Die Europäische Union hat in der Vergangenheit viel für die LGBT-Gleichbehandlung – gerade in den neuen Mitgliedsstaaten im Osten – getan. Jetzt werden weitere Fortschritte blockiert (Bild: flickr / Jim Killock / by 2.0)
EU-Abgeordnete zeigen sich entsetzt über einen Kompromiss im Rat: Der geforderte Schutz der nationalen Identität sei ein "trojanisches Pferd".
Der Ministerrat der Europäischen Union hat vergangenen Donnerstag erstmals ein Forderungspapier für die Rechte von Schwulen, Lesben, Bisexuellen, Transgendern und Intersexuellen innerhalb der 28 Mitgliedstaaten beschlossen. Allerdings kritisieren die in der LGBTI-Intergroup organisierten Europaabgeordneten, dass das Papier eine "potenziell gefährliche Neuigkeit" enthalte, indem es die nationale Identität über die Gleichbehandlung stelle.
So heißt es in dem Beschluss zwar, dass die Europäische Kommission Maßnahmen aus der von ihr beschlossenen Aktionsliste zur Förderung der LGBT-Gleichbehandlung umsetzen solle. Diese Liste war im Dezember 2015 von EU-Gleichstellungs- und Justizkommissarin Věra Jourová vorgestellt worden (queer.de berichtete). Allerdings schränkte der Ministerrat ein, dass diese Maßnahmen nur "unter umfassender Wahrung der nationalen Identität und der Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten sowie der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten im Bereich des Familienrechts" umgesetzt werden sollen.
Die Co-Präsidentin der LGBTI-Intergroup, Ulrike Lunacek, sagte am Mittwoch, sie begrüße zwar, dass ein Konsens im Rat gefunden wurde. "Allerdings sind die Hinweise auf 'nationale Identität und Verfassungsüberlieferungen' ein trojanisches Pferd, das die fortgesetzte Diskriminierung gegen LGBTI-Menschen legitimiert", so die österreichische Grünen-Politikerin.
Beschluss ist "Legitiminierung von Diskriminierung"
Die EU-Parlamentarierin Sophie in 't Veld ist entsetzt, dass der EU-Rat heimlich Diskriminierung festschreiben will
Die liberale Intergroup-Vizepräsidentin Sophie in 't Veld erklärte, der Begriff nationale Identität sei in dem Zusammenhang nichts anderes als ein Code für Homophobie und Diskriminierung. "Das ist kein harmloser Einschub, sondern eine stillschweigende Legitimierung von existierenden diskriminierenden Praktiken". Die Niederländerin zeigte sich enttäuscht darüber, dass dieser Text unter der niederländischen EU-Präsidentschaft beschlossen worden war.
Der Ministerrat ist als Kammer der nationalen Regierungen neben der Kommission und dem Parlament eine von drei Organen der Rechtsetzung in der Europäischen Union. In diesem Gremium haben neue Mitgliedsstaaten aus dem östlichen Mitteleuropa in der Vergangenheit Fortschritte bei LGBT-Rechten verhindert. So blockierten Ungarn und Polen vergangenes Jahr Erleichterungen für im EU-Ausland lebende Paare, weil davon auch gleichgeschlechtliche Paare profitiert hätten (queer.de berichtete). (dk)
Diese nationalen Befindlichkeiten über Grundrechte und die EU-Charte der Menschenrechte zu stellen (wonach niemand aufgrund seiner sexuellen Orientierung diskriminiert werden darf), ist die endgültige Bankrotterklärung der EU.
Da braucht sich die EU nicht zu wundern, wenn immer mehr Menschen aus dieser EU rauswollen und wenn selbst ehemalige Befürworter jetzt nur noch ein Ende der EU herbeisehnen.