Streit in Frankfurt: Alliierte Community-Truppen haben CSD-Botschafter Adrian H. und seinem Motto "Lieb geil!" den Kampf angesagt
Nach zahlreichen Boykott-Ankündigungen aus der Community beraten die Veranstalter nun über eine "Korrektur" ihres Mottos "Lieb geil!".
Der Frankfurter CSD wollte in diesem Jahr ein deutliches Zeichen gegen Rechts setzen, hat bislang jedoch nur eines erreicht: Die Community der Bankenstadt ist so gespalten wie nie zuvor. In den vergangenen Tagen haben mehrere Gruppen, darunter das Präventionsprojekt "Hessen ist geil" und die Schulaufklärer von SCHLAU, einen Boykott der CSD-Parade am 16. Juli angekündigt. Selbst Gegendemonstrationen werden diskutiert.
Dabei stößt sich keine einzige Initiative am Thema an sich, sondern allein an der Umsetzung. In satirischer Absicht bedienten sich die Frankfurter CSD-Verantalter einer rechten Symbolik. So erinnert das Motto "Lieb geil!" bewusst an den Hitlergruß "Sieg heil!" und taucht im Logo in Frakturschrift auf. Mit dem Parteiführer Adrian H. vom Künstlerduo Frankfurter Klasse gibt es zudem einen CSD-Botschafter in rosa Uniform mit Armbinde und Quadratbärtchen (queer.de berichtete).
"Verantwortungsloses Geschichtsverständnis"
Rechte Symbolik, satirisch gemeint: Logo des CSD Frankfurt 2016
Dem CSD Frankfurt fehle es "an Weitblick, Selbstreflexion und Wissen um die eigene historische Verantwortung", heißt es in einer Stellungnahme von "Hessen ist geil", dem Präventionsprojekt der hessischen Aidshilfen. "Symbolik, die an Völkermord erinnert, eignet sich nicht zur Aneignung, insbesondere nicht NS-Symbolik, reproduziert durch Deutsche."
In einem gemeinsamen Statement kündigten auch SCHLAU Hessen, SCHLAU Frankfurt, das Jugendzentrum KUSS41 sowie der Trägerverein our generation e.V. einen Boykott des CSD an. Darin heißt es: "Wir vermissen den reflektierten, andächtigen Umgang mit NS-Diktatur und Holocaust sowie den Respekt gegenüber all jenen, die Opfer von rechter Ideologie wurden und dies heute noch werden."
Von einem "paradoxen und verantwortungslosen Geschichtsverständnis" sprach auch die Bundeskonferenz der schwulen, schwul-lesbischen und queeren Hochschulreferate und Hochschulgruppen in einer Pressemitteilung.
Bäppi La Belle: CSD Frankfurt in einer Reihe mit Chaplin und Lubitsch
Unterstützung bekam der CSD Frankfurt dagegen von Travestiestar Bäppi La Belle alias Thomas Bäppler-Wolf, der das Motto "Lieb geil!" als "geschickt" bezeichnete. "Man kann fast sagen, dass die Frankfurter Klasse zusammen mit dem CSD-Team ohne weiteres in eine Reihe mit Chaplin, Lubitsch und Mel Brooks gestellt werden können. Satire muss auch aufrütteln. Und das wird der CSD ohne weiteres", schrieb der designierte SPD-Stadtverordnete in einem Facebook-Post. "Deswegen sollte man sich nicht aufregen, bevor man überhaupt weiß, was überhaupt passiert. Es ist eine Chance, dem rechten Rand den Spiegel vorzuhalten."
Die CSD-Veranstalter kündigten am Samstag unterdessen ein mögliches Einlenken an. "Wir waren die letzten Tage still, was nicht bedeutet, dass wir untätig waren", teilten sie in einem Facebook-Post mit. "Wie sehen, dass es einen großen Bedarf an einer Korrektur der Darstellung gibt und wir beraten derzeit sehr intensiv darüber. Bitte gebt uns noch ein bis zwei Tage Zeit, denn wir wollen nun keinen Schnellschuss machen, der wieder für einen derartigen Dissens sorgt."
Das Veranstalterteam sei sich sicher, "eine Lösung anbieten können, die für einen unbeschwerten und vor allem gemeinsamen CSD sorgen wird, denn das ist das Wichtigste". (cw)