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Zehn Wochen vor der Wahl
LGBT-Politik: Kritik an Donald Trump nimmt zu

- 26. August 2016, 17:59h 5 Min.
LGBT-Aktivisten, Filmstars und Schwulenikonen warnen eindringlich vor dem Rechtspopulisten. Donald Trump selbst sieht sich dagegen als LGBT-freundlichsten Kandidaten bei der Wahl.
Von Dennis Klein
Schwulenikone Cher hält nicht viel von Präsidentschaftskandidat Donald Trump und seinem Vize Mike Pence. Vor wenigen Tagen sagte die 70-Jährige bei einer LGBT-Veranstaltung in Provincetown: "Ich habe Angst um euch, weil ich weiß, was sie tun wollen – sie werden versuchen, die Uhren wieder zurückzudrehen. Sie werden euch eure Rechte nehmen". Wenn Trump sage, er wolle "Amerika wieder großartig" machen, bedeute das laut Cher, er wolle das Land "heterosexuell und weiß" machen.
Auch Star-Dragqueen RuPaul ist kein Trump-Fan: "Dieser Präsidentschaftswahlkampf ist interessant, weil einer der Kandidaten verdammt verrückt ist", so RuPaul gegenüber dem LGBT-Magazin "The Advocate". "In der Zukunft wird man auf diesen Wahlkampf zurückblicken und sich fragen: 'Was zum Teufel ist hier falsch gelaufen?'"
Bereits Ende Juli unterschrieben mehr als 100 TV-, Film und Musikstars einen Offenen Brief, in der sie vor der "hasserfüllten Ideologie" Trumps warnten, die Homo- und Transphobie kultiviere. Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem Bryan Cranston, Woody Harrelson und Meg Ryan (queer.de berichtete).
Trump hofiert Homo-Hasser

Trump-Fan Tony Perkins ist Chef des LGBT-feindlichen "Family Research Council"
Tatsächlich hat Trump im Wahlkampf vor allem Homo-Hasser hofiert: So wählte er mit Mike Pence ausgerechnet einen Politiker zu seinem Vize, der sich mit seinem Kampf gegen LGBT-Rechte einen Namen gemacht hat (queer.de berichtete). Außerdem sprach Trump in Orlando bei einer Veranstaltung des LGBT-feindlichen "American Renewal Project", das "homosexuellen Totalitarismus" zurückdrängen will – das Event fand genau zwei Monate nach der Terrorattacke auf den LGBT-Club "Pulse" in der gleichen Stadt statt, den Trump anders als seine Konkurrentin Hillary Clinton demonstrativ nicht besuchte (queer.de berichtete).
Vor wenigen Tagen sorgte Trump für weitere Schlagzeilen, weil er ausgerechnet die homophobe Ex-Kongressabgeordnete Michele Bachmann zu seiner Beraterin in Terrorismusfragen ernannt hat. Die Anhängerin einer Homo-"Heilung" hatte wiederholt gegen Schwule und Lesben polemisiert – so bezeichnete sie Homosexualität als "Teil Satans" (queer.de berichtete). 2014 warf sich Schwulen pauschal vor, "dass sie es sexuell auf kleine Kinder abgesehen haben".
Vergangene Woche spendete die Trump-Kampagne mehreren Medienberichten zufolge auch 100.000 Dollar an den homophoben Aktivisten Tony Perkins. Das Geld sol als Hochwasserhilfe deklariert gewesen sein, weil Perkins' Haus im Bundesstaat Louisiana bei einer Überschwemmung zerstört worden war – ironischerweise hatte Perkins zuvor immer wieder erklärt, dass Gott Naturkatastrophen wie Hochwasser aus Verärgerung über die Akzeptanz von Homosexualität auf die Erde schicken würde (queer.de berichtete). Perkins zeigt sich begeistert von Trump. So sagte er vor kurzem: "Donald Trump hat versprochen, die Erste Freiheit (Religionsfreiheit, Red.) hochzuhalten und zu schützen, damit unsere Bürger wieder die Möglichkeit haben, sich als Nation unter Gott vereinigen zu können."
Trump: Muslim-Feind ist Homo-Freund
Trump selbst hat allerdings eine andere Einschätzung über sein Verhältnis mit sexuellen Minderheiten. Wird er dazu befragt, beschreibt er sich stets als den LGBT-freundlichsten Kandidaten bei dieser Wahl – und führt als Begründung fast ausschließlich seine Ablehnung von Muslimen an. So behauptete er nach dem Massaker in Orlando: "Hillary Clinton kann nie ein Freund der Gay-Community sein, solange sie Einwanderung befürwortet, die islamische Extremisten in unser Land bringt. Sie unterdrücken Frauen, Schwule und all diejenigen, die nicht ihre Ansichten teilen."
Beim republikanischen Parteitag im Juli wiederholte er diese Ansichten: "49 wundervolle Amerikaner wurden brutal von einem islamischen Terroristen ermordet", sagte er in einer Rede. "Dieses Mal hat der Terrorist auf die LGBTQ-Community gezielt. Nicht gut! Und wir werden das stoppen. Als Ihr Präsident werde ich alles in meiner Macht stehende tun, um die LGBTQ-Bürger vor Gewalt und Unterdrückung durch eine hasserfüllte ausländische Ideologie zu schützen."
Heute für LGBT-Rechte, morgen dagegen
Im Wahlkampf hatte Trump anfangs auch bei anderen Themen einen toleranteren Umgang angedeutet. So sagte er noch während des Vorwahlkampfes im April in einem TV-Interview, dass Transsexuellen die Benutzung von öffentlichen Toiletten erlaubt sein solle, die ihrer Geschlechtsidentität entsprechen. Damit kritisierte er direkt das transphobe "Klo-Gesetz" HB 2 in North Carolina (queer.de berichtete).
Allerdings hat er sich von dieser Position schon längst wieder verabschiedet: Nach Kritik aus den eigenen Reihen sagte er im Mai, dass die Bundesstaaten das Recht haben sollten, derartige Gesetze gegen Transsexuelle einzuführen. Im Juli führte er schließlich eine vollständige Wende durch und outete sich gegenüber der Zeitung "The News & Observer" als Unterstützer von HB 2: Er stehe in dieser Frage "auf der Seite des Bundesstaates", sagte er mit großer Überzeugung.
Auch in anderen Fragen stellte er sich auf die Seite der Homo-Gegner, etwa beim Antidiskriminierungsgesetz oder bei der Gleichbehandlung im Ehe-Recht. Auch das republikanische Wahlprogramm ruft dazu auf, Homosexuellen das Eherecht wieder zu entziehen (queer.de berichtete).

Hillary Clinton wird von LGBT-Organisationen unterstützt
Es ist daher keine Überraschung, dass eine große Mehrheit der LGBT-Aktivisten Hillary Clinton unterstützt. Bereits im Vorwahlkampf hatte die größte Organisation für LGBT-Rechte, die Human Rights Campaign, Clinton ihre Unterstützung zugesichert (queer.de berichtete).
Ausgang der Wahl ungewiss
Zwar führt Clinton derzeit die Umfragen deutlich vor Trump an, allerdings ist der Ausgang der US-Präsidentschaftswahl traditionell unberechenbar – und auch von einigen äußeren Einflüssen abhängig. Eine Rolle könnte etwa noch Julian Assange von Wikileaks spielen, der derzeit Wahlkampf für Trump zu machen scheint. Er wolle "tausende" geklaute Dokumente von der Clinton-Kampagne veröffentlichen, die einen "erheblichen" Einfluss auf die Präsidentschaftswahl haben würden, kündigte er am Mittwoch im republikanischen Haussender "Fox News Channel" an. Seine Enthüllungsplattform war diese Woche bereits in die Kritik von LGBT- und Menschenrechtsaktivisten geraten, weil sie Dokumente veröffentlichte, in denen Homosexuelle in Saudi-Arabien geoutet wurden (queer.de berichtete).
Noch haben beide Kandidaten 73 Tage Zeit, um die Wähler bis zum "Election Day" am 8. November zu überzeugen. Sollte Trump verlieren, bereitet er aber schon jetzt einen Plan B vor. So kündigte er vor zwei Wochen an, dass er den umkämpften Staat Pennsylvania praktisch nicht verlieren könne. Sollte er dies doch tun, habe Clinton Wahlbetrug begangen. Unter diesen Voraussetzungen ist es für ihn praktisch unmöglich, seine Gegnerin als Siegerin zu akzeptieren.

Hillary ist super und ich hoffe, dass die Amerikaner sich vernünftig vorbereiten und sie wählen.
Trump wäre für die USA und für die ganze Welt eine Katastrophe! Ich hoffe wirklich, dass Cher & Co. weiter richtig Furore machen und die Leute wachrütteln...