Die konservative islamische Zeitung "Republika" mit der Headline: "LGBT sind eine ernste Gefahr" (Bild: Human Rights Watch)
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch schlägt Alarm: 2016 habe eine "nie dagewesener Angriff" auf LGBT-Rechte im bevölkerungsreichsten mehrheitlich muslimischen Land begonnen.
Regierungsvertreter, Islamisten und sogar religiöse Massenorganisationen verschärften mit Hasstiraden das gesellschaftliche Klima in Indonesien so sehr, dass man inzwischen von einer "schwerwiegenden langfristigen Bedrohung der Rechte und der Sicherheit von LGBT-Indonesiern" sprechen könne. Das erklärte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht. Weiter heißt es: "Die Rechte von sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten sind 2016 einem nie dagewesenen Angriff ausgesetzt."
Zwar habe es in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder verbale und tätlich Angriffe auf LGBT gegeben, allerdings habe sich die Lage seit Beginn des Jahres massiv verschlechtert. Es sei nun auch vorstellbar, dass Homosexualität unter Strafe gestellt wird.
In den letzten Monaten hat Indonesien unter anderem eine LGBTI-Kampagne der Vereinten Nationen gestoppt (queer.de berichtete). Zu den homophobsten Ausbrüchen von Regierungsvertretern gehörte die Äußerung von Verteidigungsminister Ryamizard Ryacudu, der im Februar gesagt hatte, dass die Akzeptanz Homosexueller schlimmer sei als ein Atomkrieg (queer.de berichtete). Daher müssten Schwule und Lesben mit "einer Art moderner Kriegsführung" bekämpft werden.
In Indonesien sind homosexuelle Handlungen nicht untersagt, mit Ausnahme der Provinz Aceh, die diese seit vergangenem Jahr nach Scharia-Recht mit Peitschenhieben bestrafen lässt. Allerdings ist die Mehrheit der Bürger äußerst LGBT-feindlich eingestellt. Laut einer Umfrage des Pew Research Center aus dem Jahr 2013 erklärten 93 Prozent der Indonesier, dass Homosexualität bekämpft werden sollte – damit ist die Ablehnung dort noch größer als in Malaysia oder Pakistan, wo homosexuelle Handlungen unter Strafe stehen.
Der Präsident schweigt
Präsident Joko Widodo lässt die Homo-Hasser gewähren
Kyle Knight, der Autor des Berichtes, beschuldigte die Regierung des für seine Wirtschaftsreformen auch im Westen geachteten Präsident Joko Widodo, die Stimmung anzuheizen. "Wenn er wollte, könnte er seinen Ministern und politischen Verbündeten sagen, sie sollen damit aufhören. Das tut er aber nicht", so Knight in einem Interview. Auch bei Menschenrechtsverletzungen gegen religiöse Minderheiten habe Widodo geschwiegen.
Die Radikalisierung habe mit dem neuen Strafrecht in Aceh begonnen. Das habe nationale Auswirkungen gehabt, die zunächst von Regierungsvertretern angefacht worden seien und sich anschließend auf andere Bereiche ausweiteten. So habe die Medienbehörde verboten, LGBT als "normal" darzustellen.
Religiöse Organisationen heizen Stimmung an
Auch die Religion spielt eine Rolle, so Knight. "Normalerweise erlassen rechtsradikale militante Islamisten in Indonesien Fatwas oder Edikte gegen die LGBT-Bevölkerung und andere Minderheiten. Aber jetzt machen auch moderate muslimische Gruppen mit." Dazu zähle die Nahdlatul Ulama, die mit 40 Millionen Mitgliedern die größte muslimische Nichtregierungsorganisation der Welt ist und auch Millionen an internationalen Fördergeldern erhält. "Historisch gesehen ist die Organisation antidschihadistisch und predigt Toleranz. Aber in der jetzigen Atmosphäre gießt sie Öl ins Feuer, indem sie sich für die Kriminalisierung von LGBT-Menschen einsetzt."
In dem Bericht wird die indonesische Regierung aufgefordert, die negative Entwicklung zu beenden. Außerdem müssten die Vereinten Nationen ihre Entwicklungszusammenarbeit mit dem Land überdenken und dürften nur Organisationen fördern, die sich den Prinzipien der Nichtdiskriminierung verschrieben hätten. (dk)
Männer und Frauen unterscheiden sich in Indonesien, wie in anderen asiatischen Ländern auch, äußerlich nicht so stark voneinander wie z.B. in Europa und den USA. Solche Länder sind normalerweise tolerant gegenüber Schwulen und Transleuten (sh auch Thailand, Vietnam, Laos, Taiwan usw).
Dass diese Situation sich zur Zeit ändert, ist dem Islam zu "danken", der überall, wo er die Mehrheit hat, Schwule verfolgt. Hier in Europa sieht man fast nur noch islamische Touristinnen, die mit dem typischen indonesischen Kopftuch bekleidet sind, etwas, das man bis vor wenigen Jahren nicht sah.
Da Indonesien über 200 Millionen Einwohner hat, ist diese Entwicklung beängstigend.