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In ihrem Buch "Stadt der Lügen" porträtiert Ramita Navai auch homo- und transsexuelle Menschen in Teheran.
An wenigen anderen Orten ist der Unterschied so groß zwischen dem, was gesagt wird und dem, was getan wird. Ramita Navai, iranische Britin, lässt in ihrem Buch "Stadt der Lügen. Liebe, Sex und Tod in Teheran" daran keinen Zweifel: "Wer in Teheran leben möchte, muss lügen. Das hat nichts mit Moral zu tun, in Teheran lügt man, um zu überleben". Man lügt, um nicht mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten, die Regeln der Islamischen Republik greifen zu tief ins Private ein, als dass man an ihnen vorbeileben könnte. Und man lügt, um von Nachbarn, Kollegen oder Freunden nicht verurteilt zu werden und womöglich denunziert, nach 35 Jahren im Gottesstaat ist sozialer Zusammenhalt eine unberechenbare Größe.
Ramita Navai, aufgewachsen in London, kehrte 2004 nach Teheran zurück, um als Korrespondentin für die britische "Times" zu berichten. Reportagen über Menschenrechtsverletzungen und die Wiedergabe eines Mullah-Witzes veranlassten das Ministerium für Kultur und islamische Führung, Navai den Presseausweis abzunehmen. Plötzlich ohne regelmäßige Pflicht, lernte Navai Teheran neu kennen. Entlang des Boulevards Valiasr, der die Villenviertel im Norden mit den Slums im Süden verbindet, sprach sie mit den Menschen der Stadt, mit braven Familienvätern, mit Prostituierten, mit Homo- und Transsexuellen.
Unvereinbar mit den Konventionen des Gottesstaats
Die Geschichten, die sie in ihrem Buch zutage bringt, sind überraschend, denn sie erzählen von Leben, die mit den Konventionen des Gottesstaats nicht vereinbar sind. Ramita Navai lässt einen jungen Menschen zu Wort kommen, der sich einer Geschlechtsanpassung unterzieht, um Männer lieben zu dürfen. Eine Prostituierte wird von ihrem Freier angehalten zu beten, er ist ein hochrangiger Geistlicher. Neben diesen schillernden Beispielen stehen die alltäglicheren Schicksale, betrügende Ehemänner oder rebellierende Töchter in skinny Jeans.
In den acht Porträts, die je um einen Teheraner kreisen, entsteht ein vielschichtiges Bild der Stadt. In einem Interview mit dem britischen Fernsehen sagt Ramita Navai, sie habe bei ihren Gesprächen jegliche Vorannahmen über die Stadt auszuschalten versucht. Sie fand weder das Bild eines Landes voller Fanatiker bestätigt, noch traf sie auf gläubige Schafe und eine scheinheilige, verwestliche Oberschicht. Stattdessen begegnete sie Menschen, die auf unterschiedlichste Weise ihr Leben zu gestalten versuchen. Das Überraschende an ihnen, so Navai, seien nicht ihre Geschichten, es sei der unbedingte Wille der Teheraner zu einem selbstbestimmten Leben. (cw/pm)
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