Transgender als Gefahr für Kinder – das behauptet die "Schweriner Volkszeitung.
In einem unglaublich dümmlichen Artikel warnt eine Autorin der "Schweriner Volkszeitung" vor Transsexuellen im Computerspiel "Die Sims".
Was Viviane Offenwanger in dem am Mittwoch veröffentlichten Artikel aufregt, sind neue Auswahlmöglichkeiten in dem Spiel, das erstmals im Jahr 2000 auf den Markt gekommen ist. Bereits seit längerem können dort Schwule und Lesben heiraten, nun werden aber erstmals auch Transpersonen dargestellt (queer.de berichtete).
Das ist offenbar zu viel für die Journalistin: Unter der Überschrift "Transgender für Zwölfjährige?" beginnt sie ihr Klagelied:
In der heutigen Gesellschaft gibt es kaum noch Tabus. Besonders nicht, wenn es um die sexuelle Orientierung geht. Wir akzeptieren schwul, lesbisch, bisexuell – in manchen Fällen sogar metrosexuell. Auch der Anblick von Drag-Queens, Cross-Dressern und Transgendern schockt – spätestens seit der charmanten Conchita Wurst – kaum noch jemanden. Dass all das jedoch auch in eine altersmäßig ab zwölf Jahren freigegebene Spielwelt einfließen soll, ist neu.
In dem Artikel kritisiert die Autorin daraufhin, dass die dargestellten "Männer in Kleidchen, Röckchen und hohen Schuhen" doch eher kein "echter Augenschmaus" seien, bevor sie zum eigentlichen Thema ausholt:
Die große Frage bleibt nur: Muss das wirklich sein? Klar, in anderen Videospielen werden Kindern und Jugendlichen blanke Busen und spärlich verdeckte Hinterteile quasi auf dem Präsentierteller serviert. Doch Transgender geht da noch einen Schritt weiter.
In Russland wurde sogar das Grundspiel "Die Sims 4" schon mit einer Altersbeschränkung ab 18 versehen, weil sexuelle Inhalte – oder eher Homosexualität – unerwünscht war. Für die Russen wird das Update daher wohl einer Provokation gleichkommen.
Soso, eine Transperson wie Cher-Sohn Chaz Bono, Ex-Sportstar Caitlyn Jenner oder der frühere Bundestagsabgeordnete Christian Schenk gehen "noch einen Schritt weiter" als der blanke Busen oder nackte Popos – warum? Dass die Autorin hier das russische Homo-"Propaganda"-Gesetz zitiert, zeigt aber, woher der Wind weht.
Kurz darauf, nach dem pflichtgemäßen Zitat eines LGBT-Aktivisten, fasst sie ihre Sorgen in einem Satz zusammen:
Gleichstellung und soziale Gerechtigkeit in allen Ehren, aber ob Kinder schon Berührungen mit Transgender machen müssen, bevor sie sich in die eigene Sexualität stürzen, ist eher fraglich.
Das ist gerade ein gern gehörtes Argument. In den USA werden Transpersonen derzeit sogar von Spitzenpolitikern als Kinderschänder beschimpft (queer.de berichtete). Dass ihre bloße Existenz mit kindergefährdender Sexualität gleichgesetzt wird, ist aber dumm und gefährlich – und erklärt zum Teil, warum die Selbstmordrate unter Transsexuellen so hoch ist (queer.de berichtete).
Noch vor ein paar Jahren waren eher Homosexuelle das Ziel solcher Artikel "besorgter Journalisten", aber glücklicherweise ist das in Zeiten von mächtigen schwulen Großstadt-Bürgermeistern oder beliebten lesbischen Moderatorinnen schwieriger. Als Reaktion kloppt man dann halt auf die nächste Minderheit ein. Argumente wie in der "Schweriner Volkszeitung" rühren aber von der selben Geisteshaltung, die beispielsweise von Schwarzen, Sinti und Roma oder Juden verlangt, uns – oder unsere Kinder – doch bitte nicht mit ihrem Anderssein zu belästigen.
Was ist schlimm daran, auch denen Identifikationsmöglichkeiten zu geben, damit sie sehen, dass sie nicht geisteskrank sind und sich vielleicht sogar das Leben nehmen?!
Und für alle anderen kann es auch nicht schaden, dass sie die Vielfalt der realen Welt erleben. Das sehen sie ja eh auch im realen Leben. Und 12 ist ein Alter, wo man sowas schon verstehen kann.