Der Hamburg Pride hat sich den Einsatz für LGBTI-Rechte auf die Fahnen geschrieben, doch bei den gemieteten Toiletten auf dem CSD-Straßenfest gab es nur die üblichen Kabinen für Frauen und Männer (Bild: flickr / Christoph Huebner / by 2.0)
Beim CSD in der Hansestadt demonstrierten Aktivist_innen für geschlechterneutrale Klos – der Pride-Verein verspricht Besserung in 2017.
Eigentlich lief alles prima am Wochenende beim Hamburg Pride. Rund 200.000 Menschen waren unter dem guten Motto "Normal ist, wer Menschen achtet" unterwegs, die Demoparade war politischer als in den Vorjahren und auch die Medienberichterstattung fiel positiv aus. Und doch es kam auf dem Straßenfest zu Protesten aus der Community – inklusive Beschimpfungen, Rangeleien und einem Polizeieinsatz.
Eine Gruppe von Aktivist_innen aus St. Petersburg, die auf Einladung des LSVD zu Gast in der Partnerstadt Hamburg ist, stellte verwundert fest, dass es auf dem CSD-Straßenfest nur Männer- und Frauen-Toiletten gab, aber keine geschlechtsneutralen WCs. Dies sei bei LGBT-Events in aller Welt doch mittlerweile Standard, beschwerte sich ein russischer Besucher in einem Facebook-Post unter der Überschrift "Toilet Wars At Hamburg Pride".
"Die ganze Welt diskutiert und verurteilt gerade die transphoben Klo-Gesetze in den USA", schrieb er weiter und fragte rhetorisch: "Ist es da wirklich in Ordnung, dass der Hamburg Pride so offensichtlich Trans* ausschließt und Ungerechtigkeit festschreibt?"
Selbstgemalte Schilder wieder abgerissen
Weil der Hamburg Pride e.V. auf ihre Beschwerde nicht reagiert habe, griffen die Aktivist_innen zur Selbsthilfe, malten Schilder mit der Aufschrift "WC for everyone" oder "Gender-neutral WC" sowie den Hashtags #RespectTrans* und #IJustNeedToPee und klebten diese an einzelne Toilettenkabinen. Diese sollen jedoch vom überforderten Personal der Mietklo-Container wieder abgerissen worden sein, was für neuen Unmut sorgte.
Weil sie sich bedroht fühlte, rief eine Toilettenfrau die Polizei. Nach weiteren Auseinandersetzungem sorgte eine Beamtin schließlich für Ruhe. Sie erlaubte vor den Klocontainern friedliche Proteste mit Transparenten, drohte jedoch bei Handgreiflichkeiten mit einem Platzverweis.
Der Erste Vorsitzende des Hamburg Pride e.V. Stefan Mielchen bedauerte den Vorfall, gab den Demonstrant_innen allerdings eine Mitschuld an der Eskalation. "Auch wir lernen immer noch dazu und werden das für das kommende Jahr lösen", verprach er gegenüber queer.de. "Die Kritik ist berechtigt, leider hat die Gruppe in ihrer teilweise aggressiven Grundstimmung eine Lösung vor Ort erschwert und ihren Unmut am Toilettenpersonal ausgelassen, das am wenigsten dafür kann. Unsere Versuche, hier mäßigend einzugreifen, waren in der teils aufgeheizten Stimmung leider nicht erfolgreich."
CSD-Vorsitzender: Können Vorschriften nicht ignorieren
Bereits in seiner Rede auf der CSD-Abschlusskundgebung war Mielchen auf den Vorfall eingegangen und hatte die deutsche Bürokratie für die Klo-Diskriminierung verantwortlich gemacht: "Wir haben das Problem erkannt, auch wenn wir es nicht sofort lösen können – auch, weil es immer noch Vorschriften gibt, die wir nicht einfach ignorieren können", so der Pride-Vorsitzende. "Aber auch da werden wir uns verbessern, damit wir über diese Frage im kommenden Jahr gar nicht mehr diskutieren müssen."
Inhaltlich stellte er sich hinter die Demonstrant_innen: Für manche klinge die Entscheidung, wo jemand aufs Klo gehe, banal, meinte Mielchen weiter, doch das sei sie nicht. "Es geht darum, dass jede und jeder von uns so sein darf, wie sie oder er es möchte. Und es geht darum, auch hier den rechten Ausgrenzern zu zeigen, dass ihr Modell von Mann und Frau, dass ihr Modell von Vater, Mutter, Kind, dass ihre heteronormative Sicht der Dinge nicht der alleinige Maßstab unserer Gesellschaft sind."
Für die russischen Aktivist_innen war der Hamburg Pride zu diesem Zeitpunkt schon gelaufen. Obwohl man ihnen versichert habei, dass jeder Mensch die Toilette seiner Geschlechtsidentität benutzen könne, sei ein Mitglied der Gruppe vom Personal aus einem Container verwiesen worden. Auch das Argument der deutschen Bürokratie wollten sie in dem Facebook-Post zum "Toiletten-Krieg" nicht gelten lassen: "Eine geschlechterneutrale Toilette zur Verfügung zu stellen, ist doch wirklich nicht schwierig." (mize)
Oh Gott haben die Russen Probleme, gut dass dort alles super läuft.