Ein österreichisches Gericht hält Homosexualität offenbar noch immer für eine "abwegige Neigung"
Auch in Österreich leiden noch heute Schwule daran, dass sie aufgrund von homophoben Sondergesetzen abgeurteilt worden sind. Ein Gericht hat nun sogar die Verurteilung eines homosexuellen Polizisten ausdrücklich bestätigt.
Eine Richterin des österreichischen Bundesverwaltungsgerichts hat einem 1976 wegen homosexuellen Handlungen gefeuerten Polizisten vorgeworfen, eine der "denkbar schwersten Pflichtverletzungen" begangen zu haben. Damit wird seine Rente weiterhin strafweise um ein Viertel gekürzt. Rechtsanwalt Helmut Graupner von der LGBT-Organisation Rechtskomitee LAMBDA (RKL), der den Polizisten vor Gericht vertritt und die Entscheidung am Montag publik machte, zeigte sich schockiert und hofft nun, dass die Höchstgerichte anders urteilen werden.
Der betroffene Ex-Polizist, ein mehrfach belobigter Revierinspektor, war vor 40 Jahren ausschließlich aufgrund des Paragrafen 209, der österreichischen Version des deutschen Paragrafen 175, verurteilt worden. Die sexuellen Kontakte hatten nur im Privatleben des damals 32-Jährigen stattgefunden. Die Sondergesetzgebung für schwule Männer sah damals ein Schutzalter von 18 Jahren für sexuelle Kontakte unter Männern vor, während es für Heterosexuelle und Lesben bereits 14 Jahre betrug. Der Polizist wurde aufgrund dieses Gesetzes zu drei Monaten Haft verurteilt. Strafverschärfend wurde ein Fastentag pro Monat verhängt.
Die Folgen für den jungen Polizisten waren gravierend: Er wurde aus dem aktiven Polizeidienst entlassen. Seine wegen seiner Dienstzeit ohnehin geringe Rente ist bis heute um ein Viertel reduziert. Die Bundespolizeidirektion Wien warf ihm damals eine "abwegige Neigung" vor und erklärte, "dass Homosexuelle in den Reihen der Sicherheitsexekutive für diese an sich schon eine arge Belastung darstellen".
Richterin: Polizist ist nicht diskriminiert worden
Richterin Angela Schidlof bestätigte nun dieses Urteil und erklärte, der Mann sei nicht diskriminiert worden. Er habe vielmehr "eine der denkbar schwersten Pflichtverletzungen" begangen, die "bei jedem anderen Beamten zu denselben disziplinarrechtlichen Folgen geführt hätten". Dabei ignoriert die Richterin, dass dieselben Handlungen für Heterosexuelle damals legal gewesen wären.
"Wir sind schockiert", sagte Rechtsanwalt Helmut Graupner. "Selbstverständlich hätten entsprechende heterosexuelle Handlungen von heterosexuellen Kollegen nie zu deren Entlassung geführt, und die Disziplinarkommission hatte die Entlassung sogar ausdrücklich mit der 'abwegigen Neigung' Homosexualität begründet". Er wolle nun in die nächste Instanz gehen, damit der inzwischen über 70 Jahre alte Polizist "endlich Gerechtigkeit erfährt".
Der Polizist kämpft bereits seit Jahren um sein Recht: 2012 hatte er vor dem Verwaltungsgerichtshof noch einen Sieg eingefahren (queer.de berichtete). Die Versicherungsanstalt musste daraufhin über die Nachzahlung seiner Pension entscheiden, die sie aber 2015 viel zu niedrig berechnet habe, wie Anwalt Graupner erklärte. So habe die Anstalt den Dienstausfall nach 1976 unter den Tisch fallen lassen. Dagegen legte der Polizist Einspruch ein. Er berief sich bei seiner Klage auf die Europäische Menschenrechtskonvention und auf die EU-Antidiskriminierungsrichtlinie (2000/78/EG).
Der Paragraf 209 entspricht dem deutschen Paragrafen 175. Bis 1971 wurde damit "gleichgeschlechtliche Unzucht" von Männern unter Strafe gestellt, nach der Liberalisierung galt lediglich ein höheres Schutzalter. (dk)
""Strafverschärfend wurde ein Fastentag pro Monat verhängt.""..
Dreimal darf geraten werden, aus welcher Ecke der Begriff "Fastentag" herrührt..
Unfaßbares Urteil..
Da kann man nur noch auf den EuGH hoffen..