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Sozialwissenschaftliche Befragung
43% der Flüchtlinge wollen keine schwulen Nachbarn – viele Deutsche aber auch nicht

Nachbarn: Wer im selben Haus zusammenlebt, kann Vorurteile abbauen (Bild: flickr / Martin Abegglen / by 2.0)
- 16. August 2016, 06:10h 2 Min.
Die Berliner HMKW hat Details ihrer Flüchtlingsstudie vorgestellt. Das Ergebnis ist differenzierter als die vorab verbreitete Zusammenfassung.
Von Micha Schulze
Wie homophob sind die im letzten Jahr nach Deutschland gekommenen Flüchtlinge? Über diese Frage wird heftig diskutiert und spekuliert. Die Berliner Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft (HMKW) liefert nach einer Befragung in Flüchtlingsheimen der Stadt nun erstmals einige Zahlen zu diesem Thema. Mit 445 Rückläufern bei 1.000 verteilten Fragebögen in Farsi, Arabisch und Englisch ist das Ergebnis nicht repräsentativ, bietet jedoch ein Stimmungsbild.
Die am Montag vorgestellten Details der sozialwissenschaftlichen Studie (PDF) sind etwas differenzierter als die vorab verbreitete Zusammenfassung. Darin war das Wertebild vieler Flüchtlinge pauschal mit dem der "AfD-Anhänger oder der Pegida-Bewegungen" verglichen worden (queer.de berichtete).
Schwule Nachbarn für die Mehrheit der Flüchtlinge kein Problem
Die Einstellung zu Homosexualität wurde von der Berliner Hochschule an der Frage festgemacht, ob man ein schwules Paar als Nachbarn begrüßen würde. "Fände ich nicht gut", sagten mit 43 Prozent sehr viele. Noch mehr, nämlich 46 Prozent, gaben allerdings an, dass ihnen das "egal" sei. Und elf Prozent fänden homosexuelle Nachbarn sogar "gut". Die Mehrheit der befragten Flüchtlinge, so könnte man es auch positiv formulieren, hat mit Schwulen kein Problem.
Die Ablehnung, neben einem Männerpaar zu wohnen, war dabei höher als bei anderen Familienformen. 24 Prozent der befragten Berliner Flüchtlinge wollten nicht neben einer Studenten-WG leben, 18 Prozent nicht neben unverheirateten Heteros.
Die HMKW zitiert zu dem Thema gleich zwei Vergleichsstudien, um die hohe Homophobie unter Flüchtlingen zu belegen. So lehnen nach einer Allensbach-Studie aus dem Jahr 2013 "nur" 13 Prozent der Bundesbürger Lesben und Schwule als Nachbarn ab – seit 1991, wo dieser Wert noch bei 36 Prozent lag, ging die Ablehnung kontinuierlich zurück. Auch nach der Shell-Jugendstudie 2015 wollten "lediglich" 12 Prozent nicht neben Homosexuellen leben.
Aufschlussreicher wäre ein Vergleich mit einer Repräsentativbefragung des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN) aus dem vergangenen Jahr gewesen. Schaut man sich diese Studie ab, verringern sich die Unterschiede bei den Einstellungen von Flüchtlingen und der übrigen Bevölkerung etwas. Nach der KFN-Untersuchung fänden es nur 50,3 Prozent der Niedersachsen "eher angenehm", neben Homosexuellen zu wohnen, 10,5 Prozent "eher unangenehm". 39,2 Prozent antworteten mit "teils/teils" (queer.de berichtete).
Fazit: Homophobe Einstellungen gibt es nicht nur bei Flüchtlingen, sie treten in dieser Gruppe jedoch signifikant häufiger auf und müssen thematisiert werden. Die besten Antworten sind Aufklärung und direkte Kontakte, zumal die große Mehrheit der Flüchtlinge – das zeigt auch die HMKW-Befragung – bereit ist, sich unter schweren Anstrengungen zu integrieren.
Gerade Nachbarn können helfen, Vorurteile abzubauen – auf beiden Seiten.















Sorry aber die Wortwahl dieser Befragung ist völlig unnütz. "Teils/Teils" trifft tatsächlich wohl auf die meisten Situationen im Leben zu. Aus dem Ergebnis kann man absolut nichts ableiten, schon gar nicht dass die Mehrheit der Deutschen ähnlich tickt wie die Flüchtlinge.
Es kommt mir so vor als ob Queer.de einfach diejenige Studie herauspickt, in die man am meisten Pessimisumus hineininterpretieren kann und dann sagt diese sei am repräsentivsten.
Tatsächlich stimmen vom Wortlaut aber die anderen zitierten Studien viel besser mit der Befragung der Flüchtlingen überein.
Die Flüchtlinge wurden gefragt, ob es ihnen egal sei oder ob sie es gut oder nicht gut fänden. "Egal" ist kann man wohl auch mit "Teils/Teils" bei der anderen Studie gleichsetzen. Somit wird der Unterschied der Flüchtlinge zum Durchschnitt noch grösser.