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Schwule und Lesben "sind intolerant"
Mexiko: Katholische Kirche warnt vor Homo-"Attacke"

Norberto Kardinal Rivera Carrera nutzt seine Position in der Kirche, um sich politisch gegen die Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben zu engagieren (Bild: Flickr / Enrique López-Tamayo Biosca / by 2.0)
- 9. August 2016, 15:10h 3 Min.
Mit aggressiver Rhetorik versucht ein mächtiger katholischer Kardinal, die vollständige Gleichstellung von Schwulen und Lesben bei der Zivilehe zu verhindern.
Norberto Kardinal Rivera Carrera, der katholische Erzbischof von Mexiko-Stadt, hat davor gewarnt, dass die Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben zu Repressionen führen werde. Im katholischen Magazin "Desde la fe", das von Rivera herausgegeben wird, veröffentlichte er im Namen seiner Erzdiözese in einer fünfteiligen Reihe Gründe, warum Schwule und Lesben mit einem Ehe-Verbot belegt werden sollten. So sei die gleichgeschlechtliche Ehe gegen den Willen Gottes, sie führe dazu, dass Menschen ihren Glauben verlieren, und verursache geistigen und körperlichen Schaden ("Der männliche Anus ist nicht dazu gemacht, etwas zu empfangen, sondern nur dafür, etwas auszuscheiden").
Im am Wochenende veröffentlichten letzten Teil der Reihe warnte er gar von einem Ende der Meinungsfreiheit durch die "Attacke" der gleichgeschlechtlichen Ehe. Bereits heute würden Homo-Gegner in bestimmten Teilen der Welt unterdrückt. In diesen nicht näher benannten Ländern seien diese Menschen Spott, Verfolgung, Beleidigungen und Bedrohungen ausgesetzt und würden als "homophob" diffamiert. Dafür seien Schwule und Lesben persönlich verantwortlich: "Homosexuelle fordern Toleranz, aber die meisten von ihnen sind intolerant".
Warnung: Homo-Rechte reißen die Gesellschaft auseinander
Die Kirche habe wegen der drohenden Konsequenzen ein Recht, sich in die Politik einzumischen, so Rivera weiter. "Das betrifft die Gesellschaft als Ganzes." Heiratende Homosexuelle könnten seiner Meinung nach die Gesellschaft auseinanderreißen.
Der Hintergrund der Debatte: Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto hatte im Mai angekündigt, mit einer Verfassungsänderung landesweit die Ehe für Schwule und Lesben zu öffnen (queer.de berichtete). Derzeit gleicht das Land einem Flickenteppich: Acht Staaten haben die Ehe von sich aus oder durch ein Gerichtsurteil geöffnet; einige andere erkennen Lebenspartnerschaften mit gleichen oder teilweise gleichen Rechten an, während zwei Staaten die Partnerschaften rechtlich noch gar nicht anerkennen. Dabei hatte der Oberste Gerichtshof des Landes vergangenes Jahr bereits entschieden, dass das Ehe-Verbot für Schwule und Lesben gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in der Verfassung verstößt (queer.de berichtete).
LGBT-Aktivisten und mehrere Politiker kritisierten Riveras Äußerungen scharf: "Der Kardinal verletzt den säkularen Staat. Außerdem macht er Werbung für Diskriminierung und sogar Gewalt", sagte etwa Temistocles Villanueva, der Chef der LGBT-Gruppe in der linken Morena-Partei, gegenüber dem TV-Sender teleSUR. Viele Schwule, Lesben und Transgender seien bereits jetzt Mobbing und sogar Todesdrohungen ausgesetzt, was durch den katholischen Würdenträger noch verstärkt werde.
Rivera hat sich wie mehrere andere Bischöfe in Mexiko bereits in den letzten Jahren dagegen eingesetzt, dass gleichgeschlechtliche Paare staatlich anerkannt werden. Als die Ehe für Schwule und Lesben in Mexiko-Stadt 2010 geöffnet wurde, verurteilte er diesen Schritt als "unmoralisch" und "abwegig" (queer.de berichtete). Später bezeichnete er die Gleichbehandlung im Ehe-Recht sogar als "böse" (queer.de berichtete).
Trotz der kompromisslosen Haltung der katholischen Kirche, der die große Mehrheit der Mexikaner angehört, sprechen sich Umfragen zufolge rund zwei Drittel der Mexikaner für die Ehe für alle aus (queer.de berichtete). (dk)














