Der LGBT-Aktivist Dimitri Schdanow nahm für den Protest auch Verletzungen – und eine mögliche Festnahme – in Kauf
Um auf interfamiliäre Gewalt gegen queere Jugendliche hinzuweisen, ließ sich ein junger Schwuler zur vermeintlichen Buße zur Basilius-Kathedrale schleifen.
Von Norbert Blech
Wenn an diesem Freitag der "Internationale Tag der Jugend" begangen wird, könnten sich in Russland erstmals einige Personen Gedanken über die Situation von LGBT-Jugendlichen machen. Der Grund: Der 23-jährige Aktivist Dimitri Schdanow schaffte es am Donnerstag mit einem schockierenden wie traurigen Protest auf dem Roten Platz in die Schlagzeilen.
Seine von zwei Freunden gespielten "Eltern" zerrten den gehbehinderten Jungen mit an seinen Armen und im Gesicht befestigten Fesseln über den Roten Platz zur Basilius-Kathedrale, den Mund knebelten sie mit einer Regenbogenflagge. Trotz der grausamen Bilder und dem offensichtlichen Motiv der Eltern, ihn zu Gebet und Beichte zu der Kirche zu schleppen, griff zunächst keiner der Passanten ein.
Ein herbeigeeilter Polizist behandelte Schdanow auch nicht zimperlich, als er Passanten mit Handys und Medien erste Interviews gab und den Protest offenbarte. Er und drei Freunde wurden kurzzeitig festgenommen, aber noch auf dem Platz – oder im Fall der "Mutter" Anastasia wenig später auf der Wache – wieder freigelassen.
Protest gegen den schädlichen Umgang mit LGBT-Kids
Er wolle mit der Aktion auf häusliche Gewalt durch Eltern aufmerksam machen, die ihre Kinder wegen ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität ablehnten, schrieb der Aktivist in sozialen Netzwerken. Viele Eltern machten die Situation noch schlimmer, indem sie die vermeintlichen "Problem"-Jugendlichen zur Lösung und "Reinigung" in die Kirche schickten oder zur vermeintlichen Behandlung in die Psychiatrie. Das sei ein "Missbrauch", so Schdanow, der Folgen für die Kinder habe.
Er verwies auf die hohe Anzahl von Selbstmorden unter russischen Jugendlichen; es wird vermutet, dass darunter viele queere Jugendliche sind. Nicht wenige hatten mehrfach versucht, sich das Leben zu nehmen, ohne dass Hilfe oder Verständnis erfolgte.
"Viele LGBT-Teenager leben alleine, in Isolation", so Schdanow. "Und die Informationen in den Medien verschärfen die Lage noch. Die Kirche, Politiker, Lehrer und Eltern sagen alle das gleiche: Du bist krank, Du bist verrückt, Du gehörst nicht zu uns." Zum Tag der Jugend wolle er darauf aufmerksam machen, wie dieses Verhalten dazu führe, dass Jugendliche sich zurückziehen und leiden würden. Er widmete den Protest den Freunden und Hilfesuchenden vom Online-Unterstützernetzwerk "Kinder 404", das vom Staat immer mehr bedrängt wird (queer.de berichtete).
Dimitri Schdanow (r.) Ende Juli beim CSD in St. Petersburg
Schdanow gehört zu einer ganz neuen Generation junger, furchtloser russischer LGBT-Aktivisten (ein Großteil der bekannten Aktivisten der letzten Jahre, die zumeist nur wenige Jahre älter sind, lebt mittlerweile im Asyl in Europa oder den USA). Wie viele der Jüngeren zeigt er erstaunlichen Mut, da er wenig zu verlieren hat. Erst kürzlich nahm er beim CSD in St. Petersburg teil, der vorab an allen geplanten Orten verboten worden war. Die Aktivisten setzten auf nach russischem Recht erlaubte Einzelproteste – und kamen trotz gegenteiliger Erwartungen ohne Festnahmen und Angriffe davon.
Für Schlagzeilen sorgte der Aktivist, der in einer Frauenstrafkolonie geboren wurde und nach einer Rückenverletzung im Rollstuhl sitzt, auch vor wenigen Wochen in Moskau, als er bekannt machte, was er in einem schwulen Club erlebt hatte: Erst habe man ihn wegen seiner Behinderung nicht reinlassen wollen, dann sei er im Innern von einem Türsteher des Clubs verprügelt worden.
Das Managment habe ihn gebeten, die Sache nicht öffentlich zu machen – Schdanow rief die Polizei und die Medien. Denn dass es Kinder und Jugendliche mit körperlichen oder geistigen Behinderungen in Russland auch nicht leicht haben, könne man ebenfalls nicht oft genug betonen.
Die Aktion der russischen Aktivisten die als Gäste in Hamburg waren, war eine spontane Protestaktion und zeigt welchen Mut Sie haben.
Dass man Sie hier nicht vor Polizei geschützt hat, sondern auch nach getreten hat, zeigt welchen Respekt die Community untereinander hat.
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Wo setzen sich die deutschen LGBTTIQ* Communitys gemeinsam für den Schutz aller Kinder und Jugendlicher ein. Das gibt es meines Wissens in Deutschland bislang noch nicht!
Es fängt schon damit an, dass man scheinbar bewusst vor Intersex-Genitalverstümmelungen (IGM) wegschaut.
transallianceproject.wordpress.com/2016/07/28/frauenrechtsau
sschuss-ruegt-frankreich/
Die "Ärztekammer Westfalen-Lippe" hat einen Sitz im WDR Medienrat. Organisationen aus den Bereichen Intersexualität, Transsexualität, trans* / Transgender wurde dieser verwehrt.
Auch die Bürgerschaft der Freien- und Hansestadt hat aktuell einen Sitz im NDR Medienrat abgelehnt.
Die Medien tragen für die Gegebenheiten in Deutschland eine erhebliche Mitverantwortung.
Die gesamte LGBTTIQ* Community hat dafür zu sorgen, dass der Schutz von Intersex-Kindern und Jugendlichen, genauso trans-Kindern/Jugendlichen, Les + Gay Jugendlichen/Teens sowie Menschen die sich als non binary ansehen - angemessen, dargestellt wird und fragwürdige Gegebenheiten angeprangert werden.
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Jedes Geschlecht verdient Respekt