bedenklich an dem aktuellen Artikel ist auch, wie der AstA-Vorsitzende verhöhnt wird: Die "Bild" veröffentlichte ein Foto des langhaarigen Studenten, das offenbar von der AstA-Website heruntergeladen wurde, und setzte die Headline darüber: "Dieses Student*In brachte die Tampons auf das Herren-Klo".
Wenn der Artikel ein einmaliger Ausrutscher wäre, wäre es ja nicht so schlimm, allerdings häufen sich diese Geschichten, die sich offensiv gegen Aufklärung oder Gleichberechtigung richten: Erst letzte Woche veröffentlichte das Boulevardblatt einen Geschichte über die neue Aidskampagne der BzgA. Hier kommen nur Gegner zu Wort, darunter alte Bekannte wie Hedwig von Beverfoerde von der "Demo für alle". Auch in anderen Zeitungen aus dem Hause Axel Springer wird gegen die Aufklärung polemisiert, etwa in der B.Z.
Die Nonsens-Artikel ignorieren natürlich, wie erfolgreich die deutsche Aids-Prävention ist, die ja bereits seit den Achtzigerjahren auf Widerstand der Ewiggestrigen stößt. Außerdem sollte sich jeder klarmachen, dass fast alles, was unter dem verschleiernden Stichwort "Gender-Ideologie" derzeit durch die Zeitungen wimmelt, nur der Versuch ist, die Uhren bei LGBT-Rechten zurückzudrehen. In den USA führte diese Hysterie bereits dazu, dass Transsexuellen in manchen Regionen der Besuch öffentlicher Toiletten praktisch untersagt wird und Trans-Personen generell als Kinderschänder diffamiert werden.
Da ich aber weder vorhabe den "Bild-Wahnsinn" noch die "Ewiggestrigen-Lobby" finanziell zu unterstützen, biete sich mir durch den Nichtkauf dieser "Zeitung" eine hervorragende Gelegenheit Geld für deutlich angenehmere Dinge zu sparen.
In diesem Sinne: Euch allen einen schönen (also "Bild"-freien) Tag. :-)