Sulus Partner und Tochter leben auf der Raumstation Yorktown, die vom Bösewicht Krall angegriffen wird (Bild: Paramount Pictures)
Das Coming-out von Sulu kann man im Kino fast verpassen – doch Schauspieler John Cho sorgte für das richtige Signal.
Von Micha Schulze
Wie heftig wurde in den Medien gestritten, ob Hikaru Sulu, der Steuermann des Raumschiffs Enterprise, plötzlich schwul sein darf. Nun läuft "Star Trek Beyond" in den Kinos, und man muss schon sehr genau hingucken, damit man die homosexuellen Momente des neuen Films ja nicht verpasst.
Dass Sulu eine Tochter namens Demora hat, wissen wir schon seit "Star Trek: Treffen der Generationen". In "Beyond" hat er sich ein Foto des Mädchens (wir nehmen mal an, dass es Demora ist) an die Steuerkonsole gepinnt. Wenig später lernen wir dann die gesamte Familie kennen. Bei einem Stopp der Enterprise auf der Raumstation Yorktown wird Sulu von seinem Partner und seiner Tochter freudig und innig begrüßt. Das gedrehte Küsschen war für die Leinwand dann allerdings schon zu viel.
Kein Wort wird gewechselt in dieser ersten schwulen Sekunde des Films. Auch später erfahren wir leider kein einziges Detail zu dieser sympathischen Regenbogenfamilie. Sulus Partner, im Drehbuch heißt er Ben, hat für die Zuschauer keinen Namen, wir wissen nicht, ob das Paar verheiratet ist, wann es sich das letzte Mal gesehen hat oder wo es sich kennenlernte.
Bescheidenes Coming-out nach 50 Jahren Star Trek
Sulu-Darsteller John Cho bestand auf einen asiatischen Partner für der Steuermann der Enterprise (Bild: Paramount Pictures)
In zwei weiteren Sekunden des Films taucht Ben dann noch einmal auf: Bei einem Angriff des Bösewichts Krall auf die Raumstation sieht man ihn mit der Tochter im Arm weglaufen, am Ende des Films darf er dann beim Geburtstagsempfang für Captain Kirk lächelnd neben Sulu stehen. Wegen dieser drei Miniszenen wurde im Vorfeld ein großes Wurmloch aufgemacht.
Nach 50 Jahren Star Trek, über 700 Serienfolgen und 13 Kinofilmen hätte man sich schon ein etwas tiefergehendes erstes Coming-out gewünscht. Etwas mehr Homotouch hätte dem insgesamt nur mittelmäßigen Film, dessen dünner Plot eigentlich allenfalls eine TV-Folge hergibt, sogar gutgetan.
Zwar gibt es einige witzige und ironische Szenen, etwa wenn Kirk überlegt, welche der immergleichen gelben Uniformen in seinem Schrank er heute anziehen soll. Doch die ganze Geschichte dreht sich nur wieder einmal um einen in seinem Stolz verletzten wahnsinnigen Erdenbürger, der die ganze Welt vernichten will und im letzten Moment vom mutigen Captain gestoppt wird. Auch der Absturz der Enterprise, die abgetrennte Untertassensektion und der dramatisch klemmende vierte Riegel kommen einem doch sehr bekannt vor.
Nun muss man zugestehen, dass das Privatleben der Crew-Mitglieder im Allgemeinen keine große Rolle spielt in der Dauerballerei von "Star Trek Beyond" – und doch bekommen die heterosexuellen Mitglieder der Föderation deutlich mehr Platz für ihre Liebschaften eingeräumt – ob beim Sex auf der Enterprise, der mehr oder weniger logischen Trennung von Spock und Uhura oder Scottys Flirt mit der Außerirdischen Jaylah.
Szene über Sulus Beziehung wurde herausgeschnitten

So ist es wirklich ärgerlich, dass eine bereits gedrehte Szene aus dem Film herausgeschnitten wurde, wie Sulu-Darsteller John Cho in einem Interview ausplauderte. Abgestürzt auf dem fremden Planeten (eine Retro-Kulisse mit Bergen aus besprühtem Pappmaché) machte sich Sulu im Gespräch mit Uhura Vorwürfe, weil sein Freund nur wegen ihm auf die Raumstation Yorktown gezogen ist – um ihm die Karriere in der Sternenflotte zu ermöglichen und ihm dort näher zu sein als auf der Erde.
Immerhin bleibt Sulu als großer Held in Erinnerung. Mit einem atemberaubenden und hochriskanten Flugmanöver mit einem schrottreifen Raumschiff bringt er Chekov ins Schwitzen und die Crew zurück nach Yorktown, wo er seinen Freund oder Ehemann endlich wiedersehen darf. Dass im Film Ko-Drehbuchautor Doug Jung als Ben auftaucht, ist reiner Zufall – der ursprünglich eingeplante Schauspieler hatte aus unbekannten Gründen kurzfristig abgesagt.
John Cho hat übrigens darauf bestanden, dass Sulu einen asiatischen Partner bekommt – um damit ein Zeichen für asiatische schwule Sichtbarkeit zu setzen. Sieht man mal von einigen Kommunalverwaltungen in Japan und Taiwan ab, werden gleichgeschlechtliche Partnerschaften bislang in keinem einzigen asiatischen Land anerkannt. Cho selbst sagte über die Begrüßungsszene: "Auf der einen Seite war sie sehr traditionell, auf der anderen – aus schwulenpolitischer Sicht – irgendwie radikal."
So bietet "Star Trek Beyond" zwar nur drei kurze homosexuelle Sekunden, doch mit einem klaren Signal an alle Kinobesucher von Abu Dhabi bis Vientiane: Volle Schubkraft für LGBT-Rechte voraus!
Youtube | Offizieller deutscher Trailer zum Film
Infos zum Film
Star Trek Beyond. Science-fiction-Drama. USA 2016, Regie: Justin Lin. Darsteller: Chris Pine, Zachary Quinto, Carl Urban. Laufzeit: 123 Minuten. FSK 12. Verleih: Paramount. Deutscher Kinostart: 21. Juli 2016
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