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Drei von rund 50.000 verurteilten Opfern des Paragrafen 175 in der Bundesrepublik: Klaus, Wolfgang und Heinz warten bis heute auf ihre Rehabilitierung (Bild: Ulrike Delfs / Anti­diskriminierungs­stelle)

  • 22. September 2016, 08:25h 31 3 Min.

Das Gesetz zur Rehabiltierung der im Nachkriegsdeutschland verfolgten Homosexuellen soll noch 2016 beschlossen werden. Eine pauschale Entschädigung lehnen CDU/CSU jedoch ab.

Erstmals hat sich die Unions-Spitze zu den Plänen von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) geäußert, die im Nachkriegsdeutschland wegen ihrer Homosexualität verurteilten Männer zu rehabilitieren und zu entschädigen.

"Wir haben einen gesellschaftlichen Wandel erlebt und sind heute überzeugt, dass der Staat kein Recht hat, in dieser Weise in den intimsten Bereich privater Lebensgestaltung einzugreifen. Daher finden wir es richtig, die entsprechenden Urteile aufzuheben", erklärte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Stephan Harbarth, am Donnerstag gegenüber der "Rheinischen Post".

Ziel der Union sei es, das Aufhebegesetz noch in diesem Jahr zu verabschieden. "Für uns steht im Mittelpunkt, dass man diesen Makel, der einem Strafurteil innewohnt, für die Betroffenen aus der Welt schafft", so Harbarth. "Das sollten wir zügig tun, da die Betroffenen vielfach ein hohes Alter haben und wir wünschen, dass sie ihre Rehabilitierung noch erleben."

Streit um kollektive Entschädigung

Streit mit der SPD ist dennoch programmiert. So sprach sich der Unions-Fraktionsvize gegen eine pauschale Entschädigung der verurteilten Männer aus. Nur in Einzelfällen könnte es für die Betroffenen auch Ausgleichszahlungen geben. Der Bundesjustizminister hatte zusätzlich eine Kollektiventschädigung in Gespräch gebracht, da zahlreiche Opfer nicht mehr leben. Dies könne durch "eine Zuwendung in Form einer Projekt- oder einer institutionellen Förderung" an die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld geschehen, die sich diesem Thema ohnehin wissenschaftlich widmet, hieß es in einem "Eckpunktepapier" (queer.de berichtete).

Die Bundesinteressenvertretung schwuler Senioren (BISS) hatte Anfang Juni einen zweistelligen Millionenbetrag als kollektive Entschädigung durch einen Entschädigungsfonds verlangt (queer.de berichtete).

Gesetzentwurf soll im Oktober kommen

Bundesjustizminister Maas hatte in der vergangenen Woche auf dem Deutschen Juristentag in Essen bekräftigt, dass er in Kürze einen Gesetzentwurf zur Rehabilitierung auf den Weg bringen will: "Ich werde noch im Oktober einen Gesetzentwurf vorlegen, mit dem wir die Verurteilungen nach Paragraf 175 aufheben und die Betroffenen rehabilitieren", sagte er in seiner Eröffnungsrede (queer.de berichtete).

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hatte im Mai ein Gutachten veröffentlicht, wonach der Staat verpflichtet sei, die Unrechtsurteile gegen Opfer der Schwulenverfolgung aufzuheben und die verurteilten Männer zu entschädigen – und damit die aktuelle Diskussion in Gang gebracht. Maas versprach noch am selben Tag erstmals einen Gesetzentwurf. Im Juli legte der Minister dann sein "Eckpunktepapier" zur Rehabilitierung vor.

Die Union hatte sich zu der Initiative bislang kaum geäußert. Während Jan-Marco Luczak, der Berliner CDU-Abgeordnete und stellvertretende Vorsitzende des Rechtsausschusses des Bundestags, die Pläne sofort begrüßte, warnte Bayerns Justizminister Winfried Bausback vor einem "Präzedenzfall", der in Krisenzeiten missbraucht werden könne (queer.de berichtete). In der Vergangenheit hatten auch Politiker aus SPD und FDP immer wieder argumentiert, dass aufgrund der Rechtssicherheit und Gewaltenteilung eine Aufhebung der rechtsstaatlich zustande gekommenen Urteile in der Bundesrepublik nicht möglich sei. (mize)

15.07.25 | Autor von "Danke, Gustav!"
Harm-Peter Dietrich ist tot
17.06.25 | Von der Gestapo verhaftet, in der Bundesrepublik ermordet
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-w-

#1 AntiFanti
  • 22.09.2016, 11:23hBerlin
  • das war längst überfällig... ich denke man wird sich dies im kommenden wahlkampf immer wieder auf die fahnen schreiben u. somit will man dann die eheöffnung wieder mal umgehen.
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#2 PeerAnonym
  • 22.09.2016, 12:14h
  • Die SPD hatte die Entschädigung versprochen. Ich erwarte, dass die SPD dies auch umsetzt und dass es nicht nur bei der Aufhebung der Urteile bleibt.

    Es geht nicht nur darum, die Jahre wiedergutzumachen, die die Opfer dieses Paragraphen in Gefängnissen verbrachten, sondern die haben auch (selbst wenn sie nicht in den Knast kamen) meistens ihre Jobs verloren und auch später nichts mehr in ihren gelernten Berufen gefunden. Oft haben die dann später von Sozialhilfe leben müssen, obwohl sie eigentlich für besseres qualifiziert gewesen wären.

    Vom Verlust von Familie und Freunden, psychischen Schäden, etc. mal ganz zu schweigen.

    Wirklich gutmachen kann all das kein Geld der Welt. Aber ich erwarte zumindest als Zeichen der Sühne eine angemessene Entschädigung für ALLE Opfer des §175.

    Sollte die Union das ablehnen, kann die SPD das gemeinsam mit Grünen und Linken umsetzen, die entsprechende Pläne mittragen würden. Denn dann wäre die Mehrheit des Parlaments dafür und dann könnte die Union das nicht verhindern.

    Jetzt werden wir sehen, ob die SPD wirklich Wort hält oder ob sie nur gerade so viel umsetzt, wie die Union ihr erlaubt. Daran wird die SPD sich messen lassen müssen.
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#3 VorschlagAnonym
  • 22.09.2016, 13:23h
  • Die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld ist, wie der Name schon sagt, eine Stiftung des Bundes.

    Wenn Herr Maas also eine Kollektiventschädigung an die Hirschfeld-Stiftung leisten will, dann geht die Entschädigung an den Bund selbst. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Die Bundesrepublik Deutschland zahlt eine Kollektiventschädigung für die Opfer der Schwulenverfolgung an die Bundesrepublik Deutschland. Das kann es wohl nicht sein!

    Eine kollektive Wiedergutmachung kann nur an die Generation gehen, die unter § 175 gelitten hat. Das sind heute lesbische und schwule Senior*innen. Deshalb gehört die kollektive Entschädigung meiner Meinung nach der LGBT-Altenarbeit, die sich gerade erst in den letzten Jahren etabliert und finanzielle Förderung für ihre Altenprojekte gut gebrauchen kann.

    Im Jahre 2002 wurden die 175-Opfer aus der NS-Diktatur rehabilitiert. Eine Entschädigung konnte nur noch kollektiv und symbolisch erfolgen, weil die Opfer alle längst tot waren. Das wurde zur Geburtsstunde der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld. Die Stiftung leistet gute und wertvolle Arbeit, ich will da auch nicht falsch verstanden werden. Weil sie eine Stiftung des Bundes im Geschäftsbereich des Justizministers ist, kann dieser jederzeit das Stiftungskapital aufstocken. Er muss es politisch nur wollen und durchsetzen.

    Anders verhält es sich mit der Entschädigung der 175er-Opfer in der Bundesrepublik. Viele der betroffenen Männer leben eben doch noch. Lesbische Frauen haben unter dieser Diskriminierung ebenfalls gelitten, wenn der Paragraf auch nur Männer betraf. Es geht also um die Generation der lesbischen Seniorinnen und der schwulen Senioren. Eine Wiedergutmachung kann ihnen durch eine Förderung der LGBT-Altenarbeit auf direktem Wege zu Gute kommen. Es besteht kein Grund, für eine Kollektiventschädigung den Umweg der Hischfeld-Stiftung zu nehmen.
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