LGBT-Destination Rio de Janeiro: (Nicht nur) am Posto 8 in Ipanema weht die Regenbogenfahne (Bild: flickr / Jeff Belmonte / by 2.0)
Eine Reise zum berühmtesten, lebendigsten, vielfältigsten und schwulsten Strand von Rio de Janeiro.
Von Karsten Schultz
Ich stehe hoch über Rio, und die quirlige Sechs-Millionen-Metropole liegt mir zu Füßen. Ein beeindruckendes Mosaik aus rotbedachten Favelas, einem Raster aus verstopften Straßen, 90 Kilometern weißer Sandstrand entlang der Guanabara-Bucht sowie dem offenen Atlantik.
Direkt über mir befindet sich die riesige Christus-Statue im Art-déco-Stil, deren ausgestreckter linker Arm Richtung Maracanã-Stadion zeigt, in dem vom 5. bis 21. August die Olympischen Sommerspiele stattfinden werden – eine gute Gelegenheit, die Stadt zu besuchen.
Der rechte Arm weist in Richtung des Ipanema-Stadtviertels, das bekannt ist für seinen Strand, seine kulturellen, kulinarischen und alkoholischen Vergnügen sowie seine gutgebauten Männer in engen Muskelshirts. Das ist die In-Gegend, von der aus man auch als schwuler Tourist Südamerikas berühmteste Stadt ergründen sollte.
Im Café sitzen und Menschen beobachten
Die Arbeit erledigen andere: Strandboys in Ipanema (Bild: flickr / Mark Scott Johnson / by 2.0)
Um ein reines Gay-Viertel handelt es sich nicht. Obgleich sich viel verändert hat seit 1962, als die damals 17-jährige Heloisa Pinto auf ihrem Weg zum Ipanema-Strand vom alternden Dichter Vinícius de Moraes beobachtet wurde – und diesen zum gefeierten Song "The Girl from Ipanema" inspirierte. Heute kommen immer mehr Besucher, um auch den "Boys" from Ipanema hinterherzuschauen.
Noch immer kann man im gleichen Straßencafé, in dem einst Moraes saß, seinen "cafezinho" genießen. Auf dem Schild über mir steht nun "Garota de Ipanema" (Mädchen aus Ipanema), und auf dem gegenüberliegenden Straßenschild heißt es "Rua Vinícius de Moreas" – in Erinnerung an den Schöpfer eines der bekanntesten Musikstücke der Welt.
Auf den Kopfsteinpflaster-Gehwegen in Ipanema ist viel los. Sonnengebräunte und tätowierte Männer mit Surfbrettern ziehen in Richtung Strand, während Verkäufer frittierte Hähnchen oder Drachen anbieten. Die meisten scheinen jedoch ziellos zu flanieren, und zwar mit einer lateinamerikanischen Gelassenheit, als ob es nichts anderes zu tun gäbe.
Der Strand ist praktischerweise aufgeteilt in die nummerierten Standorte der Rettungsschwimmer, so kann man sich gut orientieren. In der Umgebung des Posto 9 am Ende der Rua Moraes findet man diejenigen, die offensichtlich am meisten an ihrem Körper arbeiten und sich viele Gedanken über ihre Klamotten machen. Willkommen am Gay Beach!
Nicht weit davon entfernt sind die inoffiziellen Stellen für Cannabis-Konsumenten (obwohl das eigentlich illegal ist). Hier, am Posto 8, treffen sich auch die Surfer, und es weht noch immer die Regenbogenfahne. Die sportverrückten Volleyballer sind dagegen am Posto 10.
Ein Strand der Vielfalt
Foto: flickr / Alberto Vaccaro / cc by 2.0 Dazu gibt es Hunderte Rollerblader und Radler an der Strandstraße Vieira Souto, die am Sonntag für motorisierte Fahrzeuge komplett gesperrt wird. Hier fällt mir – als ich auf meinem Leihfahrrad die Straße entlangstrample – die große Vielfalt von brasilianischen Hautfarben auf, die legere Kleidung und die Straßenmusik, die an jeder Ecke zu hören ist. Es fühlte sich an wie ein menschliches Kaleidoskop mit einem Hiphop- und Bossa-Nova-Soundtrack.
In den nördlichen Ausläufern von Ipanema liegt Lagoa Rodrigo de Freitas, eine ruhige Lagune, die ein gegensätzliches Programm zu der nur zwei Kilometer entfernten Fleischschau bietet. Hier kann man mit Caipirinhas und einem Picknickkorb relaxen oder Tretboote mieten, die wie übergroße Badewannen aussehen. Oder man kann – wie ich – zum nahegelegenen Heliport gehen und einen Flug buchen über die olympischen Sehenswürdigkeiten, den Strand von Ipanema und die Christus-Statue.
Abwechslung zum ausschweifendes Strand- und Nachtleben
Eine Fahrt zur Christus-Statue gehört zum Pflichtprogramm für Rio-Touristen (Bild: Wiki Commons / Artyominc / CC-BY-SA-3.0)
Von der Lagune ist es nicht weit zum Jardim Botânico, Rios 137 Hektar großen botanischen Garten. Hier gibt es 9.000 Pflanzenarten, eine der größten Kollektionen der Welt. Zikaden zirpen, Orchideen verbeiteten einen betörenden Duft und man kann die Seele baumeln lassen. In einer Stadt, die für ihr ausschweifendes Strand- und Nachtleben bekannt ist, ist das eine gute Abwechslung und wahre Erholung.
Die fruchtbare Mischung von portugiesischen und afrikanischen Kulturen kann man in Ipanema am Praça General Osório besichtigen, wo seit den Sechzigerjahren jeden Sonntag der berühmte Hippie-Markt stattfindet. Das ist der beste Ort, um brasilianische Erinnerungsstücke und Kunsthandwerk zu erwerben. Begeistert verbringe ich mehrere Stunden beim Schlendern über den Markt und stoppe immer wieder bei Händlern, die vor Ort kleine lokale Gerichte zubereiten.
Mit Blasen an den Füßen verlasse ich die Gegend, die nach Kokosnuss und Chili duftet. Auf der anderen Straßenseite gehe ich am frühen Nachmittag eine Seitenstraße hinunter und setzte mich ins populäre Restaurante "Belmonte", um Leute zu beobachten. Die Hauptbeschäftigung tagsüber in Ipanema.
Eine Fahrt mit der Corcovado-Bergbahn
Genau wie Paris-Besucher den Eiffelturm hinauffahren, so setzt sich der gemeine Rio-Tourist in die Corcovado-Bergbahn, die die Stadt mit der berühmten Christus-Statue verbindet. Der Mini-Zug tuckelt sehr langsam den steilen Weg hinauf. Es geht durch den Dschungel des Tijuca-Nationalparks, der von blühenden Hibisikus-Pflanzen, Springkräutern und Paradiesvögeln bedeckt ist. Die Bahn hält auf einer Höhe von über 700 Meter an.
Tief unter uns steigt der Nebel über der Stadt auf und bringt ein einmaliges urbanes Panorama hervor, hinter dem man Inseln wie kleine Punkte ausmachen kann und die langen Sandstrände am Atlantik sieht. Der Stadtverkehr ist von hier oben nur ein leises Summen.
Und man kann sich sicher sein, dass weit unten ein Mann in einem Café in einer Seitenstraße sitzt und seinen Kopf dreht, wenn ein wunderschönes Mädchen zum Strand von Ipanema läuft. Oder eben ein wunderschöner "Boy"…
HinkommenKLM fliegt ab zehn deutschen Flughäfen sechsmal die Woche über Amsterdam nach Rio de Janeiro. Mit ihrem Partner Air France bestehen zwölf weitere wöchentliche Verbindungen über Paris-Charles de Gaulles. Die beiden Fluggesellschaften verfügen über ein gemeinsames Streckennetz zu mehr als 240 Destinationen in über 100 Ländern. Weitere Informationen, Onlinebuchung und Sonderaktionen auf
klm.de.