Muhammed Wisam Sankari wurde von Unbekannten verschleppt und ermordet
Er war vor dem Bürgerkrieg in Syrien geflohen, doch im Zufluchtsland Türkei wurde er grausam ermordet.
Zu Update springen: Volker Beck stellt EU-Flüchtlingsabkommen mit der Türkei infrage (14.55 Uhr)
Im Istanbuler Stadtteil Yenikapı ist bereits Anfang letzter Woche ein schwuler Flüchtling aus Syrien enthauptet aufgefunden worden. Bei dem Toten handelt es sich um Muhammed Wisam Sankari, der vor einem Jahr als Flüchtling in die Türkei gekommen war.
Er hatte mit mehreren anderen schwulen Flüchtlingen im Stadtteil Aksaray zusammengelebt. Die Mitbewohner konnten seinen übel zugerichteten Körper später nur anhand seiner Hose identifizieren, wie sie gegenüber der LGBT-Organisation Kaos GL erklärten. Sie erhoben schwere Vorwürfe gegen die Behörden, die sie nicht geschützt hätten.
Wisam verließ ihren Angaben zufolge am 23. Juli seine Wohnung und wollte nach 20 Minuten zurückkehren. Zwei Tage später wurde er tot aufgefunden.
Opfer wurde bereits zuvor vergewaltigt
Die Mitbewohner sagten, dass die Situation für schwule Flüchtlinge in der Türkei unerträglich sei. Sie würden andauernd angestarrt und bedroht. Wisam sei ihren Angaben zufolge bereits vor fünf Monaten von einer Gruppe Männer entführt, geschlagen und vergewaltigt worden. Zuvor hätten die Flüchtlinge aus Gruppen auf der Straße heraus immer wieder entsprechende Drohungen erhalten. Wisam habe in der Türkei um sein Leben gefürchtet und das Land verlassen wollen.
Als er das letzte Mal das Haus verlassen habe, hätten ihn die Freunde gebeten, nicht zu gehen. "Am nächsten Tag hatten wir Panik, weil wir ihn nicht erreichen konnten", sagte ein Mitbewohner namens Gorkem. Dann hätten sie einen Anruf von der Polizei erhalten und seien gebeten worden, ihren Mitbewohner zu identifizieren.
Gorkem berichtete, dass sein Mitbewohner übel zugerichtet gewesen sei: "Sie haben so extreme Gewalt angewendet, dass zwei Messerklingen in seinem Körper abgebrochen sind." Aus seinem Oberkörper hätten die inneren Organe herausgehangen.
Von Behörden hätten sie keinerlei Unterstützung erhalten, auch eine UN-Hilfsorganisation habe auf seine Hilferufe nicht reagiert, beklagte der Mitbewohner Diya. "Ich wurde schon zwei Mal entführt", sagte er. "Es macht nicht aus, ob man Syrer oder Türke ist. Wenn man schwul ist, ist man jedermanns Zielscheibe." Gegen Schwule werde besonders sexuelle Gewalt angewandt. (dk)
Update 14.55 Uhr: Volker Beck: Türkei-Deal nicht mehr zu halten
Der grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck stellt nach dem Mord an Wisam das Flüchtlingsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Türkei infrage. Der Türkei-Deal ist auch menschenrechtlich nicht mehr zu halten", erklärte Beck. "Die EU hat die humanitäre Pflicht, mehr für den Schutz besonders gefährdeter Flüchtlinge zu tun und sie durch Aufnahme schützen. Das gilt mindestens für Lesben, Schwule und Trans*, aber auch für Kurden oder religiöse Minderheiten. Eine Rücksendung dieser Flüchtlinge oder Nichtaufnahme an der Grenze ist unverantwortlich."
Die Türkei sei nicht willens oder in der Lage, die Menschenrechte von LGBT zu schützen: Das zeige neben der brutale Enthauptung des schwulen Syrers auch Drohungen gegen die LGBT-Community und das Verbot des CSDs in Istanbul (queer.de berichtete).
Artikel wurde korrigiert: Wisam lebte im Istanbuler Stadtteil Aksaray, nicht in der gleichnamigen Stadt
Gut dass die Türkei Homosexualität schon 1852 legalisiert hat...