Familienministerin Sophie Karmasin begründet das Ehe-Verbot mit der österreichischen Kultur
Die österreichische Familienministerin Sophie Karmasin verteidigt das Ehe-Verbot für Schwule und Lesben mit der religiös geprägten Landeskultur. Unterdessen machen katholische Verbände Stimmung gegen die Gleichbehandlung.
Die katholische geprägte Kultur Österreichs stehe einer politischen Gleichstellung von Schwulen und Lesben im Ehe-Recht im Wege. Das erklärte Familienministerin Sophie Karmasin im "Standard". Die 49-Jährige war von der Tageszeitung gemeinsam mit dem schwulen Youtuber Michael Buchinger interviewt worden.
Die parteilose Politikerin, die 2013 von der konservativen ÖVP für das Familienministerium nominiert worden war, erklärte in dem Gespräch, dass man "einfach auf die österreichische Kultur Rücksicht nehmen" müsse. Sie fuhr fort: "Es ist zu berücksichtigen, dass die Ehe, auch im katholischen Sinne, für eine große und relevante Gruppe einen wichtigen Stellenwert hat. Das ist zu respektieren." Gleichzeitig betonte Karmasin, dass Homosexuelle trotz des Ehe-Verbots nicht diskriminiert werden dürften. Sie behauptete ferner, dass es "keine offensichtliche Diskriminierung der Verpartnerung im Vergleich zur Ehe" gebe.
Grüne: Ehe ist "zivilrechtliches Institut"
Die oppositionellen Grünen übten scharfe Kritik an den Äußerungen der Familienministerin: "Ministerin Karmasin muss wohl daran erinnert werden, dass die Ehe immer noch ein zivilrechtliches Institut ist", erklärte Ewa Dziedzic, die grüne Sprecherin für LGBTI-Angelegenheiten. Das Ehe-Verbot für gleichgeschlechtliche Paare sei "bewusste Diskriminierung". Thomas Lechleitner, der Bundesprecher der Grünen Andersrum, ergänzte: "Das Verbeißen auf religiöse Gefühle und Kindeswohl verschleiert Lebensrealitäten, wie gelebte Familienvielfalt von Regenbogen-, Patchwork- und Einelternfamilien."
In der Großen Koalition in Österreich gibt es derzeit eine Debatte um die Ehe-Öffnung, seit sich mehrere Minister der sozialdemokratischen SPÖ für die Gleichstellung ausgesprochen haben (queer.de berichtete). Bereits im Juni hatte es der neue Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern bei seiner Rede auf der Wiener Regenbogenparade "beschämend" genannt, dass homosexuelle Paare in Österreich nicht vollständig gleichgestellt sind (queer.de berichtete). Wie in Deutschland blockiert der konservative Koalitionspartner aber weiter die Gleichstellung.
Katholische Verbände: "Natürliche Wesensunterschiede" beachten
Auch katholische Verbände trommeln für eine Fortsetzung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare. So erklärte Helmut Kukacka, Präsident der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände (AKV), in einem Kommentar in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung "Die ganze Woche": "Es gibt keinen sachlichen Grund, die Verbindung von homosexuellen Paaren gleichzustellen mit einer Verbindung von Mann und Frau." Es sei "moralisch und ethisch nicht richtig", die "natürlichen Wesensunterschiede" zwischen homo- und heterosexuellen Paaren aufzuheben. Kuckaka hatte bereits vor einem Monat in einer ähnlich formulierten Pressemitteilung bedauert, dass SPÖ-Sozialminister Alois Stöger mit seiner Unterstützung der Ehe-Öffnung die "Schutzwürdigkeit und die besondere Rechtsstellung der Familie in Frage" stelle.
In Österreich können sich Schwule und Lesben seit 2010 verpartnern. Das entsprechende Gesetz orientiert sich am deutschen Lebenspartnerschaftsgesetz. Auch in Österreich versuchte der Gesetzgeber auf Druck der Konservativen, lesbische und schwule Paare in verschiedenen Bereichen schlechter zu stellen als heterosexuelle Eheleute. Viele dieser Diskriminierungen wurden – ähnlich wie in Deutschland – inzwischen von Gerichten gekippt, darunter im vergangenen Jahr auch das Adoptionsverbot (queer.de berichtete). Laut Sozialminister Stöger gibt es aber immer noch 32 Unterschiede zwischen homosexuelle Lebenspartnerschaft und heterosexueller Ehe.
Umfragen zufolge befürworten zwei Drittel der Österreicher die Gleichstellung von Schwulen und Lesben im Eherecht. (dk)