Von christlichen Gruppen in Bukarest organisierte Demo für "Ehe und Familie" 2015
Religiöse Gruppen wollen eine rein heterosexuelle Definition der Ehe erzwingen. Zugleich klagt ein schwules Paar auf Anerkennung ihrer Ehe aus dem Ausland.
Rückschlag für LGBT-Aktivisten in Rumänien: Das Verfassungsgericht hält ein von Homo-Gegnern eingebrachtes Referendum für eine Verfassungsänderung für legitim, mit der die Ehe als Verbindung von Mann und Frau definiert werden soll.
Das gab das Gericht am Mittwoch nach einer Beratung bekannt, obwohl Referenden niemanden Grundrechte entziehen dürfen und es zugleich bereits ein einfachgesetzliches Eheverbot für schwule und lesbische Paare in Rumänien gibt. Die Abhaltung des Referendums müsste nun mit Zweidrittel-Mehrheiten in beiden Parlamentskammern bestätigt werden; das Referendum selbst müsste – und dürfte – eine Mehrheit erreichen und ein Quorum von 30 Prozent aller Wähler.
Die von der rumänischen Kirche unterstützte "Koalition für die Familie", ein u.a. über das europäische Bürgerbegehren "Vater, Mutter, Kind" lose mit der deutschen "Demo für alle" und ähnlichen europäischen Initiativen verbundenes Bündnis, hatte in einem ersten Schritt drei Millionen Unterschriften gesammelt – vor allen in und um Kirchen und insgesamt sechs Mal mehr Stimmen als erforderlich. Der rumänisch-orthodoxen Kirche gehören rund 80 Prozent der knapp unter 20 Millionen Einwohner an.
LGBT-Organisationen wenden sich ans Parlament
Vor allem in Kirchen wurden Unterschriften zur Abhaltung des Referendums gesammelt
Viele Nachbarländer Rumäniens wie Bulgarien, Serbien und Moldawien haben bereits heute ein Ehe-Verbot für schwule und lesbische Paare in ihren Landesverfassungen verankert. Auftrieb hatte den Homo-Gegnern 2013 das Ergebnis einer Volksabstimmung in Kroatien gegeben; dort hatte eine deutliche Mehrheit das Verbot befürwortet (queer.de berichtete). Erst im letzten Dezember kippte bei einem Volksentscheid zudem eine Mehrheit in Slowenien die vom Parlament beschlossene Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben vor ihrer Einführung (queer.de berichtete).
Die rumänische LGBT-Organisation MozaiQ forderte am Mittwoch die Abgeordneten des Landes auf, gegen eine Abhaltung des Referendums zu stimmen. Auch wenn es legal sei, schaffe es "ein feindschaftliches, abwertendes und abfälliges Klima gegenüber der LGBT-Community" und könne letztlich zu Spannungen und Hassverbrechen führen.
Nachdem das Verfassungsgericht darin versagt habe, Grundrechte zu verteidigen, seien nun die Parlamentarier gefragt, die Rechte aller Bürger zu berücksichtigen. Wenn die Mehrheit die Rechte von Minderheiten bestimme, könnte das in Folge auch die Rechte weiterer Minderheiten betreffen. Für den Abend hatten LGBT-Organisationen zu einer Mahnwache in der Innenstadt aufgerufen.
Keine Entscheidung zu binationalem Paar
Clai (l.) und Adrian sind beide 44, kennen sich seit 14 Jahren und gaben sich 2010 das Ja-Wort in Belgien, als Adrian beim EU-Parlament arbeitete. In seiner Heimat werden sie nicht anerkannt. (Bild: privat)
Das Verfassungsgericht vertagte am Mittwoch zugleich eine Entscheidung über zwei schwule Männer, die eine rechtliche Anerkennung ihrer in Belgien geschlossenen Ehe verlangen. Die Richter hörten den Rumänen und seinen US-amerikanischen Partner an, baten aber um Zeit für ein Urteil, das nun am 20. September verkündet werden soll.
Ein eigener Absatz im Zivilrecht besagt derzeit, dass gleichgeschlechtliche Ehen aus dem Ausland in Rumänien nicht anerkannt werden. LGBT-Organisationen, die die Klage des Paaren unterstützen, sehen darin einen Verstoß gegen EU-Recht. Die Nicht-Anerkennung der Ehe sorge vor allem für praktische Probleme, argumentierte das Paar vor Gericht: Der amerikanische Partner könne nicht kontinuierlich mit seinem Ehemann in Rumänien leben, da er wie jeder Tourist nach maximal drei Monaten das Land zunächst wieder verlassen muss.
Die Verfassung spricht bisher geschlechtsneutral davon, dass zwei Eheleute heiraten können. Schwulen und lesbischen Paaren ist die Ehe allerdings seit 2008 ausdrücklich einfachgesetzlich verboten. Ein Gesetzentwurf der Grünen zur Einführung von Lebenspartnerschaften scheiterte 2013 im Senat mit 2 zu 110 Stimmen und im Abgeordnetenhaus mit 4 zu 298 Stimmen, ein weiterer Versuch erbrachte im letzten Jahr ähnliche Mehrheiten gegen eine Gleichstellung.
Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens hat die Klage beider Männer zumindest zu vielen positiven Medienberichten über sie geführt. Sie gaben zahlreiche Interviews und stellten sich auch für ein liebevolles Video-Portrait zur Verfügung.
Youtube | Clai und Adrian wollen die Gesellschaft verändern
Und weil die EU solche Verstöße gegen EU-Recht durchgehen lässt (und sogar noch vor kurzem gesagt hat, dass sie nationale Ehe-Definitionen über die EU-Grundrechte-Charta stellt) sinkt die Zustimmung zur EU immer mehr...