Plakat gegen den Paragraf 175 im Schwulen Museum* Berlin (Bild: Norbert Blech)
Viele Betroffene könnten bei einer Individualentschädigung ihre Verfolgung nur schwer nachweisen, zeigt eine Kleine Anfrage im Düsseldorfer Landtag.
Die von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) geplante Entschädigung der Nachkriegsopfer des Paragrafen 175 könnte zu einer "Farce" werden, warnte die Linkspartei in NRW am Montag in einer Pressemitteilung. Anlass ist die Antwort von Landesjustizminister Thomas Kutschaty (SPD) auf eine Kleine Anfrage des fraktionslosen Abgeordneten Daniel Schwerd, der von den Piraten zur Linken gewechselt ist.
Durch Schwerds Initiative kam heraus, dass in Nordrhein-Westfalen die meisten Gerichts- und Kriminalakten zum Paragraf 175 nach Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen bereits vernichtet worden sind. Eine Durchsicht, ob überhaupt noch Akten vorhanden sind, sei in den letzten vier Jahren nicht erfolgt, so der Justizminister in seiner Antwort (PDF).
"Wer Unterdrückung aufarbeiten will, darf Akten nicht vernichten lassen"
Sollte es zu einer Rehabilitierung der nach 1949 verurteilten Homosexuellen kommen, könnten viele Betroffene bei einer Individualentschädigung ihre Verfolgung nur schwer nachweisen, schlussfolgerte die Linke. Das vor einigen Wochen vom Bundesjustizminister vorgelegte Eckpunktepapier schlägt zwar eine pauschale Aufhebung der Urteile vor, verlangt bei Entschädigungszahlungen jedoch eine individuelle Beantragung (queer.de berichtete).
Die Landesregierung habe der Vernichtung der Akten "tatenlos zugesehen", kritisierte die Linke, obwohl sich der Landtag bereits 2012 für eine Entschädigung und Rehabilitierung der in der Bundesrepublik verfolgten Homosexuellen aussprach. "Wer Unterdrückung aufarbeiten will, darf Akten nicht vernichten lassen und muss sich einen Überblick über vorhandene Aktenbestände verschaffen", erklärte Schwerd.
Angesichts der venichteten Unterlagen könne man von den Opfern nicht verlangen, ihre Verfolgung zu belegen, meinte der Landtagsabgeordnete. "Ich erinnere daran, dass es schon bei der Entschädigung für Zwangsarbeit für die Betroffenen nicht nur sehr zeitaufwändig, sondern nahezu unmöglich war, die notwendigen Nachweise zu erbringen. Eine nicht erfüllbare Nachweispflicht darf es nicht geben."
Bundesjustizminister Heiko Maas hatte für die Opfer des Paragrafen 175, die keine Nachweise vorlegen können, einen "Entschädigungsfonds für Härtefälle" vorgeschlagen. (mize)
UDie aktenvernichtung trifft uns doppelt.
Zum ersten werden die schwulen opfer um ihre berechtigte entschädigung gebracht.
Darüber hinaus wird die erforschung und aufarbeitung eines teils schwuler geschichte in deutschland unmöglich gemacht.
Aus bewusstem grund? Es muss jetzt einen offiziellen und bundesweiten akten-vernichtungsstopp geben.