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Tom Nelson und Maggie Leber sind zwei "Pink Pistols"-Aktivisten, die in "Out" für die Bewaffnung von LGBT werben
- 4. Juli 2016, 12:07h 3 Min.
Die Waffenlobby profitiert vom Terroranschlag in Orlando: Besonders eine LGBT-Gruppe gewinnt neue Mitglieder.
Die "Pink Pistols" haben nach dem Massaker im Club "Pulse" regen Zulauf erhalten: Seit dem Anschlag am 12. Juni soll sich die Zahl der Mitglieder nach Angaben der im Jahr 2000 gegründeten Organisation verdreifacht haben. Da die Gruppen lokal organisiert sind, werden unterschiedliche Zahlen genannt: Vor dem 12. Juni sollen landesweit etwa 1.500 bis 2.000 Menschen in gut der Hälfte der 50 US-Bundesstaaten organisiert gewesen sein. Seither soll die Mitgliederzahl auf 5.000 bis 6.000 angestiegen sein. Es seien auch mehr Anfragen aus Städten gekommen, in denen es noch keine lokale "Pink Pistols"-Gruppe gebe.
"Wir bringen Queers das Schießen bei und schreien das laut in die Welt hinaus", erklärte "Pink Pistols"-Chefin Gwendolyn Patton vergangene Woche gegenüber "Washington Blade". Die lesbische Aktivistin ist nach einem Autounfall 2006 gelähmt und auf den Rollstuhl angewiesen. Sie erklärte, dass viele Kriminelle LGBT als leichte Zielscheiben ansehen würden, die sich nicht verteidigen könnten – daher sei es wichtig, dass möglichst viele Schwule, Lesben-, Bi- und Transsexuelle stets schussbereit seien: "Die Idee ist, dass ein möglichst großer Anteil der LGBT-Community legale Waffen mit sich trägt und weiß, wie man sie benutzt. Das ist Abschreckung für diejenigen, die uns angreifen wollen."
Aktivist: Polizei nutzlos
Derzeit werben "Pink Pistols"-Aktivisten in den ganzen USA für ihre Organisation. So fertigte das LGBT-Magazin "Out" eine Fotoserie mit Mitgliedern an, die stolz ihre Pistolen oder Maschinengewehre zeigten. Dazu gibt es martialische Erklärungen wie die von Tom Nelson, einem langjährigen Mitglied aus Philadelphia: "Manchmal weißt du nicht mal, dass du Ärger bekommst, bis jemand direkt vor dir steht. Du kannst dann ja versuchen, [die Notrufnummer] 911 zu wählen, aber ich kann dir garantieren, dass die dich überwältigen, bevor du die Scheiß-Eins gewählt hast. Die Polizei mag ja gut darin sein, Familien zu trösten, die jemanden verloren haben, aber uns geht es um etwas anderes."
Anders als in Deutschland empfehlen in den USA viele Polizeidienststellen ihren Bürgern, Einbrecher mit Waffengewalt zurückzuschlagen; sogar Selbstjustiz kann unter bestimmten Voraussetzungen straffrei bleiben. Nach Orlando verbreitet sich diese Einstellung auch unter LGBT weiter.
"Wir werden attackiert, wenn wir unseren Partner küssen oder in der Öffentlichkeit Händchen halten", erklärte etwa Matt Schlentz, der Chef der "Pink Pistols" im Bundesstaat Utah, gegenüber der Regionalzeitung "Salt Lake Tribune". Gegen Attacken schützt er sich mit einer halbautomatischen Waffe. "Natürlich habe ich als schwuler Mann viele liberale Ansichten in gesellschaftlichen Fragen. Aber beim Thema Waffenbesitz bin ich sehr konservativ. Die Wirklichkeit ist, wie sie ist – die Welt ist ein gewalttätiger, schrecklicher, gruseliger Ort, und Menschen wollen mir Schaden zufügen, weil ich denjenigen liebe, den ich liebe."
In den USA sterben derzeit jährlich mehr als 10.000 Menschen durch ein Tötungsdelikt mit einer Waffe – darin sind Selbstmorde und Unfälle nicht eingerechnet. Damit hat ein Einwohner Amerikas ein fünfzig Mal höheres Risiko, durch eine Waffe ermordet zu werden, als eine Person in Deutschland. (dk)

Der Twitter-Gruß der "Pink Pistols" zum amerikanischen Nationalfeiertag: "Liberace hatte wahrscheinlich bewaffnete Leibwächter"














