Besonders Männer mit häufig wechselnden Sexualpartnern sollten sich auf Syphilis und andere sexuell übertragbare Krankheiten testen lassen (Bild: Wheeler Cowperthwaite / flickr / by-sa 2.0)
Binnen fünf Jahren hat sich die Zahl der pro Jahr gemeldeten Syphilis-Erkrankungen in Deutschland mehr als verdoppelt. 85 Prozent der Fälle sind auf Sex zwischen Männern zurückzuführen.
Syphilis wird in Deutschland immer mehr zum Problem: Im Jahr 2015 wurden insgesamt 6.834 Fälle der bakteriellen Erkrankung gemeldet, 94 Prozent der Betroffenen waren Männer. Das gab das Robert-Koch-Institut am Dienstag in seinem "Infektionsepidemiologischen Jahrbuch" (PDF) bekannt. Im Vergleich zum Vorjahr sind damit 19 Prozent mehr Syphiliserkrankungen gemeldet worden, im Vergleich zu 2010 beträgt der Anstieg sogar erschreckende 125 Prozent.
Die meisten der Übertragungen ereigneten sich laut dem Institut durch schwulen Sex. Insgesamt konnte in drei Vierteln aller Fälle ein wahrscheinlicher Infektionsweg genannt werden. In dieser Gruppe glaubten 85 Prozent, sich über sexuelle Kontakte zwischen Männern angesteckt zu haben – damit ist der Anteil im Vergleich zum Vorjahr noch einmal leicht angestiegen. Der Anteil der wahrscheinlich heterosexuell erworbenen Infektionen liegt bei 15 Prozent. Mehr als 90 Prozent steckten sich wahrscheinlich in Deutschland ein. Die am häufigsten genannten ausländischen Ansteckungsländer waren Spanien, Thailand und Rumänien.
Besonders hoch ist der Anstieg bei Sexarbeitern und deren Kunden. So steigerte sich der Anteil der Infektionen nach "Prostitutionskontakten" um 25 Prozent, unter Sexarbeitern schoss er um 24 Prozent in die Höhe.
Insbesondere Großstädter betroffen
Syphilis bleibt vor allem ein Großstadtproblem: Die Bundesländer mit den höchsten Fallzahlen sind daher die Stadtstaaten – in Berlin wurden 39 Fälle pro 100.000 Einwohner gemeldet, in Hamburg 21 und in Bremen 8,8. Der Flächenstaat mit den meisten Fällen war Sachsen (8,6). Am wenigsten Diagnosen gab es in Brandenburg (3,6). Vergleichsweise hohe Zahlen von über 20 Fällen pro 100.000 Einwohnern waren außer in Berlin und Hamburg noch in den Städten Köln (36), München (30), Frankfurt (30), Trier (27), Düsseldorf (27), Leipzig (24) und Stuttgart (20) zu verzeichnen.
Die hohen Zahlen könnten mit Verzögerung auch Auswirkungen auf die Zahl der HIV-Infektionen haben. Der Grund: Wer sich mit Syphilis ansteckt, erhöht auch die Wahrscheinlichkeit, sich bei sexuellen Kontakten mit HIV zu infizieren. Daher empfehlen Aids-Hilfen gerade Männern mit oft wechselnden Sexualpartnern, sich regelmäßig auf sexuell übertragbare Infektionen untersuchen zu lassen.
HIV-Diagnosen stiegen um fünf Prozent an
Auch die HIV-Neudiagnosen sind laut den Daten des Robert-Koch-Instituts im vergangenen Jahr angestiegen, allerdings weniger stark: 2015 wurden demnach 3.674 Fälle gemeldet, das sind genau fünf Prozent mehr als im Vorjahr. 64 Prozent der Fälle, bei denen der Infektionsweg wahrscheinlich bekannt ist, sind auf Sex zwischen Männern zurückzuführen.
Syphilis ist eine bakterielle Erkrankung, die vergleichsweise leicht durch Oral- oder Analsex übertragen wird. Der Gebrauch von Kondomen schützt nur teilweise. Die Krankheit verbreitet sich über ein schmerzloses Geschwür weiter, das vier Wochen nach der Infektion auftritt. Befindet sich das Geschwür in der Nähe des Darmausganges, bleibt es meist gänzlich unbemerkt – daher ist es gerade bei einem ausschweifenden Liebesleben wichtig, sich regelmäßig testen zu lassen. Sobald die Krankheit erkannt wurde, kann sie binnen zwei bis drei Wochen mit Penicillin besiegt werden.
Wird Syphilis aber nicht behandelt, kommt es nach einigen Monaten zu immer wiederkehrenden grippeartigen Beschwerden. Anschließend wird es richtig gefährlich: Die Bakterien verteilen sich über den Körper und greifen innere Organe an, was unbehandelt zum Tode führen kann.
Weltweit gibt es laut einer Schätzung der Weltgesundheitsorganisation WHO jährlich rund elf Millionen Syphilis-Neuerkrankungen, 90 Prozent davon in Entwicklungsländern. (dk)