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Science-fiction
Coming-out auch im Star-Wars-Universum

Ein Coming-out von Darth Vader ist glücklicherweise ausgeschlossen: Der röchelnde Bösewicht kam in Episode VI ums Leben
- 10. Juli 2016, 09:18h 4 Min.
Nicht nur Star Trek entdeckt die sexuelle Vielfalt: Das jüngste Star-Wars-Buch bietet gleich mehrere homosexuelle Charaktere – und Hauptdarsteller des neuen Films machen entsprechende Andeutungen.
Von Andreas Zinßer
Zuschauer und Leser von Werken, auf denen "Star Wars" oder "Krieg der Sterne" steht, sind seit knapp vierzig Jahren an eine bunte und vielfältige Galaxis gewöhnt. Charaktere jedweden Geschlechts, jeder Hautfarbe und von jeder nur erdenklichen Form haben tragende Rollen.
Sexualität wurde allerdings immer nur sehr zurückhaltend gezeigt – außer ein paar wenigen Kussszenen zwischen Han Solo und Prinzessin Leia oder in den Prequels zwischen Anakin und Padmé Amidala gab es weder in den Filmen noch in den zahlreichen Büchern und Comics jemals Zärtlichkeit, von handfesten Sexszenen ganz zu schweigen.
Trotzdem war die machtdurchflutete Sternenwelt heteronormativ geprägt. Selbstverständlich gab es selbst kleine Andeutungen nur unter verschiedengeschlechtlichen Personen – dafür aber ohne jeden Rassismus zwischen allen nur erdenkbaren Spezies. An eine Darstellung oder Andeutung von Homosexualität wagten sich weder der Erfinder George Lucas noch die Macher der neuen Episode VII.
Disney läutet das Ende der Heteronormativität ein

Im neuen Star-Wars-Taschenbuch "Nachspiel: Der Krieg ist nicht vorbei" gibt es u.a. einen schwulen (und frauenfeindlichen) Rebellenführer
Als vor vier Jahren der Disney-Konzern die Marke Star Wars erwarb und ankündigte, eine neue Trilogie nebst Ablegerfilmen produzieren zu wollen, erklärten die neuen Eigentümer von Lucasfilms das bis daher stetig und kontrolliert sich weiter entwickelnde "Expanded Universe" aus Büchern, Spielen, Comics und Fernsehserien für ungültig.
Ab dem Ende der sechsten Episode, in der Darth Vader und der Imperator besiegt werden, sollte die Geschichte neu erzählt werden (können). Ausgerechnet Disney scheint dabei auf sexuelle Vielfalt zu setzen, wie gleich das erste erschienene Buch "Nachspiel: Der Krieg ist nicht vorbei" (Amazon-Affiliate-Link ), das direkt im Anschluss an "Die Rückkehr der Jedi-Ritter" spielt, eindrucksvoll zeigt.
Ganz unkompliziert und beispielhaft akzeptierend werden darin gleich mehrere Figuren in die Welt von Star Wars eingeführt, die schwul oder lesbisch sind. Die weit, weit entfernte Galaxis stellt sich plötzlich als sexuell vielfältig dar. Das beginnt damit, dass Temmin, sechzehnjähriger Sohn der Rebellin Norra Wexley, bei seinen miteinander verheirateten Tanten Shirene und Esmelle aufwächst, da seine Mutter in den Krieg gegen das Imperium zog, nachdem es ihren Mann Brentin auf offener Straße hinrichtete.
Lesbische Tanten und schwule Väter
Beide Tanten werden als realistische Frauen mit Schwächen und Stärken dargestellt – und sind eben lesbisch und nach geltendem Recht des Planeten Akiva verheiratet. Der Junge und seine Mutter werden dann zum Kern einer neuen Gruppe von Rebellen, die in zwei weiteren Büchern die Hauptrolle spielen wird.
War's das? Mitnichten. An einer weiteren Stelle erinnert sich ein Straßenjunge auf der Hauptwelt Coruscant an die schreckliche Szene, als imperiale Soldaten seine beiden Papas töteten. Auch hier wieder ganz nebenbei. Es sind nicht Mutter und Vater, sondern zwei Väter, die er verloren hat. Der Autor beweist wirklich eine bemerkenswerte Beiläufigkeit, zumindest bis er das Thema Homosexualität sogar ins Zentrum einer wichtigen Szene stellt.
Sinjir Rath Velus, seines Zeichen ehemaliger Loyalitätsoffizier des Imperiums und nun wichtiger Protagonist der neuen Rebellengruppe, reagiert auf die Avancen der ebenfalls dazustoßenden Kopfgeldjägerin Jas Emari mit einem: "Ich stehe nicht auf … so was." Seine Kollegin interpretiert das als Rassismus, weil sie dem gleichen Volk wie Darth Maul angehört, also kein Mensch ist: "So was? Aliens?" – Er stellt richtig: "Frauen."
Rätselraten um das Coming-out im Film
Parallel dazu sorgten kürzlich Äußerungen der Schauspieler John Boyega – er spielt den abtrünnigen Sturmtruppler Finn in "Das Erwachen der Macht" – und Oscar Isaac (Poe Dameron), die neben Daisy Ridley (Rey) Teil der "neuen Drei" (nach Luke, Han und Leia) sind, in Fankreisen und einschlägigen Foren für Aufsehen. Beide twitterten bzw. erwähnten in Interviews, dass die sich abzeichnenden romantischen Entwicklungen in der neuen Trilogie sich möglicherweise in eine gleichgeschlechtliche Richtung bewegen könnten.
Die Reaktionen darauf waren von heftig homophob bis stark homophil. Viele Fans wollen Sexualität generell nicht als Bestandteil ihrer Space Opera, andere lehnen "übertriebene Political Correctness" ab. Ganz wenige argumentierten sogar damit, dass die Hautfarbe Boyegas und das Geschlecht der neuen Hauptfigur schon genug politische Korrektheit seien und ein offen schwuler Charakter dann einfach zu viel des Guten wäre.
Auf der anderen Seite argumentieren die Fans mit der Vielfalt der außerirdischen Rassen im Star-Wars-Universum, mit biologischen Regeln, die überall gelten würden, mit modernem Kino des 21. Jahrhunderts. Und einige sehnen sich regelrecht nach positiv besetzten schwulen Heldenrollen, mit denen sie sich identifizieren können. Möge die Macht (Disneys) mit diesen sein!
Chuck Wendig: Star Wars – Nachspiel: Der Krieg ist nicht vorbei. Taschenbuch. 480 Seiten. Blanvalet Taschenbuch Verlag. München 2016. 9,99 €. ISBN 978-3-7341-6071-4. Der nächste Band "Nachspiel: Lebensschuld" erscheint im September 2016.
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